Pirmasens „Die Melodie ist wichtiger als alles andere“

Mit „Smoke On The Water“ hat Ritchie Blackmore 1973 für „Deep Purple“ einen Welthit geschrieben, dem etliche weitere folgten. Als exzellenter Rock-Gitarrist glänzte er auch mit seiner Band „Rainbow“ ehe er seiner heimlichen Liebe nachgab und 1997 mit seiner jetzigen Ehefrau Candice Night die Gruppe „Blackmore’s Night“ gründete, um Musik zu spielen, deren Basis in der Renaissance liegt und mit zeitgenössischen Elementen angereichert ist. Am Sonntag, 5. Juli, 20 Uhr, geben „Blackmore’s Night“ zum ersten Mal in der Zweibrücker Festhalle ein Konzert – und das ist schon seit Wochen ausverkauft. Mit Blackmore und Night sprach unser Redakteur Christian Hanelt.

Werden Sie in Zweibrücken auch schon einige Songs Ihrer am 1. September erscheinenden neuen CD „All Our Yesterdays“ spielen?Ritchie Blackmore:

Wir spielen einen Querschnitt unseres Repertoires – beginnend mit unserer ersten Platte bis zu unserer letzten. Und dazwischen wird es auch einige „Deep Purple“- und „Rainbow“-Songs geben. Und auch von unserem neuen Album werden wir einige Songs spielen. Das ist zusammen eine ganz stattliche Liste mit 25 Songs. Dafür sind wir dann auch lange auf der Bühne – im Durchschnitt sind es rund drei Stunden. Es hat aber auch schon Abende gegeben, an denen wir vier Stunden gespielt haben. Was wird es auf dem neuen Album zu hören geben? Ritchie Blackmore: Ich werde sehr von Renaissance-Musik inspiriert. Die meisten unserer Songs kommen daher in einem sehr historischen Sinn heraus, ohne deswegen allzu puristisch zu sein. Wir bevorzugen eine gewisse Crossover-Interpretation. Manchmal spielen wir auch historische Lieder – allerdings ebenfalls in einer modernisierten Fassung. Wo finden Sie all diese alten Melodien? Ritchie Blackmore: Ich habe eine sehr umfangreiche Plattensammlung mit mittelalterlicher Musik – die meiste davon stammt übrigens aus Deutschland. Wenn ich dann eine Melodie höre, die mir gefällt, borge ich mir diese und Candice schreibt einen neuen Text dazu, denn die historischen sind, wenn wir bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen, üblicherweise in Latein. Auch über youtube suche ich oft nach alter Musik. Dennoch spielen wir überwiegend unsere eigene Musik, und manche Leute glauben, auch das seien mittelalterliche Kompositionen. Wenn Sie in der Musikhistorie so weit zurückgehen, finden Sie ja gar keine niedergeschriebene Musik. Sie müssen sich also vorstellen, wie die Musik damals geklungen haben könnte. Ritchie Blackmore: Das stimmt. Es gibt tatsächlich keine niedergeschrieben Musik aus dieser Zeit. Und selbst bei der Musik, die danach niedergeschrieben wurde, ist es oft nicht klar, ob ein „c“ auch tatsächlich einem heutigen „c“ entspricht oder vielleicht doch eher ein „b“ ist. Deshalb habe ich die gleiche Melodie schon in so unterschiedlichen Varianten gehört. Es kommt dann eben darauf an, wie man das für sich interpretiert. Und ich mag diese Freiheit. Wie schreiben Sie Ihre Songs? Ritchie Blackmore: Ich sitze vor dem Fernseher oder einfach nur so herum und klimpere auf der Gitarre. Auf einmal merke ich, dass da etwas entsteht, was das Potenzial zu mehr hat. Das nehme ich dann auf einem kleinen Bandgerät auf, spiele es Candice vor und wenn auch sie sagt, dass die Melodie Potenzial hat, dann arbeiten wir weiter daran. Wenn wir dann trotzdem merken, dass etwas nicht funktioniert, dann lassen wir es und zwingen uns nicht, daran weiter zu arbeiten. John Lennon hat einmal gesagt, „wenn du dich am nächsten Tag noch an die Melodie erinnerst, dann ist etwas an ihr“. Und tatsächlich: Die Melodie ist sehr wichtig, wichtiger als alles andere. Warum singen Sie historische Nummern nicht in der Originalsprache? Ritchie Blackmore: Das machen viele andere Bands. Wir aber wollen ein Update davon machen, so dass das Publikum auch mit den Texten etwas anfangen kann. Wir wollen keine Schullehrer sein, die den Leuten sagen, sie müssen erst Latein lernen, um uns zu verstehen. Ich möchte in einer