Pirmasens Pirmasens demonstriert gegen rechts: „Das Maß ist jetzt voll“
Bundesweit wurde am Samstag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Das geschichtsträchtige Datum des Holocaust-Gedenktags, an dem am 27. Januar vor 79 Jahren das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit wurde, nutzten die Pirmasenser Demonstranten, um gemeinsam ein Zeichen gegen den derzeit wieder erstarkenden Rechtsextremismus und die damit einhergehende Demokratiefeindlichkeit zu setzen. Unter ihnen waren neben ausländischen Mitbürgern auch viele junge Menschen mit Schildern, Regenbogenfahnen und Transparenten, auf denen Botschaften wie „Wir sind mehr“, „Liebe statt Hass“ oder auch „Nazis hatten wir schon“ zu lesen waren.
Als erste Rednerin der Kundgebung tat sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner hervor, die an den millionenfachen Mord an Jüdinnen und Juden, Kommunisten, Andersdenkenden, Kranken und Homosexuellen durch die Hand der Nationalsozialisten erinnerte – eine Zeit, die sich nie mehr wiederholen dürfe. Auch der AfD gehe es heute darum, eine menschenfeindliche Politik in Deutschland zu etablieren. Bei dem geheimen Treffen hochrangiger AfD-Politiker gemeinsam mit Neonazis, bei dem laut Medienberichten auch Vertreibungspläne diskutiert wurden und das bei der Kundgebung vielfach mit der Wannseekonferenz 1942 verglichen wurde, habe die Partei ihre Maske fallen lassen und ihr wahres Gesicht gezeigt, so Glöckner. Die AfD beabsichtige, Deutschland und seine Bürger wieder in die dunklen Zeiten zu führen, die 1945 in Deutschland ein Ende fanden. „Das Maß ist jetzt voll, dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte darf sich nie mehr wiederholen. Nie wieder ist jetzt!“, rief Glöckner den Demonstranten zu und erhielt mit viel Applaus die Zustimmung aller Anwesenden.
Dass in Deutschland derzeit Hunderttausende gegen rechts auf die Straße gehen und auch in Pirmasens zwei Kundgebungen bisher mehr als gut besucht worden seien, sei ein starkes Signal und schüre Hoffnung. „Die Demonstranten von heute schreiben Geschichte. Mutige Menschen stellen sich dem Faschismus entgegen“, so die SPD-Bundestagsabgeordnete.
Steven Wink: AfD-Deportationsfantasien in Mainz
Der FDP-Landtagsabgeordnete Steven Wink berichtete von „erschreckenden Deportationsfantasien“ seitens einiger AfD-Mandatsträger, die in der letzten Zeit in Mainz laut geworden seien. „Die AfD im Landtag äußert diese Fantasien ganz konkret und es heißt von ihnen, Moslems hätten den Hass auf Frauen und Kinder in ihrer DNA verankert. Wir dulden keine rechten Gewaltfantasien und keine rechte Intoleranz. Es gibt kein muslimisches, kein jüdisches oder krankes Blut, es gibt nur menschliches Blut“, so Wink, dessen Rede mehrfach von zustimmendem Applaus unterbrochen wurde. Man müsse sich vor Augen führen, was geschehe, wenn die AfD mit ihrem rechten Gedankengut die Oberhand in Deutschland gewinne.
Karola Streppel, die Sprecherin des Freundschaftsfest-Bündnisses und des Arbeitskreises Geschichte der Juden in Pirmasens erinnerte an 67 Frauen, Männer und Kinder aus Pirmasens, die in Auschwitz ermordet wurden. „Viele Schicksale sind noch gar nicht abschließend recherchiert“, sagte Streppel und zitierte eine Rede Adolf Hitlers vor 85 Jahren, in der er die Ausrottung der jüdischen Rasse propagierte. Bezüge zur rechten Hetze von heute liegen laut Streppel klar auf der Hand. „Offenbar ist das, was wir heute an Erinnerungsarbeit leisten, noch nicht genug. Unsere Demokratie muss dringend gestärkt werden“, so Streppel.
Sebastian Tilly: Fremdenhass bietet keine Lösung für aktuelle Probleme
Sebastian Tilly, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, verdeutlichte, dass Fremdenhass und Intoleranz keine Lösungen auf die Probleme der heutigen Zeit seien. Dass man dementsprechend wieder in den Dialog mit Menschen treten müsse, die Sorgen und Ängste haben – und diese auch ernst nehmen müsse, sagte wiederum Felicitas Lehr von den Pirmasenser Grünen. Als weitere Redner fungierten am Samstag Heike Wittmer vom Historischen Verein, Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften und Jusos.