Pirmasens Eine neue Ordnung

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Es gibt Unternehmen, die stets besondere Aufmerksamkeit genießen. Peter Kaiser gehört dazu. Vermutlich, weil hier Tradition und Wandel so nahe beieinander liegen wie in kaum einer anderen Arbeitsstätte. Und wie Europas älteste Damenschuhfabrik den Wandel bewältigt, interessiert auch andere Unternehmer. Ein Rundgang mit der IHK-Tischrunde.


Der Fußboden ist hell, das Dach lässt viel Tageslicht hinein, zeigt eine neue Produktionslandschaft. Vom Lederlager über die Zwischenkomponenten-Fertigung, die Stepperei, Montage bis zur Verpackung ist jetzt, nach dem Umzug der Peter Kaiser-Produktion in die hintere Halle, der Herstellungsprozess auf einer Ebene konzentriert und nicht mehr über vier Etagen verteilt. Unübersehbar auch die neue Ordnung: Arbeitsplätze mit individueller Lagerhaltung haben ausgedient; für die in der auftragsbezogenen Produktion benötigten Materialien gibt es nun zentrale Lagervorrichtungen, aus denen sich Mitarbeiter selbst bedienen können – nach dem „Supermarkt-Prinzip“. „Klare Strukturen, klarer Ablauf“, bringt Geschäftsführer Marcus Ewig beim Rundgang auf einen Nenner, was sich für ihn verändert hat. Dass sein früheres Umfeld beim Autohersteller Porsche Pate stand, daraus macht er keinen Hehl. Die Grenzen der Übertragbarkeit sind ihm freilich bewusst. Ein automatisiertes Lagersystem zum Beispiel würde bei der Marke „PK“ mit ihrem Variantenreichtum keinen Sinn machen. Etwa 40 Besucher der IHK-Tischrunde nutzen an diesem Dienstag die Möglichkeit, einen näheren Blick auf die Traditionsfabrik im Wandel zu werfen. Und es wären noch deutlich mehr gewesen, sagt IHK-Geschäftsführer Andreas Knüpfer, der einige Absagen erteilen musste – doch eine größere Teilnehmeranzahl hätte Führungen unmöglich gemacht. Zwischen 250.000 und 300.000 Euro hat das Unternehmen investiert in die Renovierung der Produktionshalle, in die Anschaffung manch neuer Anlage wie den modernen Auslegetisch, der den Schnittverlust minimieren soll, in die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen. 250.000 Euro waren zuvor in Renovierung und Umbau der Verwaltungsräume geflossen – die erste große Kur seit bald 40 Jahren. Notwendigkeiten aus Sicht des Geschäftsführers – auch um den Auftritt und weiteren Aufbau der Marke im Premiumbereich zu begleiten. Auch die Schuhe haben sich verjüngt und tun es weiter. Mit neuen Materialien oder ungewöhnlichen Motiven, wie der Blick auf einen „Manga“-Schuh zeigt. Käuferinnen finden solche Schuhe vor allem im eigenen Online-Shop, bei dem die Händler eingebunden sind und den Ewig für unverzichtbar hält; der stationäre Schuhfachhandel verbinde mit „PK“ eher klassische Pumps. Dass die Verjüngungskur der 1838 gegründeten Fabrik auch Pirmasenser Arbeitsplätze gekostet hat, weil lohnintensive Arbeiten ins Werk Portugal verlagert wurden, ist die Schattenseite des Wandels. Rund 270 Menschen arbeiten jetzt noch in Pirmasens, wo 1800 Paar Schuhe pro Tag entstehen – über 400 Mitarbeiter waren es noch Anfang 2012; in Portugal beschäftigt „PK“ heute etwa 410 Menschen und stellt 2700 Paar am Tag her. Der Stellenabbau ist kürzlich mit dem vorzeitigen Abschluss des Sozialplans beendet worden (wir berichteten). Die Herausforderungen für die elegante Marke mit knapp einer Million produzierter Schuhe pro Jahr werden freilich für Ewig nicht kleiner: Das Fachhandelssterben, die zunehmende Vertikalisierung im Handel, vor allem aber die Rekrutierung qualifizierter Mitarbeiter sind Themen. Dabei wünscht sich der gebürtige Zweibrücker auch mehr Aktion in seiner Umgebung: „Wir müssen einfach am Thema Attraktivität der Region arbeiten“, stellt er fest. Gerade für junge Leute müsse mehr geboten werden – vom ansprechenden Wohnraum bis hin zur Freizeitgestaltung. (tre)

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