Pirmasens Neuffer: Abenteuer kostet Millionen

So arbeitet es sich heute im Neuffer. Die Umgestaltung des Fabrikkomplexes wurde mehrfach ausgezeichnet.
So arbeitet es sich heute im Neuffer. Die Umgestaltung des Fabrikkomplexes wurde mehrfach ausgezeichnet.

Neues Leben in alten Fabriken: Bernd Hummel hat den Neuffer-Fabrikkomplex stilgerecht renoviert.

Hummels Unternehmen Kangaroos startete 1981 nach dem Kauf der Lizenz noch bescheiden in der Lemberger Straße 75. Der Platzbedarf sei nicht enorm gewesen, erzählt Hummel. Durch das Wachstum der Firma habe er sich jedoch Ende der 80er Jahre umsehen müssen. „Ich habe den Hang zu Historischem“, begründet Hummel seine Vorliebe für alte Gemäuer. Das alte Krankenhaus hatte ihn zuerst mehr interessiert. Die Alte Post war zu dem Zeitpunkt frisch an die Stadt Pirmasens verkauft worden, sonst wäre er dort eingestiegen. Und der Neuffer erschien ihm irgendwie zu groß. Allein der Gedanke an die Kosten für die 630 neuen Fenster konnte einen Investor einschüchtern.

Erster Abschnitt 1991 fertig

Bernd Hummel hat sich trotzdem für den Neuffer entschieden. „Als ich 1990 gekauft habe, war es der letzte Moment, bevor es für das Gebäude zu spät war“, schätzt er heute angesichts des Bauzustands beim Kauf. Den alten Schornstein im Hof hätte er gerne erhalten. Der sei aber nicht mehr zu retten gewesen. Viele hätten ihn für verrückt erklärt. „Wir haben das in einer Zeit gemacht, als keiner in Pirmasens investieren wollte“, schildert Hummel die Lage zu Anfang der 90er Jahre. Bei der Sanierung nahm Hummel nicht sofort den ganzen Komplex mit seinen 12.000 Quadratmetern in Angriff. „Ich mache es wie die Italiener und fange vorne an“, erklärt der Unternehmer seine Strategie für solch riesige Bauten. Den Neuffer unterteilte er in vier Bauabschnitte. Der erste Abschnitt mit seinen eigenen Büros war 1991 bezugsfertig. „Das lief dann nahtlos ineinander.“

Doldinger und Corea im Hof

Zwei Jahre später eröffnete er sein Medicenter im Neuffer. Heute arbeiten dort 15 Ärzte. 1994 begann er, mit Kunstausstellungen internationale Stars nach Pirmasens zu holen. A.R. Penck machte den Anfang mit 430 Besuchern bei der Vernissage 1994. Klangvolle Namen von Christo bis Lüpertz folgten. Viele von ihnen erschienen persönlich im Neuffer. Die Vernissagen bei Hummel haben heute noch überregional einen wohlklingenden Ruf. Bei der Wiederbelebung des Neuffer setzte der Pirmasenser gezielt auf Kultur. 1998 bezog mit Radio Rockland ein damals noch anspruchsvoller Sender seine Studios in der früheren Schuhfabrik. Dank einer Kooperation mit Palatia-Jazz spielten Jazzgrößen wie Klaus Doldinger und Chick Corea im Hof des Neuffer vor Tausenden von Besuchern. „Wir haben auf Topniveau das Gebäude bespielt“, so Hummel. Einfach sei der Umbau nicht gewesen. „Da hat man täglich ein Problem“, kann Hummel von Überraschungen erzählen, die der Gebäudekomplex in großer Zahl übrig hatte. Einmal wurde sogar ein vergessener Tresor gefunden. „Da waren wir alle gespannt, was für ein Schatz da drin ist.“ Leider hätten sich aber nur ein paar alte Bilanzen hinter der Stahltür befunden.

Historische Substanz überall sichtbar

Mit dem Denkmalschutz hatte Hummel keinerlei Probleme. Im Gegenteil: Der Denkmalschutz wurde erst auf Antrag von Hummel ausgesprochen. „Ich wollte unbedingt stilgerecht renovieren.“ Dazu gehörten die Sprossenfenster, die heute drin sind. Mit Flächenfenstern ohne Sprossen hätte er bei 630 Fenstern eine Million Mark sparen können, was er aber nicht wollte. „Damit hätte ich das Haus kaputtgemacht“, erklärt Hummel. Wichtig war ihm auch die Kombination aus Altem und Neuem. Die historische Substanz und der Sandstein sind überall im Gebäude noch sichtbar. Letztlich neun Millionen Euro hat ihn das Abenteuer Neuffer gekostet. Dazu kommen die Kosten für den Innenausbau, die manche Mieter selbst getragen haben. Hummel kümmert sich um das einheitliche Erscheinungsbild bis zur Schwelle des Mieters. Dahinter ist dieser verantwortlich. Seinen zuvor gesteckten Kostenrahmen habe er nur um 70.000 Mark überschritten.

Eine der ersten Adressen der Stadt

„Es hat sich gelohnt. Ich freue mich jeden Tag an dem Gebäude. Das war eine gute Buchung auf mein Wohlfühlkonto“, urteilt Hummel im Nachhinein. Der Neuffer sei heute eine der ersten Adressen in der Stadt für Ärzte, Unternehmen und Freiberufler, die neue Büros oder Praxen suchen. Aktuell sind nur noch 120 Quadratmeter Bürofläche frei. Demnächst werde eine IT-Firma einziehen. Für das Café im Eingangsbereich, zuletzt „Drehers Kantine“, gibt es derzeit keinen konkreten Interessenten, der Hummel gefallen würde. Hier will er sich Zeit lassen. „Ich suche nicht, irgendwann ergibt sich hier wieder was.“

So sah es zu Zeiten der Schuhproduktion im Neuffer aus.
So sah es zu Zeiten der Schuhproduktion im Neuffer aus.
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