Band sein, die mit dem Publikum kommuniziert, und dafür sollte das Publikum auch die Texte verstehen. Candice Night: Tatsächlich haben wir auch schon Lieder in anderen Sprachen gesungen – in Griechisch zum Beispiel oder auch schon in Deutsch. Die meisten Songs sind aber nun mal in Englisch, denn das ist meine Sprache und die meisten Menschen weltweit verstehen sie. Für ganz spezielle Märkte, wie zum Beispiel Deutschland, haben wir von einigen Songs ein entsprechendes Remake gemacht wie zum Beispiel „Christmas Eve“, weil vielleicht Volksmusik- oder Schlager-Fans das auch ganz gerne hören. Was zeichnet das deutsche Publikum aus? Ritchie Blackmore: Wenn wir mit „Deep Purple“ für Deutsche gespielt haben, dann haben sie zugehört und zugesehen, ob wir unsere Instrumente auch tatsächlich spielen können. In Amerika dagegen wollen sie nur eine gute Party. In England mögen sie eigentlich gar nichts – das ist ein völlig anderes Publikum. Die Italiener sind sehr begeisterungsfähig und die Franzosen hören normalerweise nicht zu. Welche Bedeutung hat für Sie der deutsche Markt? Candice Night: Er ist sehr wichtig. Deutschland ist das einzige Land, in dem wir seit 1997, seit wir „Blackmore’s Night“ gegründet haben, jedes Jahr auftreten. Wenn wir eine Welt-Tournee machen, achten wir immer darauf, auch ja nach Deutschland zu kommen. Es ist unser wichtigster Markt, weshalb wir uns auch sehr darauf fokussieren. Ritchie Blackmore: Als ich mit „Deep Purple“ getourt habe, haben wir auch ab und zu in einer Art Schlosshotel übernachtet. Und als ich dann mit Candice unterwegs war, haben wir uns überlegt, ob es nicht auch schön wäre, in einem Schloss zu spielen, was mit „Deep Purple“ ja nicht möglich war, weil diese Shows einfach zu groß waren. Nun aber sind wir eine kleinere Gruppe, mit der wir in oder vor Schlössern oder Burgen spielen können. Candice Night: Die Fantasie ist plötzlich Realität geworden. Und wenn wir dann musizieren, umgeben von den alten Mauern, wenn wir diese Renaissance-Kleider tragen, das Publikum zum Teil auch, wenn dann der Mond und die Sterne über uns scheinen und jeder die Songs mitsingt, dann ist das eine ganz starke Gemeinschaft. Da entsteht ein sehr magischer Moment zwischen uns und dem Publikum. Wenn man das einmal in seinem Leben erlebt hat, wird man es nie vergessen. Und genau das ist dieses Gefühl, weswegen wir auch immer wieder nach Deutschland kommen. Sie spielen europäische Musik, lieben unsere Burgen und Schlösser. Warum aber leben Sie dann in den USA? Ritchie Blackmore: Das wäre, als hätte man jeden Tag Eiscreme. Deshalb müssen wir etwas Abstand halten, um es genießen zu können. Candice Night: Wir haben so viele Freunde in Deutschland, die jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit an wunderschönen Schlössern vorbeifahren und sie doch gar nicht wahrnehmen, sie gar nicht schätzen. Wir aber sehen sie mit den Augen von Kindern jedesmal neu, wenn wir in Deutschland sind. Angeblich hat Yoko Ono Sie inspiriert, Renaissance-Musik zu spielen. Ritchie Blackmore: Das war ein Witz. Viele meiner Rock’n’Roll-Fans glauben, dass Candice mich dazu gebracht hat, Renaissance-Musik zu spielen statt Rock’n’Roll. Und da war es ein Witz, zu sagen, es sei Yoko Ono gewesen, die ja auch John Lennon gesagt hat, was er spielen soll. Candice Night: Es war sogar so, dass Ritchie mich zur Renaissance-Musik gebracht hat, von der ich zuvor noch nie etwas gehört hatte. Sie kommen ja aus der klassischen Musik. Was hat Sie zum Rock’n’Roll geführt? Ritchie Blackmore: Ja, als ich zwölf war, hatte ich klassischen Unterricht, obwohl ich doch eher Musik wie Buddy Holly machen wollte. Aber ich habe eine klassische Basis – doch für klassische Musik muss man sehr diszipliniert sein, und ich glaube, dass ich diese Disziplin nicht habe. In der Klassik spielt man alles vom Blatt, ich aber spiele mehr nach Gehör. Infos Weitere Infos zu „Blackmore’s Night“ stehen im Internet unter www.blackmoresnight.com.

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