Neustadt Romantik zwischen jungem Farn und alten Bäumen: Neustadter Sinfoniker spielen im malerischen Park des Klosters

Das Sinfonieorchester Neustadt spielte unter Leitung von Jürgen Weisser Werke von Schumann, Honegger und Saint-Saëns.
Das Sinfonieorchester Neustadt spielte unter Leitung von Jürgen Weisser Werke von Schumann, Honegger und Saint-Saëns.

Ein leichter Wind weht durch die Baumkronen, die üppigen Farne entlang der Sandsteinmäuerchen wiegen ihre Wedel vor der Orchesterkulisse im Schatten der überragenden Gesteinswand, vor der die Melodien zu den Zuhörern getragen werden. Die Kulisse war einfach perfekt im lauschigen Park des Neustadter Klosters, wo das Sinfonieorchester Neustadt unter Leitung von Jürgen Weisser am späten Sonntagnachmittag in gewohnter Klangqualität einen Dreiklang romantischer Kompositionen präsentierte .

Als Solistin zur Sommerserenade aus Baden-Württemberg angereist war die Harfenistin Karin Schnur. Anschwellende Tontropfen rinnen bei Camille Saint-Saëns „Morceau de Concert“ von ihren kraftvoll arbeitenden Fingerkuppen. Sie entlockt den Saiten ihres Instruments sinnliche Klänge in ebenso fließenden Glissandi, wie manch temperamentvoll perlende Arpeggien vor einem einfühlsam in begleitender Untermalung zurückgenommenem Orchester. Schnur, die ihr Solistenexamen an der Musikhochschule Karlsruhe bei der bekannten Neustadter Harfenistin Maria Stange abgelegt hat, schließt mit ihrem Auftritt bildlich an ein zu Konzertbeginn ausschließlich vom Orchester gespieltes, kurzes, aber prägnantes Werk Arthur Honeggers an. Denn der Schweizer, der in Frankreich seinen Lebensmittelpunkt hatte, zeichnete musikalisch mit der „Pastorale d’été“ sehnsuchtsvoll blühende Berglandschaften, grüne Almen und plätschernde Gebirgsbäche in die Gedanken- und Gefühlswelt der Zuhörerinnen und Zuhörer. Natureindrücke, die auch zu Camille Saint-Saëns’ Stück passen.

Ein Konzert mit besonderer Würze

Stimmungsvoll leicht ist das Programm in weiten Teilen, passend zum Nachmittag bei angenehmen Temperaturen und warmen Sonnenstrahlen, die mild zwischen dem Blätterwald durchblitzen. Zu Beginn dominiert die Harfe zunächst das Orchester. Dann jedoch umspielt sie dessen einzelne Instrumentalgruppen nach bemerkenswerten Melodievariationen hingebungsvoll. Entstanden war die Komposition bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Harfe nach Schattenjahrzehnten in Frankreich eine kleine Blütezeit erlebte. Nach dem klassischen Konzert lässt Schnur es sich nicht nehmen, ihr Instrument in einem weiteren Vorspiel zu präsentieren. Als zusätzliches Solostück ohne Orchester hat sie sich eine Komposition des zeitgenössischen Harfenkomponisten Bernard Andrès für ihren Auftritt ausgesucht – „Cannelle“, übersetzt „Zimt“, aus „Epices“, einem Zyklus über Gewürze, eine perfekte Wahl für einen sommerlichen Serenaden-Abend im Neustadter Klostergarten mit Percussionelementen auf dem Harfenkorpus.

Wie sie in der Pause erzählt, sei es einer ihrer Lieblingstitel, mit dem sie durch ihr abwechslungsreiches Spiel technisch versiert zeigen könne, welches musikalische Potential in einer Harfe stecke. Zurzeit zwar intensiv mit ihren Auftritten bei den Ludwigsburger Schossfestspielen beschäftigt, liege ihr dennoch immer am Herzen, ihre Zuhörer an anderer Stelle, durchaus auch etwa im Duett zweier Harfen mit einem rockigen „Smoke on the water“ zu überraschen, lacht sie.

Ein Schwergewicht: Schumanns 2. Sinfonie

Doch Rock und Pop sind an diesem Tag kein Thema. Die Musiker des Sinfonieorchesters stimmen sich und ihre Instrumente bereits auf die 2. Sinfonie Robert Schumanns, C-Dur, opus 61, ein. Jürgen Weisser, studierter Musiker, Pädagoge und Komponist, der seit über zehn Jahren das aus mehr als 50 Musikern bestehende Liebhaberorchester dirigiert, hebt den Taktstock. Erwartungsvolle Stille kehrt auf Stühlen, Bänken und Sitzliegen ein. Schumann hatte die Sinfonie im Jahr 1846 nach schwerer Krankheit fertig gestellt, die Uraufführung im Leipziger Gewandhaus wenig später brachte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. In Neustadt jedoch kommt das Stück ausgesprochen gut an. Die Streicher eröffnen harmonisch fließend das „Sostenuto assai- Allegro ma non troppo“. Blechbläser durchbrechen deren ruhiges Dahingleiten mit Fanfarenklängen, treiben voran, was sich nach den ruhigeren Fahrwassern während des Adagios zum Ende der Komposition kraftvoll wiederholt. Dort allerdings noch zusätzlich unterstützt von den Holzbläsern, bevor am Ende die ganze Präzision des Paukisten gefragt ist. Er beendet schließlich den energisch gesteigerten vierten Satz neben einem starken Orchesterabschluss mit seinen Paukenschlägen. Dirigent und Orchester freuten sich über minutenlangen, verdienten Applaus.

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