Pirmasens Günda, die Stimme der Vernunft

In der Kurpfalz und in den angrenzenden Regionen zählt Arnim Töpel zu den Großen in der Kleinkunstszene. Am Samstag gab er zum zweiten Mal ein Gastspiel im Rodalber Dr.-Lederer-Haus, diesmal mit dem Programm „Wemm gheaschn du?“, einer Liebesbekundung an den Kurpfälzer Dialekt, den zu verstehen Südwestpfälzern keine Probleme bereitet.

Das Publikum erlebte eine mitreißende Kabarettshow aus einer Mischung aus Satire, Heiterem und Nachdenklichem, musikalisch von Töpel selbst begleitet und rhythmisch packend inszeniert. Die Ein-Mann- Show gestaltet er als poetischer Texter, als wandlungsfähiger Sänger und sicherer Pianist. So bringt er die Sprache selbst zum Schwingen. Mitunter schlägt er den Rhythmus auf Oberarm oder Wangen, die Finger gleiten behände über die Tasten des E-Pianos, er tippt sie an und trommelt auf sie ein, lässt mit seiner Stimme eindringliche und auch sanfte Töne erklingen. Variations- und nuancenreich zelebriert er den groovenden Dialekt. Und das hat seinen Grund. Der Dialekt ist der Part von „Günda“, dem Neben-Ich des gebürtigen Berliners und in der Kurpfalz heimisch gewordenen Künstlers. „De Günda“ meldet sich immer wieder zu Wort als die Stimme der Vernunft und hin und wieder als die Stimme des weltschlauen Ratgebers. Ohne „de Günda“ wäre das Leben in Armut verkrüppelt. Armin Töpel, so scheint, ist mit Leib und Seele im Dialekt verwurzelt. Der Dialekt, „der Hochsprache überlegen“ und ein Sperrriegel gegen Anglizismen, steht für Vieles, vor allem für Verbundenheit, lebenspraktische Weisheit und für das „Zuhause“ und für Vertrauen. In der Rolle des „Günda“ teilt Töpel seine Hiebe gegen soziale Auswüchse und gegen gesellschaftliche Missstände aus. Im groovenden Dialekt, der Milde walten lässt, prangert er antiautoritäre Blüten bei Kindergeburtstagen (drei Betreuer auf ein Kind) und Einschulungszeremonien (wie beim Fotoshooting) an. Elternversammlungen lässt er die Gestalt von Untersuchungsausschüssen annehmen, und Fehleinschätzungen lässt er Blüten treiben. Der Jugendliche, der die Bushaltestelle auseinander nimmt, „muss das tun, weil er für hochbegabt gehalten wird“. Fazit: „Der Standort Deutschland ist gesichert“. Der Künstler sieht familiäre Beziehungen ausufern, weshalb „Stammbäume zu Heckenformen neigen“. Er bringt die gefühlsmäßige Verarmung zur Sprache und die „Vereinzelung“ der wachsenden Singlewelt, die Gleichgültigkeit ob offensichtlicher Entwicklungen (Erschöpfung fossiler Energien) und er entlarvt wichtigtuerisches Gehabe. Man „ist kein Liebeudel, wenn ma selbschd an de Kees glaubt“, den man zum Besten gibt. Aber Töpel gibt sich nicht besserwisserisch, er beobachtet und schmunzelt. So kommuniziert er in einem Lied die Erkenntnis „Du konnschts net hewe“, was bedeutet: So ist es halt nun einmal im Leben. Allzu gerne weicht er von Kritik dann wieder in den Dialekt aus und widmet sich Heiterem. Was wäre, wenn ein Navigationsgerät in der Sprache der Region informieren würde, in der ein Fahrer gerade unterwegs ist? Dann müsste es hierzulande heißen „vorzuus, nuffzuus, nauszuus“. Und Töpel zeigt, dass er gerne mit der Sprache spielt. Daraus ergibt sich zum Beispiel seine originelle Liebeserklärung, die da lautet: „Ai laaf juh, ju laaf mie, laafe mer zamme, wo laafe mer dann hie?“ Bildung, weiß Töpel, bürdet viel Ballast auf, Wissen, das die Entwicklung überholt. „Dabbische“ („net Bleede“) hätten es da besser. Denn die großen Fragen des Lebens blieben ohnehin unbeantwortet. Wichtig sei letztendlich die „Herzensbildung“, sagt Töpel, und damit entlässt er sein Publikum, dem das Gastspiel viel Freude bereitet hat, nach Hause.

x