Pirmasens Pirmasens: Neustart im Frauenhaus

Im Schutz des Frauenhauses können Frauen ihr Leben neu ordnen.
Im Schutz des Frauenhauses können Frauen ihr Leben neu ordnen.

„Das Frauenhaus ist für mich das Sprungbrett in ein neues Leben.“ Uschi G. lebt seit rund einem halben Jahr mit ihren Kindern in Pirmasenser Frauenhaus. Auch das Weihnachtsfest feiert sie im Frauenhaus. Das Haus ist ihre Familie.

Viele Jahre harrte Uschi G. bei ihrem Ehemann aus, der ihr körperlich und seelisch Gewalt antat. Mit Hilfe der Sozialarbeiterinnen und im Schutz des Pirmasenser Frauenhauses hat sie ihr Leben geordnet. Gemeinsam mit zwei weitere Frauen und den Kindern wird sie Weihnachten im Frauenhaus verbringen. „Für mich ist das Haus wie eine Familie“, sagt Uschi G. Sie freut sich auf friedliche Weihnachten.

Trotz Gerichtsbeschluss nicht gegangen

Seit dem Sommer lebt die junge Frau im Pirmasenser Frauenhaus. Viel zu lange habe sie gebraucht, um diesen Schritt zu wagen, sagt sie und ergänzt: „Ich habe fast mein halbes Leben an diesen Mann verschenkt.“ Uschi G. hat jung geheiratet, bekam Kinder. Dass ihr Ehemann gewalttätig ist, habe sie früh gemerkt. Verlassen habe sie ihn dennoch nicht. Wegen der Kinder, der Drohungen, weil sie, aufgrund seiner Einschränkungen und Verbote, keine Freundinnen und Vertraute hatte. Irgendwann hat sie den Mut gefasst, Beratungen in Anspruch genommen und die Scheidung eingereicht. „Obwohl es einen Gerichtsbeschluss gab, dass er aus der Wohnung ausziehen muss, ist er nicht gegangen“, berichtet sie. In diesem Moment sei ihr klar geworden, sie müsse weg aus ihrer Stadt, weit weg von ihrem Mann. „Wir sehen häufig, dass Gerichtsbeschlüsse ignoriert werden. Das ist eine Art, wie die Männer ihre Macht über die Frauen weiterhin deutlich machen“, sagt Sozialarbeiterin Kluge. Sie leitet das Pirmasenser Frauenhaus seit über 30 Jahren, bringt viel Erfahrung und Empathie für die Frauen mit. Schon vor deren Flucht nach Pirmasens stand Kluge mit der jungen Frau in Verbindung. „Die Prävention, die Beratung der Frauen, ist ein Standbein unserer Arbeit“, erklärt sie. Dabei würden sie Frauen, die nicht ins Haus kommen wollen, und denen, die ihre Flucht nach Pirmasens vorbereiten, gleichermaßen helfen. „Wir sagen ihnen im Vorfeld, wie sie gezielt vorgehen, welche Dokumente und Papiere nötig sind, und sind eine psychologische Stütze“, erläutert Kluge ihre Arbeit.

Vertrauen und Sicherheit finden

Drei Mitarbeiterinnen betreuen die Frauen und Kinder vor der Flucht, während ihrer Zeit im Haus und später bei den ersten Schritten ins neue Leben. Das Haus bietet Platz für sechs Frauen mit ihren Kindern. „Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei ungefähr drei Monaten“, erläutert Kluge. Diese Zeit benötigten sie, um gemeinsam mit den Frauen deren Leben neu zu ordnen. „Wir helfen bei der Papierflut, bei den Gängen zu den Ämtern, vermitteln Anwälte, unterstützen bei der Wohnungssuche“, sagt Kluge. Dabei betont sie das gut funktionierende Netzwerk in Pirmasens. „Hier arbeiten alle Hand in Hand. Das ist für uns und für die Frauen ein riesiger Vorteil“, sagt sie. Ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit seien die Gespräche mit den Frauen, für die sich die Mitarbeiter viel Zeit nehmen. „Sie müssen wieder Vertrauen und Sicherheit finden“, erklärt Kluge. Nicht jeder Frau könne sich öffnen. „Das braucht Zeit und viel Einfühlungsvermögen“, sagt die Sozialarbeiterin. 2018 hätten das Haus bislang außergewöhnlich viele Anfragen erreicht. 30 Frauen mit 39 Kindern haben für eine Zeit im Pirmasenser Frauenhaus gelebt. 60 Prozent von ihnen waren Deutsche, 40 Prozent hatten Migrationshintergrund oder Flüchtlingsstatus. Das sei für die Mitarbeiter eine enorm große Anzahl an Hilfesuchenden. Hoher Wechsel bedeute viel Arbeit. „Gerade die ersten Tage im Haus sind für alle stressig“, weiß Kluge. In dieser Zeit sammeln und strukturieren sie die Probleme und Daten der Bewohnerinnen. Es gelte, für die Kinder Schul- und Kindergartenplätze zu finden und erst einmal anzukommen.

Leben in einer Art Wohngemeinschaft

Die Arbeit des Pirmasenser Frauenhauses wird überwiegend vom Land Rheinland-Pfalz finanziert. Am Verein selbst, der sich durch Spenden finanziert, blieben allerdings immer noch enorm hohe Kosten hängen, gerade was die Instandhaltung des Hauses angehe. Die Fortführung stand vor einigen Jahren auf der Kippe. Nach wie vor sei das Frauenhaus auf Spenden angewiesen. „Die hohe Anzahl an Hilfesuchenden zeigt uns, wie wichtig unser Angebot ist“, betont Kluge. Der Alltag im Pirmasenser Frauenhaus ist der einer Familie, nur eben ohne Männer. Die Frauen leben zusammen in einer Art Wohngemeinschaft. Sie sind für ihre Einkäufe verantwortlich, kochen, putzen und sorgen für ihre Kinder. Die Mitarbeiterinnen sind täglich zu festen Bürozeiten vor Ort, beraten und unterstützen die Frauen bei allen Fragen und Problemen. „Wir legen Wert auf eine gewisse Harmonie im Haus“, sagt Kluge. Das sei aber selten ein Problem.

"Wir zeigen Perspektiven"

Wie in Familien auch, werden die Vorweihnachtszeit und auch das Fest gemeinsam gefeiert, erzählt sie. Die Weihnachtszeit sei für viele der Frauen eine emotionale Zeit. Gerade deshalb versuchen die Frauenhaus-Mitarbeiter, möglichst eine friedliche Normalität herzustellen. Für alle gebe es kleine Geschenke, das Haus wird geschmückt. Den Heiligabend verbringen die Frauen mit ihren Kindern allein. Das sei die Philosophie des Frauenhauses. „Wir zeigen Perspektiven, die Wege gehen aber müssen die Frauen selbst“, sagt Kluge. „Die Mitarbeiterinnen in Pirmasens haben mich Hand in Hand in eine bessere Zukunft begleitet“, sagt Uschi G. Das sei ein Geschenk, für das sie unendlich dankbar sei.

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