Pirmasens Golf, Reiten, Segeln, aber kein Judo mehr

Als der TV Pirmasens 1991 ein Damenteam in der Judo-Bundesliga hatte, war sie der große Star: Karin Krüger, die zweimalige Europameisterin und Vize-Weltmeisterin. Heute ist sie 57, lebt am Bodensee, golft, reitet und fährt Ski. Auf Judomatten sieht man sie derzeit nicht.

Mit 15 Jahren wurde Karin Krüger in der Schule auf die Judo-AG aufmerksam und ließ es auf einen Versuch mit der Kampfsportart ankommen. Die gebürtige Karlsruherin, die mit ihrer Familie bereits im Alter von acht Jahren nach Hamburg gezogen war, wurde schon nach kurzer Zeit von ihrem Trainer gefragt, ob sie denn nicht einmal an einem Wettkampf teilnehmen wolle. „Ich wusste zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht, wie das geht – ich wusste nur, dass jemand etwas schreit und man dann kämpfen soll“, erzählt sie lachend. Umso erstaunlicher, dass sie trotzdem den zweiten Platz belegte und sich so „Hamburger Vizemeisterin 1974“ nennen durfte. Sie trat dem Turnerbund Hamburg-Eilbeck bei und blieb dort, bis sie 1982 zum TV Pirmasens wechselte. Der Weg zu ihrem ersten Einsatz in der Nationalmannschaft war ein außergewöhnlicher. 1978 habe sie einen USA-Urlaub gebucht und auf der Reise dahin erfahren, dass die Nationalmannschaft in Chicago kämpft, sagt Karin Krüger. „Da wollte ich unbedingt mitmachen. Normalerweise benötigt man dazu eine Genehmigung vom Deutschen Judobund, aber die hatte ich nicht. Aber mir wurde gesagt, dass ich teilnehmen darf, wenn ich alles auf eigene Kosten organisiere.“ Gesagt, getan: Sie flog von Cleveland nach Chicago, nahm an den Wettkämpfen teil und belegte den ersten Platz. „Dann hat mich der Trainer für die Nationalmannschaft nachnominiert.“ Im selben Jahr wurde Karin Krüger in der 66-Kilo-Klasse Europameisterin, ohne zuvor einen nationalen Titel gewonnen zu haben. Sie sammelte viele Medaillen. 1982 wurde sie Vize-Weltmeisterin, 1990 noch mal Europameisterin, fünfmal (1979, 1981 und 1982 in der 66-Kilo-Klasse, 1989 und 1990 im 72-Kilo-Limit) siegte sie bei deutschen Meisterschaften. Einmal Silber und mehrfach Bronze bei Europameisterschaften ergänzen ihre imposante Bilanz. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportlern habe sie keine körperlichen Folgeschäden zu beklagen – ganz im Gegenteil: „Weil ich so lange Judo gemacht habe, hat sich meine Rückenmuskulatur verbessert. Früher hatte ich häufig Schmerzen im Rücken, die sind davon weggegangen“, stellt sie zufrieden fest. Derzeit macht sie kein Judo mehr, da es ihr an der Zeit zum für ihre Verhältnisse üblichen Training mangele. Sie habe aber schon als Judo-Trainerin für Kinder gearbeitet und könne sich durchaus vorstellen, in ihrer Sportart wieder aktiver zu werden. Ganz ohne Sport kommt sie nicht aus: „Ich probiere gerne neue Dinge aus, ich geh zum Surfen, Reiten, Segeln oder Tauchen, fahre Ski, golfe, klettere, fahre Motorrad – ich mach’ eigentlich ziemlich viel“, berichtet die passionierte Sportlerin. Zudem bereist sie gerne die Welt, fliegt in Kürze nach Bali, und auch Kanada soll bald wieder auf dem Plan stehen, denn dort hat sie noch Freunde aus ihrer Zeit als Judoka. Zu ihren Hobbys zählt Krüger neben Sport vor allem Sprachen. Sie spricht fünf Sprachen mehr oder weniger fließend. In beruflicher Hinsicht hat sie sich den Traum von der Selbstständigkeit erfüllt: Sie führt in Konstanz eine eigene Praxis für Physiotherapie. Als Physiotherapeutin behandelt sie auch viele Sportler, hat sich dabei besonders auf Golfer spezialisiert. Zu Pirmasens hat die Wahl-Konstanzerin immer noch eine enge Bindung, da hier viele Freunde und auch ihre ehemalige Trainerin Eva Hillesheim leben. „Ich komme öfters mal zu Silvester her, oder wir unternehmen etwas zusammen, wie beispielsweise Ski fahren“, erzählt sie. Wünsche für die Zukunft habe sie auch – jedoch weniger in sportlicher Hinsicht, denn sie wünscht sich eine angemessenere Bezahlung für Physiotherapeuten. „Ansonsten muss ich im Lotto gewinnen, um meinen Lebensabend zu bestreiten“, sagt sie lachend.

x