Pirmasens Voyeurismus pur

Ro Gebhardt schlängelt sich musizierend durchs Publikum.
Ro Gebhardt schlängelt sich musizierend durchs Publikum.

Wenn der Vater mit dem Sohne ... Nein, die Alte Kirche in Vinningen bot keinen Filmabend mit Heinz Rühmann, sondern ein Konzert mit dem saarländischen Gitarristen Ro Gebhardt, der als Überraschungsgast einfach seinen Sohn Alec mitbrachte. Ganz unprätentiös schenkten der Herr und der Junge mit Gitarre und Bass ihrem Publikum ein wunderbar pures Klangvergnügen.

Aus mindestens drei Gründen war der Abend gelungen: die unkomplizierte Art und Weise, wie Vater und Sohn sich auf der Bühne verständigten, verstanden und Spaß hatten. Die Publikumsnähe, die Ro Gebhardt etablierte. Der souveräne Gitarrist plauderte nicht nur mit den Konzertbesuchern und verriet immer wieder etwas über die Kadenzen seines Spiels, und warum sie so schwierig sind. Darüber hinaus spielte er ein Quiz mit den Vinningern, bei dem es fünf Titel von den Beatles zu erraten galt. Auch stieg der raffinierte Gitarrist immer wieder von der Bühne herab, um ganz nah dran zu sein an seinem Publikum. Das wirkte, besonders wenn er sich spielend durch die Reihen schlängelte, als wolle er jedem höchstpersönlich die Musik einimpfen. Von berührend melancholischen Rhythmen bis hin zu fröhlich leicht war alles im Programm vertreten: den Bossa Nova „Orfeu Negro“, etwas aus der Tango-Ecke und Stevie Wonder. Von letzterem wählte der gebürtige Neunkirchener „Sunshine of my live“ und „The Duke“ und spielte noch einmal mit dem Zwölfjährigen Alec, der ihn – im ständigen Blickkontakt wunderbar begleitete. Ro Gebhardt gab ein hinreisendes Konzert, bei dem er mit seinen Arrangements beeindruckte: Die originale Musik schimmerte nur noch als Motiv hin und wieder durch, so dass eine sehr persönliche Musik entstand. Gebhardt Senior ließ sich auf die Stücke mit Haut und Haaren ein, tauchte hinein in all ihre Substanzen. Ja, das wirklich Berührende war, dass sich der Konzertbesucher immer wieder wie ein musikalischer Voyeur vorkam. Denn die Art, wie Gebhardt Gitarre spielt, wirkt so intim, als ob man ihn in den privatesten Momenten beobachten würde. Dabei waren die Sets klar, souverän und hochprofessionell. Der Gitarrenakrobat, wie Vinningens Kulturbeauftragter Lothar Feldner ihn nannte, studierte am Konservatorium in Luxemburg, sowie an der Hochschule für Musik in Hamburg, Köln und Boston. Latin-Jazz kündigte der 56-jährige Musiker an und nahm das Publikum mit auf eine Reise durch Raum und Zeit: von Spanien nach Argentinien bis hin nach England und dann Amerika, zurück in die 40er Jahre als es in New York ordentlich swingte, während anderswo der Zweite Weltkrieg tobte. Vor 13 Jahren stand der Gitarrenvirtuose zum ersten Mal auf der Bühne in Vinningen. Immer in Begleitung, meist von Sängerinnen. Am Freitag war sein vierter Auftritt in der Alten Kirche, doch die Premiere mit seinem Sohn. Die beiden ernteten begeisterten Applaus. Ohne Zugabe ging da nichts, auch wenn Gebhardt betonte, der Kleine müsse ins Bett. „Wenn er größer ist, kommen wir wieder. Dann vielleicht mit Alec am Kontrabass“, kündigte Gebhardt an.

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