Hugo Ball Im Tessin bestens bekannt

Hugo Ball
Hugo Ball

Die letzten Jahre seines Leben verbrachte der Pirmasenser Dada-Begründer Hugo Ball im Tessin und in Italien. Viele Spuren hat Ball dort hinterlassen und ist im Gedächtnis der Menschen geblieben.

Hugo Ball ist bestens bekannt im Tessin. Die Schweizer lieben den Pirmasenser Intellektuellen und haben ihn praktisch adoptiert. Gleich an mehreren Orten im Tessin schmückt man sich gerne mit ihm, auch wenn er selbst zu Lebzeiten nur kurz dort war und gar nicht so viel davon hielt, wie beispielsweise vom Monte Verità.

Schon der Direktor des Hotels Delfino in Lugano weiß von Hugo Ball zu berichten. Als kulturell interessierter Mensch müsse man Ball einfach kennen, erzählt Federico Haas. Und auch sonst begegnet dem Ball-Suchenden der Pirmasenser an vielen Orten. Da wäre das Hermann-Hesse-Haus in Montagnola, oberhalb von Lugano. Bereits vor der Tür liegt eine Ball-Biografie auf italienisch auf einem Büchertisch zur Ansicht für die Besucher. In der Fachliteratur des Hesse-Hauses wird Ball vielerorts erwähnt. Die einzigartige Freundschaft zwischen Ball und Hesse muss sehr tief gewesen sein. Im Museum selbst zeugen einige Fotos davon. Ball beim Essen mit Hesse, beim Baden, beim Picknicken und immer wieder auf der Treppe von Balls Palazzo in Agnuzzo, einem kleinen Dörfchen unweit von Montagnola, dem Wohnort Hesses. Die zwei Schriftsteller sollen sich regelmäßig getroffen und sehr lange Diskussionen geführt haben, wie sich Emmy Hennings, die Frau Balls, erinnert.

In Agnuzzo selbst kennt heute nicht mehr jeder den Pirmasenser, dafür aber Emmy Hennings, die noch lange nach dem Tod Balls im Jahr 1927 dort lebte, Ferienwohnungen vermietete und bis ins hohe Alter in einer Tabakfabrik arbeitete.

Eine Nachbarin schließt bereitwillig das Haus auf, in dem sich vieles geändert hat. Die berühmte Treppe hinab zum weitläufigen Garten ist immer noch da und die Aussicht von der Treppe auf den Luganer See ist auch heute noch betörend. „Die Idee des natürlichen Paradieses – nur in der Schweiz hat sie geboren werden können. Die entrückteste Urwelt begegnet hier dem lieblichsten Idyll, die eisige Schneeluft der Höhe dem mildesten Glockentone des Südens. Die Schweiz ist die Zuflucht all derer, die einen neuen Grundriss im Kopfe tragen“, soll Ball laut Emmy Hennings schon vor der Ankunft im Tessin geschrieben haben.

Ball muss sich wie im Paradies vorgekommen sein. Die üppig wuchernde Natur auf den Hügeln rund um den See, die tiefen Wälder, in die sich heute immer mehr die wachsenden Dörfer hineinfressen. Wie in den 1920er Jahren noch üblich, war Ball für seine Besorgungen zu Fuß unterwegs. Mehrmals in der Woche auf dem Weg zu Hesse. Oft nach Lugano in die Kantonsbibliothek, die mit ihren Beständen früherer Klöster das richtige Forschungsmaterial für den wissbegierigen Katholiken bot. Hier fand Ball die Informationen für sein Werk „Byzantinisches Christentum“ und auch für das Buch zum Exorzismus, das er nicht mehr veröffentlichen konnte.

Große Unterstützung erhielt der Pirmasenser vom späteren Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse. Die Balls und Hesses begegneten sich im Haus des gemeinsamen Freundes Joseph Englert. „Einem Herrn Englert, der sich mit den Sternen gut auskannte, diese in Bezug auf das menschliche Schicksal zu deuten wusste“, wie sich Emmy Hennings in ihrem Buch „Ruf und Echo“ erinnert. „Gleich am übernächsten Tag kam Herr Hesse zu uns zu Besuch. Er führte Malzeug, eine kleine Staffelei sowie ein zusammenklappbares Stühlchen mit sich und zeigte uns seine Aquarellbilder, die uns entzückten. Er sagte, er sei nur gekommen, uns ,Guten Tag’ zu sagen und einmal nach uns zu sehen, doch blieb er bei diesem ersten Besuch etwas über zwölf Stunden“, schreibt Hennings.

Hesse begleitete Ball von 1920 bis zu seinem Tod 1927 und äußerte sich selbst zu dem Pirmasenser: „Mein persönliches Verhältnis zu Ball, meine mit den Jahren aus Achtung und Bewunderung zu inniger Freundschaft gewordene Liebe zu ihm, hatte zwei Stützpunkte, zwei Gemeinsamkeiten. Bei aller unendlichen Verschiedenheit unsrer Naturen, unserer Herkünfte, unsrer Ziele waren zwei wichtige Dinge uns beiden gemeinsam: die Herkunft aus dem Religiösen und das Erzogensein in christlichen Idealen, und zweitens: das Ergriffensein durch das Erlebnis des Krieges.“

Auf dem Friedhof einer Nachbargemeinde, Sant’ Abbondio, ist Ball beerdigt zusammen mit Emmy Hennings und deren Tochter aus erster Ehe, Annemarie Schütt-Hennings. Das Grabmal wird langsam von Lavendel zugewuchert. Hinter dem Grabstein hat ein unbekannter Verehrer eine rote Rose abgelegt. IHR WOCHENENDE

Das Wohnhaus Balls in Agnuzzo am Luganer See.
Das Wohnhaus Balls in Agnuzzo am Luganer See.
Auf dem Friedhof der Kirche von Sant’ Abbondio findet sich das Grab von Hugo Ball.
Auf dem Friedhof der Kirche von Sant’ Abbondio findet sich das Grab von Hugo Ball.
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