Pirmasens Deutschland mit anderen Augen sehen

ARD-Reporter Klaus Scherer aus Nünschweiler entdeckt mit der Japanerin Azusa Mori Deutschland, wobei beide einen ganz unterschie
ARD-Reporter Klaus Scherer aus Nünschweiler entdeckt mit der Japanerin Azusa Mori Deutschland, wobei beide einen ganz unterschiedlichen Blick für Land, Leute und Küche haben.

Mit seinem authentischen, bilderstarken Zweiteiler „Sauerkraut und Sushi – Deutschlandreise mit Japanerin“ gelingt es dem aus Nünschweiler stammenden Klaus Scherer, aus zwei spannenden Perspektiven auf Deutschland zu blicken: aus seiner eigenen und aus der von Azusa Mori, seinem Gast aus Japan, mit der er auf die Reise geht. Sie spricht perfekt Deutsch, ist neugierig auf Deutschland und bringt außergewöhnliche Fragen ins Spiel. Der Film läuft als Preview am 28. September, 19.30 Uhr, in der Alten Post.

Was war für Sie ausschlaggebend, diesen Film zu machen?

Ich war zehn Jahre für die ARD im Ausland, bin viel und voller Begeisterung in der ganzen Welt herumgereist. Ob nun in Alaska, in Sibirien oder an der Datumsgrenze im Pazifischen Ozean, aber einen Film über Deutschland habe ich nie gemacht. Wenn man dann jahrelang weg ist, entdeckt man nicht nur die Ziele, die man bereist, sondern auch, wie schön die Heimat ist. Weil man eben vieles erst schätzt, wenn man es vermisst. Deswegen wollte ich in Deutschland drehen und dabei die Menschen in den Mittelpunkt stellen. Menschen, die ihren Alltag stemmen. Der Steinmetz auf dem Dach des Kölner Doms, der dort jahrein, jahraus restauriert und immer noch neue Details entdeckt, oder die Bäckerin in Schwaben, die auch ohne nachzusehen weiß, wann das Brot braun ist, weil sie eben einen Riecher dafür hat. Wie haben Sie Ihre Reisegefährtin getroffen? Was verbindet Sie mit ihr? Ich kannte Azusa Mori vor den Dreharbeiten gar nicht. Sie wurde mir von unserem Studio in Tokio empfohlen, weil sie als Schulkind mal in Hamburg und München lebte und Deutsch spricht. Wie sympathisch und souverän sie mit den Menschen im Film umgeht, hat mich dann überrascht. Ihr Interesse, ihre Neugierde und ihre Unbefangenheit als eine, die quasi von ganz außen auf uns schaut, sind echt. Sei es, wenn sie einen Bauern fragt, warum wir Kartoffeln Frauennamen geben, oder wenn sie in der Pfalz Saumagen probiert. Gibt es für Sauerkraut und Sushi einen gemeinsamen Nenner? Nein, es ist eine Formel, die Interesse weckt. Ein griffiger, rätselhafter Titel, der das Publikum neugierig machen soll. Dabei steht das Essen zu Recht in der Oberzeile, weil wir nicht nur durch Landschaften reisen, sondern auch durch Deutschlands Küche. Worin sehen Sie den Unterschied zwischen der Pfalz und Japan? Wir sind kulturell vom christlichen Abendland geprägt. Wir sind Individualisten. In Japan legt man viel mehr Wert auf die Gemeinschaft, in der der Einzelne allerdings nicht stören darf, indem er sich hervortut. Bis heute nehmen Japanerinnen zum Beispiel die Hand vor den Mund, wenn sie lachen, um so ihre Emotionen zu verbergen. Meine Frau, die auch Japanerin ist, macht das auch., wenn sie unter Landsleuten ist. Die Pfälzer sind da Kontrastprogramm: sie sind sehr emotional und sagen gern direkt, was sie wollen und empfinden. Japaner tun sich schon schwer, Nein zu sagen. Selbst wenn sie etwas ablehnen, sagen sie eher, es sei interessant. Ihr Gegenüber erkennt das dann schon. Was fiel Azusa Mori an uns Deutschen auf? Ihr gefiel der Wald und das Brot. Und sie meint, dass die Leute hier ebenso viel arbeiten wie in Japan. Aber wir seien besser beim Pausemachen. In der Backstube in Schwaben zum Beispiel wurde erst einmal ein Trollinger getrunken, als das Brot im Ofen war. Das fand sie sehr gesellig. Auf welche Orte in der Pfalz dürfen wir uns freuen? Wir sind vom Spessart gekommen und über die Weinstraße in die Pfalz eingereist. Erste Station war der Trifels bei Annweiler, wo ich auf den Nachbarfelsen Anebos geklettert bin. Von oben hat man eine fantastische Sicht bis zur Rheinebene und ins Elsass. Nur nach unten schauen darf man nicht. Ich hatte den Dreh eingeplant, weil meine Eltern früher bei Lug einmal geklettert sind und ich bei meinem letzten Filmabenteuer auf Island im Gletscherwasser zwischen den Kontinentalplatten tauchte. Nun ging’s also mal nach oben. Später haben wir von der Wegelnburg bei Nothweiler den Tagesanbruch über den Hügeln bewundert. Und wir waren auf der Kneispermühle, wo wir Sauerkraut zubereitet haben. So, wie die Familien das früher gemacht haben. Heute wird dort kein Kraut mehr produziert, aber es gibt noch alle Utensilien, vom Hobel bis zu den Tonfässern. In der Ankündigung des Films heißt es, der Zuschauer sei nicht nur Publikum? Wie ist das zu verstehen? Zunächst, weil Zuschauer auf unsere Bitte hin Reiseziele vorschlugen. Vor allem aber, weil das Land und die Deutschen im Film das Objekt sind, über das wir mit Azusa reden. Das kann jeder auf sich beziehen, wenn er möchte. Sie sind Pfälzer. Gab es überraschende Einsichten in die pfälzische Seele? Das nicht, ich kenne die Pfälzer ja noch ganz gut. Die Überraschung kam eher von meinem Hamburger Kamerateam. Die haben gestaunt: über Landschaft und Essen und auch darüber, wie freundlich und bodenständig die Leute hier sind. Wie oft gibt es bei ihnen Sauerkraut? Als wir den fertigen Film im kleinen Kreis zum ersten Mal anschauten, habe ich bei mir zuhause Kraut und Saumagen serviert. Den ließ ich aus der Pfalz kommen, damit er auch so war, wie ich ihn mir vorstellte. Ansonsten sind im Norden als Pendant eher Grünkohl und Pinkel angesagt. Lassen Sie sich denn Pfälzer Hausmannskost nach Hamburg liefern? Ich nehme schon mal ein paar Dosen Hausmacher mit, wenn ich meine Familie besuche. Und gerne eine Kiste Wein vom Winzer, wo ich ihn vorher probieren kann. Warum läuft der Film in Pirmasens? Weil ich selbst aus der Gegend komme und wir in der Umgebung gedreht haben. Ich war für die Stadtbücherei schon öfter zu Bücherlesungen hier. Deshalb habe ich der Leiterin Ulrike Weil angeboten, den Film hier vorab zu zeigen. Und sie fand die Idee gut. Info —Der Eintritt kostet fünf Euro. Reservierungen ab sofort in der Stadtbücherei Pirmasens unter 06331/842359 oder per Email: stadtbuecherei@pirmasens.de. —Der Regisseur steht dem Publikum nach der Filmvorführung zum Gespräch zur Verfügung.

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