Pirmasens Brennhaare bleiben noch Jahre gefährlich

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So sieht eine Raupe des Eichenprozessionspinners aus.

Südwestpfalz: Gesperrte Pausenhöfe und Wege, volle Auftragsbücher bei Fachfirmen: Bis zum vergangenen Jahr war der Eichenprozessionsspinner kaum jemandem ein Begriff. Dann vermehrten sich die Tierchen rasend. Das Problem: Bei Menschen können deren Brennhaare allergische Reaktionen auslösen. Warum uns die Raupen wohl auch in diesem Jahr nicht verschonen, erklärt Theodor Ringeisen, Leiter des Forstamtes Westrich.

Nicht wenigen Menschen ist der Einchenprozessionsspinner 2018 erstmals begegnet. Gab es das Tier auch zuvor schon im Landkreis?

Neu zugezogen ist er mit Sicherheit nicht. Der Eichenprozessionsspinner ist ein Kleinschmetterling, der sich bei warm-trockener Witterung optimal vermehren kann. Auch in der Vergangenheit gab es hin und wieder Probleme, aber eine Massenvermehrung wie wir sie 2018 erlebt haben, die gab es bisher nicht. 2019 war der Frühling eher feucht und kühler. Ist das Problem damit aus der Welt? Oder wirkt das vergangene Jahr noch nach? Auf jeden Fall. Man geht davon aus, dass solche Gradationen, also Massenvermehrungen, einen Zyklus von sechs bis sieben Jahren haben. Wie erkenne ich denn als Waldbesucher überhaupt, dass ich es mit Eichenprozessionsspinnern zu tun habe? Bei den Nestern des Eichenprozessionsspinners handelt es sich um grau-schwarze Gespinste. Hat das Nest noch Leben in sich, sieht man an den Bäumen dicht zusammengedrängte Raupen sitzen, die man an den Haaren erkennt. Wenn Sie eine solche Konzentration von Raupen an einer Eiche entdecken, ist Vorsicht geboten. Was macht den Eichenprozessionsspinner denn so gefährlich? Für die Wälder ist er zunächst einmal kaum gefährlich. Er besiedelt hauptsächlich Waldränder oder Einzelbäume in Parkanlagen im innerstädtischen Bereiche, weil er an warm-trockene Bereich gebunden ist. Und ein einmaliger Befall eines Baumes führt in der Regel nicht dazu, dass der Baum kahlgefressen wird. Zumal Eichen um den Johannistag in der zweiten Junihälfte ein zweites Mal austreiben können. Menschen sollten sich dennoch in Acht nehmen. Ja, für den Menschen sind die sogenannten Brennhaare gefährlich. Sie können Hautirritationen, allergische Reaktion, bei empfindlichen Menschen sogar einen anaphylaktischen Schock auslösen. Wann, schätzen Sie, macht denn der Prozessionsspinner wieder Probleme? Die Eiablage der Weibchen ist schon im August/September des Vorjahres erfolgt. Die Entwicklung der Larvenstadien beginnt etwa im April. Der Eichenprozessionsspinner durchläuft fünf bis sechs Larvenstadien, und die Brennhaare entwickeln sich ab dem dritten Stadium. Das heißt, ab der Monatswende April/Mai können die Tiere bei entsprechender Witterung zum ersten Mal problematisch werden. Und wann ist die Gefahr dann wieder gebannt? Das ist das Problem. Die Gespinste bleiben jahrelang kritisch, weil sie auch nach dem Verlassen der Nester Brennhaare enthalten. Und die können selbst nach zwei bis drei Jahren noch allergische Reaktionen hervorrufen. Zumal die Haare auch durch den Wind davongetragen werden. Ob Reaktionen auftauchen, ist auch davon abhängig, wie viele Haare man abbekommt. Gab es denn in diesem Jahr schon Probleme mit den Raupen? Uns wurde bisher nur eine kleinere Befallstelle in einem Kindergarten in Contwig gemeldet, aber noch bevor Brennhaare ausgebildet wurden. Die Stelle haben wir dann mit Sprühfarbe behandelt. Mit Sprühfarbe? Ja, wir behelfen uns da mit Hausmitteln, beispielsweise mit handelsüblicher Sprühfarbe zum Markieren von Bäumen. Sprüht man Nester damit zu, wird die Entwicklung der Larven gestoppt. Zudem kann man auf Wasserglas zurückgreifen. Das ist eine glasige Flüssigkeit, die sich nach dem Auftragen verfestigt. Dann kann man die Tiere oder Nester entfernen. Aber die Methode ist nur für kleinere Flächen geeignet. Und bei größeren Bereichen? Dann muss man auf Spezialfirmen zurückgreifen, die leistungsstarke Sauger, eine Art Staubsauger, nutzen. Zum Schutz vor Brennhaaren tragen die Mitarbeiter dabei eine Schutzausrüstung mit Atemmaske und Augenschutz. Wie reagiere ich denn, wenn ich im Wald ein Nest entdecke? Sollte ich so einen Fund dem Forstamt melden? Das wäre sinnvoll. Insbesondere, wenn es in der Nähe von Wanderwegen ist. Dann werden Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. An viel begangenen Wegen würden wir so ein Nest entfernen. Waldbesucher tragen in der Regel weder Schutzanzug noch Atemmaske? Wie verhält man sich also, wenn man mit Brennhaaren in Kontakt gekommen ist? Zunächst hilft duschen und ein Kleiderwechsel. Aber wenn es tatsächlich zu Hautreaktionen kommt, sollte man einen Arzt aufsuchen. | Interview: Christian Clemens

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Förster Theodor Ringeisen
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