Pirmasens Terminkalender, das war einmal

Kein Geringerer als der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (rechts) verabschiedet Norbert Stretz im Januar
Kein Geringerer als der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (rechts) verabschiedet Norbert Stretz im Januar 2014 als Parteichef der Pirmasenser SPD. Als Dankeschön bekam Stretz die goldene Ehrenmedaille der rheinland-pfälzischen Sozialdemokratie.

Spaziergänge mit dem Hund der Tochter oder des Sohns statt langatmiger Stadtratssitzungen, offenes Hemd statt Schlips, Freizeit statt Stress: Norbert Stretz hat die Welt der Politik hinter sich gelassen. Heute feiert der Pirmasenser Sozialdemokrat seinen 70. Geburtstag.

„Ich habe überhaupt keine Langeweile“, sagt Stretz im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Er genieße das Leben außerhalb des Terminkalenders, abseits der Politik und anderer Verpflichtungen. Bei der Landtagswahl 2011 hatte Stretz seinen Sitz im Mainzer Parlament verloren, dem er fast 20 Jahre angehört hatte. Für den Genossen war damals die Zeit gekommen, seine Arbeit als Politiker langsam ausklingen zu lassen. Im Januar 2014 gab er den Vorsitz des SPD-Stadtverbands an Angelika Glöckner ab – mit allen Konsequenzen. Einmischen mag er sich nicht mehr. „Ich will nicht im Hintergrund als graue Eminenz die Strippen ziehen.“ Keine Verantwortung mehr zu tragen, „das ist richtig angenehm“, sagt der 70-Jährige. Über 40 Jahre hat Norbert Stretz aktiv in der Politik mitgemischt. Im Jahr 1991 hängte er den Beruf des Gerichtsvollziehers an den Nagel, um als Landtagsabgeordneter nach Mainz zu wechseln. Überraschend hatte er damals dem CDU-Platzhirsch Emil Wolfgang Keller das Direktmandat abgerungen – es sollte das letzte Mal bleiben, dass ein Sozialdemokrat den Wahlkreis Pirmasens direkt gewinnen konnte. 1973 war Stretz in die SPD eingetreten. 1993 wurde er zum Vorsitzenden des SPD-Stadtverbands gewählt. Seit 1994 gehörte er dem Pirmasenser Stadtrat an, viele Jahre als Fraktionsvorsitzender der SPD. Zu schaffen machte Stretz die deutlich verlorene OB-Wahl gegen Joseph Krekeler im Jahr 1998, verbunden mit Querschüssen aus der eigenen Partei. Stretz war gesundheitlich angeschlagen, müde und ausgebrannt. Er legte seine Ämter als Partei- wie als Fraktionsvorsitzender nieder. Aber Norbert Stretz hat sich wieder berappelt, legte sich ein dickeres Fell zu, fand in die Spur und noch zweimal in den Landtag zurück und wurde wieder Partei- und Fraktionschef. „Das ist Schnee von gestern“, sagt Stretz, die Vergangenheit sei bewältigt. Heute genieße er die Freiheit, das zu tun, was er will. Morgens länger schlafen, nicht die Zeitung zu studieren, ob denn Böses über ihn drin steht, mit dem Hund der Tochter oder des Sohns zehn Kilometer „im Rentnerschritt“ zurückzulegen oder am Stammtisch über Gott, die Welt und Pirmasens zu diskutieren. Für seine Heimatstadt wünscht sich Stretz, dann doch wieder Kommunalpolitiker, eine große Koalition, wie es sie in vielen Städten in Rheinland-Pfalz gebe, um die Kontakte der Pirmasenser Sozialdemokraten zur SPD-geführten Landesregierung für die Stadt nutzen zu können. An seinem heutigen Geburtstag ist Norbert Stretz nicht Zuhause, „ich bin bis Freitag weg“, sagt er.

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