Neustadt Seine Gegenspieler: Bein, Magath, Häßler

HASSLOCH. Ulf Quaisser betreibt seit 20 Jahren in Haßloch eine eigene Versicherungsagentur. Bekannt geworden ist der heute 51-Jährige als Fußballer des SV Waldhof, der vor 30 Jahren erstmals in der Bundesliga gespielt hat. Defensivallrounder Quaisser war einer der „Waldhof-Buben“, die damals deutschlandweit für Furore gesorgt haben.

Wenn man sich mit Ulf Quaisser unterhält, dann vergeht die Zeit wie im Flug. Der einstige Fußballer, der zu seiner Zeit beim SV Waldhof im Schatten von Größen wie Sebert, Bührer oder Fritz Walter gestanden hat, hat etwas zu sagen. Quaisser wirkt natürlich und authentisch. Er ist einer, der über den Tellerrand hinausblickt, der kritisch ist, sich nicht so wichtig nimmt und der – so ist der Eindruck – sein Leben zwischen Beruf, Familie und seinem Hobby Golf genießt. Begonnen hat der im Mannheimer Stadtteil Käfertal geborene Quaisser mit dem Fußball bei Phönix Mannheim. Schmunzelnd erzählt er die Geschichte. „Wir sind umgezogen, und meine Mutter meinte, ich solle Sport treiben. Fußballspielen wollte ich gar nicht und habe sogar geweint“, erinnert sich Quaisser. Sein Opa begleitete ihn zu Beginn. Und es dauert nicht lange, da hatte der kleine Ulf Gefallen am Kicken gefunden. Das machte er so gut, dass er in die Nordbaden-Auswahl berufen wurde und ab der A-Jugend für den SV Waldhof spielte. 1980 wurde der SVW nach einem 2:1-Finalsieg gegen Schalke 04 deutscher A-Junioren-Meister. Uwe Zimmermann, die Tsionanis-Brüder, Alfred Schön, Uwe Rahn und eben Ulf Quaisser zählten zu den Stützen der Waldhöfer. Das flinke Leichtgewicht empfahl sich auch für die U18-Nationalmannschaft, mit der er 1981 Europameister wurde. Der Waldhöfer, der als Rechtsaußen begann, hatte sich als rechter Verteidiger durchgesetzt. An sein Debüt beim damaligen Zweitligisten Waldhof erinnert sich Quaisser noch gut: „Ich war zuvor nie im Kader, doch dann hat mich Trainer Klaus Schlappner ins kalte Wasser geworfen. Bei der Besprechung vor dem Spiel hat er meinen Namen an die Tafel geschrieben. Es ging ein Raunen durch die Reihen der Mitspieler, denn es musste ja ein Etablierter zuschauen.“ Das Eigengewächs blieb im Team, mit dem Quaisser ein Jahr später in die Bundesliga aufstieg. „Es war eine starke Mannschaft mit vielen Spielern aus der Region, in der vorwiegend kurpfälzisch gesprochen wurde. Der Zusammenhalt war groß“, verdeutlicht der Abwehrspieler, der der Mann für Sonderaufgaben war. Meist beschattete er die Spielmacher wie Bein, Magath oder Häßler. „Wenn der Gegner aber einen schnellen Mann hatte, wie Nürnberg in Dieter Eckstein, dann habe ich Verteidiger gespielt“, erklärt der Mannheimer. Seine Leistung war umso bemerkenswerter, weil Quaisser noch eine Lehre als Maschinenschlosser beendete. „Ich musste morgens immer um 6 Uhr raus und war zu müde, wenn die anderen abends um die Häuser zogen“, blendet der Fußballer zurück und lacht. Die Lehre hat ihn die U18-WM in Katar gekostet. Mit Trainer Schlappner verstand er sich gut („er stand im Mittelpunkt und drängte ins Rampenlicht, war aber ehrlich und direkt“), mit dessen Nachfolger, dem Österreicher Felix Latzke, jedoch gar nicht. Der habe vor dem ersten Saisonspiel gegen Leverkusen gesagt: „Was soll ich sagen, ihr kennt die Mannschaft ja besser als ich.“ Diese Unkenntnis habe sich bei einer Partie in Dortmund fortgesetzt. Quaisser spielte gegen Regisseur Raducanu. Als der gegen Dickel ausgewechselt wurde, sollte Quaisser den übernehmen. Der kleine schmächtige Ulf gegen den wuchtigen Hünen Dickel – eine Fehlbesetzung. Auf Intervention des Teams wurde getauscht, und Quaisser spielte gegen Mill, der körperlich viel besser zum ihm passte. Gelbe Karten sah der Mannheimer kaum, weil der schnelle und wendige Ausdauertyp kaum grätschen musste. 126 Bundesligaspiele bestritt Ulf Quaisser, ein Tor erzielte er nicht. Auch dazu weiß er eine schöne Geschichte. „In Köln habe ich mal nach einem Solo über den halben Platz gegen Toni Schumacher getroffen. Aber das Tor zählt nicht, weil Kalle Bührer einen Gegenspieler gefoult hat“, erinnert sich Quaisser. Auch in Stuttgart wäre ihm fast ein Tor gelungen, doch kurz bevor der Ball über die Linie getrudelt wäre, schoss ihn Bührer ins Netz. Den Verein hat Quaisser in der Bundesliga nie gewechselt, obwohl er als 19-Jähriger in der Elf des Jahres der Sportzeitung „Kicker“ gestanden hat. „Vielleicht hat Waldhof auch alle Anfragen abgeblockt. Aber ich trauere dem nicht nach. So wie es gelaufen ist, ist es okay“, versichert Quaisser. Der Abschied von seinem Verein verlief unschön. Der Verein habe ihm das Gehalt deutlich kürzen wollen. Das hat den Mann, der für den SV Waldhof durchs Feuer gegangen wäre, mächtig gewurmt. Am Fußball ist der mit seiner Frau Nicole verheiratete Quaisser heute nur noch in Maßen interessiert, so wahnsinnig viel hat er damit nicht mehr am Hut. Prominentenspiele bestreitet er nicht, weil er sich nicht für prominent hält. Trainer wollte er nie werden, und im Fernsehen sieht er allenfalls die Sportschau. „Eine 90-Minuten-Live-Übertragung ist mir zu lang“, sagt er. Stattdessen spielt er in Geinsheim Golf (Handicap 15), ohne aber an Turnieren teilzunehmen. Und im Hause Quaisser in Haßloch ist bei sieben Kindern – darunter drei Pflegekinder – im Alter zwischen vier und 21 Jahren sowie zwei Hunden und drei Katzen immer etwas los. (thl)

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