Pirmasens Gezielte Abzocke von Senioren

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Jetzt ist es auch in Pirmasens passiert. Eine 80-jährige Frau wurde Opfer des sogenannten Enkeltricks. Im Großraum Kaiserslautern werden derzeit viele ältere Menschen von Trickbetrügern belästigt. Beim Polizeipräsidium Westpfalz wird befürchtet, dass sich das verlagert. Die Polizei appelliert an Betroffene, jeden Fall zu melden.

Der Anrufer konnte einer 80-jährigen Pirmasenserin erfolgreich vorgaukeln, dass er ihr Enkel sei und in finanziellen Problemen stecke. Die geforderten 20.000 Euro konnte die Dame nicht zahlen, aber einen vierstelligen Betrag, den eine etwa 20-jährige Frau an der Wohnungstür der Seniorin schließlich abholte (wir berichteten). Auch wenn regelmäßig über Betrugsfälle mit dem Enkeltrick berichtet wird, es fallen immer wieder Senioren auf die Masche rein, was Martin Sema, Pressesprecher der Pirmasenser Polizeidirektion, auch verstehen kann. „Es gibt regelrechte Call-Center mit perfekt Deutsch sprechenden Tätern im osteuropäischen Ausland oder der Türkei, die gezielt Senioren in Deutschland anrufen“, erzählt Sema. Die Täter zeigten eine große Professionalität und schafften es immer wieder, wildfremde Menschen mit geschickten Fragen zu überzeugen, dass am anderen Ende der Leitung tatsächlich ein Enkel oder Neffe ist, der akut in finanziellen Schwierigkeiten ist. In der Region warte derweil ein Geldbote auf das Signal, um den geforderten Betrag abzuholen. Sema erzählt, die Täter würden die Telefonnummern anhand von Telefonbüchern auswählen und sich hierbei an den Vornamen orientieren. Wenn jemand Adolf, Elisabeth, Erna oder Emil heiße, komme er für die Betrüger in Frage. Vornamen wie Kevin oder Joshua sind ein Ausschlusskriterium. Die Täter verfügten teilweise über Telefonbuch-CDs früherer Jahre, womit auch Senioren zu finden sind, die sich längst eine Geheimnummer besorgt haben. Oft rufen die Täter in der Region, wo ein Geldbote parat steht, gleich mehrere Senioren an, um ihr Glück zu versuchen. So auch in dem Fall der Pirmasenserin. Nach der Polizeimeldung über den erfolgreichen Betrug gingen bei der Polizei weitere Meldungen über dubiose Anrufe vermeintlicher Enkel ein, berichtet Sema. Ende Januar wurde eine Serie im Bereich Kaiserslautern bekannt, bei der mehr als acht Senioren von Betrügerinnen angerufen worden sind – allesamt erfolglos. Sema geht davon aus, dass die Täter auch in Pirmasens noch mehr Senioren angerufen haben, da viele Opfer sich nicht bei der Polizei meldeten. Das sei aber sehr wichtig, damit die Polizei ein Lagebild erstellen könne, mahnt Sema und rät in jedem Fall, die Polizei einzuschalten. Fälle, bei denen der Senior den Lockvogel für die Polizei spielt und eine Geldübergabe inszeniert werde, seien äußerst selten und meist auch erfolglos. „Die riechen das und kommen dann nicht“, so Semas Erfahrung. Habe ein Opfer vermeintlich angebissen, kümmere sich der Geldbote um das Auskundschaften des Wohnumfeldes des Seniors, um bei der Übergabe eventuelle Polizisten frühzeitig zu bemerken. Vergangene Woche sind keine Meldungen über weitere Betrugsversuche bei der Polizei eingegangen, berichtet Polizeisprecher Sema. Hinweise auf die Täter im aktuellen Fall habe es aber auch keine gegeben. Sema hat wenig Hoffnung, dass der Fall überhaupt aufgeklärt werden kann. Die Täter operierten vom Ausland aus per Internettelefonie, womit die Rufnummer nicht zurückverfolgt werden könne. Und selbst wenn die Geldbotin im Fall der betrogenen 80-Jährigen geschnappt worden wäre, hätte diese garantiert nur die eine Tat gestanden und keinen Hinweis auf die übrigen Täter gegeben, so die Erfahrung mit Enkeltrickbetrügern. Hat ein Opfer die geforderte Summe nicht bar zu Hause und muss erst noch zur Bank, kann diese immerhin noch den Betrug verhindern. Bei der Sparkasse Südwestpfalz habe es vor Jahren einen Fall gegeben, bei dem eine ältere Dame plötzlich sehr viel Geld abheben wollte und partout nicht sagen wollte, wozu die für sie ungewöhnliche Summe sei, erzählt Iris Steuer von der Marketingabteilung der Sparkasse. „Wir kannten die Kundin so gut, dass bei Nachfragen schließlich herauskam, dass jemand angerufen hatte.“ Die Übergabe sei dann verhindert worden. Grundsätzlich könne eine Bank allerdings nicht Nein sagen, wenn ein Kunde sein Geld abheben wolle, auch wenn es sehr hohe Beträge sind, betont Steuer. „Wir können da nur vorsichtig nachfragen. Es ist ja schließlich jedem seine Sache, was er mit dem Geld macht.“ Die Mitarbeiter der Sparkasse Südwestpfalz erhalten laut Steuer jedes Jahr eine Schulung zu aktuellen Betrugsmaschen. In jedem Fall sei die persönliche Beziehung zu einem Kunden sehr wichtig und nur wenn die Kunden gut bekannt seien, könne der Bankmitarbeiter eventuell als letzte Hürde einen Enkeltrickbetrug verhindern. Größere Geldbeträge gibt es ohnehin nur in den Hauptstellen in der Pirmasenser Bahnhofstraße und Zweibrücken. In den Nebenstellen seien maximal 5000 Euro auszahlbar ohne Anmeldung. (kka) ZUR SACHE: Was tun, wenn ein angeblicher „Enkel“ anruft? Grundsätzlich sollte ein Angerufener immer misstrauisch sein, wenn sich jemand am Telefon nicht selbst mit Namen vorstellt, erklärt die Polizei. Die Enkeltrickbetrüger bekommen meist nur über geschickte Fragen den Namen des richtigen Enkels heraus. Wird Geld gefordert, rät die Polizei, sofort aufzulegen. Der Angerufene könne sich dann durch einen Anruf auf einer bisher bekannten Rufnummer bei dem richtigen Enkel oder Neffen überzeugen, ob der Anruf echt ist oder eben von einem Betrüger stammt. Am Telefon sollten Senioren keine Details zu familiären oder finanziellen Verhältnissen mitteilen. Stattdessen sollten Angerufene möglichst viele Rückfragen zu Familiennamen anderer gemeinsamer Verwandter stellen. In Verdachtsfällen sollte immer die Polizei informiert werden, auch wenn keine Geldübergabe vereinbart wurde und es beim versuchten  Betrug geblieben ist.  (kka)

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