Pirmasens „Gehätschelt und getätschelt“

Immer weniger Kinder können richtig schwimmen − und auf dem Fahrrad sind sie auch nicht sattelfest. Das hat Bürgermeister Markus Zwick in der jüngsten Hauptausschusssitzung erklärt. Immer weniger Grundschüler seien in der Lage, beim Fahrrad-Geschicklichkeitswettbewerb von Stadt und Polizei mitzumachen, von fehlerfreien Fahrten gar nicht zu reden. Nun soll der Wettbewerb ein neues Konzept bekommen.

Wie der Wettbewerb, den es seit vier Jahrzehnten gibt, künftig ablaufen soll, wird Zwick heute Nachmittag im Rathaus erklären. „Immer weniger Kinder lernen im Grundschulalter Radfahren“, sagte der Bürgermeister in der Hauptausschusssitzung am Montag und sprach von einer „bedenklichen Entwicklung“. Generell vermissten Grundschulen bei den Kindern eine gewisse Selbstständigkeit. Viele seien auch nicht in der Lage, den Schulweg alleine oder in der Gruppe zu bewältigen. Daran hätten auch die Eltern einen Anteil, die ihre Kinder „am liebsten direkt bis in den Schulhof fahren würden“, so Zwick. Den Anstoß zur Diskussion über die Selbstständigkeit der Schüler hatte der Linken-Fraktionssprecher Frank Eschrich mit einer Anfrage zur Sicherheit der Schulwege geliefert. Nach den Angaben der Stadtverwaltung sind sämtliche Schulwege in Pirmasens sicher − „sonst müssten wir sofort etwas unternehmen“, weil die Stadt rechtlich dazu verpflichtet sei, erklärte Oberbürgermeister Bernhard Matheis. Eschrich ist diese Antwort jedoch zu pauschal. Im Hauptausschuss entspann sich daraufhin eine muntere Diskussion, was Sicherheit in diesem Fall bedeutet und was Kindern zuzumuten ist. Laut Gesetz sei Grundschülern ein Schulweg von zwei Kilometern zuzumuten, älteren Kindern ein Schulweg von vier Kilometern, sagte Zwick. Ist der Schulweg länger, müsse die Stadt die Busfahrkarte bezahlen. Maßgeblich sei der kürzeste Weg zur Schule. Ob ein Weg als gefährlich einzustufen ist, entscheiden laut Zwick die Verkehrsberater der Polizei. Eschrich nahm mit seiner Anfrage auf eine Pirmasenser Familie Bezug, die den Schulweg ihrer Kinder vorbei am Wedebrunnen als gefährlich einstuft, weil sich dort Menschen aufhalten, die Alkohol trinken. Die Stadt hatte es jedoch abgelehnt, die Busfahrkarte zu zahlen, und den Weg als sicher erklärt. Als in der Diskussion am Montag die Rede auf den Winter kam, wies OB Matheis darauf hin, dass der Großteil der Kinder in Nebenstraßen lebe, nicht an Hauptstraßen. Und in den Nebenstraßen seien die Grundstücksbesitzer zum Schneeschippen und Streuen verpflichtet, nicht die Stadt. „Generationen von Kindern sind in Winterstiefeln und Wintermantel durch den Schnee in die Schule gestapft“, sagte Matheis − „und haben es überlebt!“, lautete eine Erkenntnis aus dem Plenum. Auch Andreas Burkhardt (Wir-Fraktion) warnte davor, Kinder „in Zuckerwatte zu packen“; sie würden regelrecht „gehätschelt und getätschelt“. Berthold Stegner (CDU) regte ein Halteverbot für Eltern rund um die Schulen an, damit sie die Kinder nicht mehr vorm Eingang absetzen. Hermann Schulze (Grüne) nannte es „erstrebenswert“, dass Kinder selbst den Schulweg meistern. Doch um das mit dem Fahrrad zu tun, brauche es in der Stadt bessere Radwege. Er regte zudem an, die Stadtverwaltung müsse bei ihrer Verkehrsschau Mitte September auch die Perspektive von Kindern im Straßenverkehr einnehmen. Seite 2

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