Pirmasens „Er hat mit Leben von Menschen gespielt“

Der Verkauf von selbst hergestellten Kräutermischungen mit zum Teil illegalen synthetischen Inhaltsstoffen über das Internet brachte einen inzwischen 46-jährigen Pirmasenser am Donnerstag auf die Anklagebank des Schöffengerichts.

Von einem Pirmasenser Vorort aus bot der Mann zwischen 2015 und 2016 unter verschiedenen Internetadressen Kräutermischungen zum Verräuchern an. Die Inhaltsstoffe hatte er über das Internet in Großbritannien eingekauft und selbst zusammengemischt. Wegen des ständig wechselnden Angebots und Höchstbestellmengen habe er immer wieder andere Substanzen bestellen müssen, gab er an. Aber: „Ich kenne mich in chemischen Substanzen nicht aus“, bekannte der Angeklagte. „Ich hätte einen Chemiker einstellen müssen.“ Er habe nur Legales bestellen wollen, versicherte er. „Es hat mich überfordert“, meinte er. Als die Polizei seine Produktionsstätte mit drei Vollzeitbeschäftigten durchsuchte, fand sie rund 20 Kilo Substanzen und Wirkstoffe aus verschiedenen Ländern. Die mit Lösungsmitteln verflüssigten Wirkstoffe seien mittels Kaffeekanne und Maßkrug über die Trägersubstanzen gegossen und von Hand vermengt worden, berichtete ein Polizeibeamter. Dadurch habe keine Kontrolle bestanden, wie sich der Wirkstoff verteilt. Da sei klar geworden, wieso Kunden mal nichts spürten, ein anderes Mal aber kollabierten, so der Beamte. Der Angeklagte habe in 4000 Fällen seine Kräutermischungen in die gesamte Welt verschickt, sogar nach Amerika, stellten die Beamten an Hand der Buchhaltung fest. Ein Toxikologe des Landeskriminalamts berichtete, auf der Suche nach neuen Arzneimitteln gegen Schmerzen und Entzündungen seien in der Grundlagenforschung Tausende von Stoffen im Reagenzglas durchgeprüft worden. „In den letzten zehn Jahren wurden die Stoffe stärker und gefährlicher“, sagte er. Sie seien viel stärker als Cannabis. Es sei zu Bluthochdruck, Herzrasen, Kreislaufversagen, Übelkeit und sogar zu Todesfällen gekommen. Das Problem sei, dass jede neue Substanz erst mal noch nicht verboten sei und man nicht wisse, wie gefährlich sie ist, so der Toxikologe. „Er hat mit dem Leben von Menschen gespielt“, folgerte Staatsanwalt Christian Heinekamp und forderte drei Jahre und neun Monate Gefängnis. Verteidiger Fuchs plädierte auf Freispruch wegen Überforderung, hilfsweise eine Bewährungsstrafe. Das Gericht verurteilte den 46-Jährigen wegen Drogenhandels in acht Fällen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. In weiteren vier Fällen sprach es den Angeklagten frei, wie vom Staatsanwalt befürwortet. Aus seinem Gewinn muss der 46-Jährige 3675 Euro an die Staatskasse zahlen und als Bewährungsauflage 2000 Euro an den Pfälzischen Verein für soziale Rechtspflege. Der Mann habe in Kauf genommen, dass die Substanzen nicht 100 Prozent legal seien und damit mit bedingtem Vorsatz gehandelt, befand das Gericht. Er habe das Gewerbe angemeldet und Steuern gezahlt. Aber er habe keine Kenntnis und keine Erfahrung mit den Substanzen gehabt. Es habe ein „enormes Gefährdungspotential“ durch nicht erforschte Stoffe bestanden. Da er aber in geordneten Verhältnissen lebe, inzwischen einem anderen Gewerbe nachgehe und einsichtig war, gewährte das Gericht Bewährung.

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