Neustadt Sport, historische Lese und Jägerlatein

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Als vor gut 50 Jahren der Deutsche Turner-Bund (DTB) zu „Turnen für jedermann“ aufrief, fanden sich 34 junge Männer aus dem TuS St. Martin zusammen und gründeten 1966 die Unterabteilung „Jedermänner“. Überregional bekannt wurden sie als Veranstalter der „historischen Weinlese“ in St. Martin.

Jetzt feiern die noch zehn Aktiven ihr 50-jähriges Bestehen zusammen mit ihrem damals wie heute bewährten Übungsleiter Erich Schneider. „In den Übungsstunden haben die Männer unter anderem Laufen, Gymnastik, Fußball, Handball und in den frühen Jahren auch Rugby trainiert“, erinnert sich Schriftführer und Chronist Hans Gerst (76). Im Laufe der Zeit kamen Schwimmen, Nordic Walking, Kegeln, Radfahren, Boule und Wandern dazu. Und auch zum Sportabzeichen sei man angetreten. Als Veranstalter traten die Jedermänner mit ihren Frauen zum Ausschank im „Alten Schlösschen“ in St. Martin an und bewirteten bei der Weinkerwe und an Martini mit 40 Leuten Standbesatzung die Gäste. Die Jedermänner haben auch die „Weinlese anno dazumal“ ins Leben gerufen, bei der sie viele Jahre hindurch am 3. Oktober die Trauben wie einst geerntet haben. Erwachsene und Kinder bringen dann in Logeln die handgelesenen Trauben zum eisenbereiften Pferdewagen, der das Lesegut zur Weiterverarbeitung bringt. Die Trauben werden per Hand gemahlen und ebenso gepresst. Und ausnahmsweise dürfen die Erntehelfer im Weinberg des „Jedermann“ Eugen Platz auch von den Müller-Thurgau-Trauben naschen. „Früher mussten die Leute im Wingert singen“, erinnert sich Gerst. Denn wer singt, kann keine Trauben essen. Eine minutiös geführte Chronik zum 40-jährigen Bestehen zeigt, dass den Jedermännern neben der körperlichen Ertüchtigung auch Geselligkeit, freiwillige Leistungen für die Gemeinde und Freundschaftsdienste immer wichtig sind. „Das Jahr fängt nach der Generalversammlung mit dem Familientag an, an dem wir wandern, mit den Kindern spielen und zum Abschluss bei einem von uns einkehren – früher mit den Kindern und jetzt mit den Enkelkindern“, berichtet Gerst. Die Jahresausflüge führten die Jedermänner zunächst in den Pfälzerwald, später an die Mosel, nach Göteborg, Mallorca und in die Schweiz. Wegen ihres fortgeschrittenen Alters können die Jedermänner nur noch in diesem Jahr die Weinlese anno dazumal veranstalten. „Unser Senior Erwin Ziegler feierte vor einigen Tagen seinen 86. Geburtstag, und für die Jugend ist diese Form des Vereinslebens vielleicht überholt“, meint der Schriftführer. Dennoch bleibe der Verein bestehen. Heute, Freitag, werden die Jedermänner ihr Jubiläum feiern – „nach Kaffee und Kuchen gedenken wir auf dem Friedhof unserer verstorbenen Mitglieder und gehen anschließend in die Kirche“, so das Jubiläumsprogramm. „Am Abend werden wir im St. Martiner Castell feiern“, sagt Gerst. Dort werden Dias aus den vergangenen fünf Dekaden der Jedermänner gezeigt. Und Anekdoten erzählt, die in der Chronik stichwortartig aufgeführt sind, zum Beispiel „Singen nach der Turnstunde“, „Sau geklaut“, „Ausbildung in Jägerlatein“, „Schnapswette“ und anderes mehr. |stgi

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