Pirmasens Die Herzliche

Mit elf Jahren kam Sonya Tchaleva nach Deutschland. Heute, mit 54 Jahren, kandidiert sie an der Spitze der Liste „Internationale Pirmasenser“ für den Beirat für Migration und Integration, der am 23. November neu gewählt wird.

Sonya Tchaleva hat ihre Handtasche unter den Arm geklemmt und sucht mit den Augen das Café ab, in dem das Gespräch mit der RHEINPFALZ stattfinden soll. Schon bei der Begrüßung lacht sie verschmitzt und bekundet ihre Begeisterung darüber, dass man über sie berichten will. So als würde sie jeden Tag einer Zeitung Rede und Antwort stehen, gibt sie Auskunft über ihre ehrenamtliche Arbeit beim Beirat für Migration und Integration, bei dem sie schon seit zehn Jahren dabei ist. „Ich bin in der Pubertät von meinem Heimatland Bulgarien nach Deutschland gekommen. Ich war damals erst elf Jahre alt, da hatte ich schon arges Heimweh“, berichtet die mittlerweile 54-Jährige. Ihre Mutter war eine Gastarbeiterin, die im Raum Pirmasens eine Anstellung gefunden und die Tochter kurzerhand mit in die neue Heimat genommen hatte. Der deutschen Sprache war Tchaleva damals nicht mächtig, was sie in der Schule – sie hatte gerade die vierte Klasse in Bulgarien abgeschlossen und sollte die fünfte Klasse in Vinningen besuchen – vor völlig neue Probleme gestellt hat. „Man musste einfach lernen, etwas anderes blieb einem nicht übrig. Zur Not habe ich mich mit den Lehrern mit Händen und Füßen verständigt“, lacht sie über ihre Anfänge in der Region – „denn Sprachkurse, wie es sie heute in zahlreicher Form gibt, gab es damals noch nicht“. Die Schülerin biss sich durch, schaffte den Schulabschluss und absolvierte eine Ausbildung zur Floristin, da Blumen und Pflanzen ihr besonders am Herzen lagen. Mit ausländischen Mitbürgern hat sie sich damals schon beschäftigt und half ihnen immer wieder, wenn sie – ähnlich wie sie selbst zu Anfang – Probleme im neuen Land oder Fragen zu deutschen Gesetzen hatten. Ihre Heimat Bulgarien besucht sie heute nur noch ganz selten, obwohl sie dort noch entfernte Verwandtschaft hat. „In Pirmasens habe ich meine Heimat gefunden und ich glaube, in manchen Dingen bin ich nach über 40 Jahren deutscher als mancher Deutsche geworden. Somit ist meine Integration wohl vollends geglückt“, sagt sie lachend. Generell lacht sie viel, wenn sie von sich erzählt. Schon nach ein paar Minuten fühlt man sich wohl im Gespräch mit ihr – herzlich und warm sind die Attribute, die einem in den Kopf kommen, wenn man Tchaleva aus der Unterhaltung heraus charakterisieren sollte. „Ich hatte schon immer ein offenes Ohr für andere Ausländer. Beim Beirat für Migration und Integration habe ich bisher überall mitgeholfen – egal ob es um die Organisation von Veranstaltungen ging oder um Korrespondenzen mit Behörden, bei denen man oft dolmetschen muss“, erklärt die selbstständige Gartenpflegerin. Die Integration von ausländischen Mitbürgern in Pirmasens findet Sonya Tchaleva im Moment gelungen – hier habe sich in den letzten sieben Jahren „unheimlich viel“ getan, gerade was das Angebot von Sprachkursen, Angebote zur Freizeitgestaltung oder auch die Integration von Kindern angehe, die oft schon im Kindergartenalter anfange. Allgemein sei die Welt „viel offener als vor 40 Jahren“, als sie selbst in ein neues Land gekommen sei. Wenn sie bei der anstehenden Wahl zum Ausländerbeirat, bei der sie die Liste der Internationalen Pirmasenser anführt, wiedergewählt wird, will sie verstärkt ein ganz besonderes Ziel verfolgen: Der Beirat soll mit noch mehr Mitgliedern verschiedener Herkünfte „kunterbunt“ werden, sodass möglichst vielen Nationalitäten geholfen werden kann. Verstärkt wolle sie dann diejenigen Menschen werben, die ihre Muttersprache noch gut beherrschen und somit auch Übersetzungsarbeit für andere leisten können. Denkbar sei eine Liste, die bei allen Behörden ausliege und auf den Beirat hinweise - „so wissen die Migranten gleich, dass sie sich an uns wenden können“. Auch sei ein fester Zusammenhalt wichtig, wenn es um die Arbeit mit Ausländern gehe – zum einen innerhalb des Beirats selbst, zum anderen zwischen dem Beirat und der Stadt Pirmasens. „Die Türen sind in Pirmasens schon sehr offen für uns. Es wäre schön, wenn das so bleibt, damit es weiterhin funktioniert“, erklärt die Mutter einer 34-jährigen Tochter. Da die Dinge beim Beirat für Migration und Integration schon gut laufen, will sie bei einer Wiederwahl nicht alles ändern, sondern einfach nur noch besser machen.

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