Sparen mit der Rheinpfalz Reparatur-Café: Wissen, wo der Hammer hängt

Das Dampfbügeleisen wird es wieder tun, wenn Markus Holler mit ihm fertig ist.
Das Dampfbügeleisen wird es wieder tun, wenn Markus Holler mit ihm fertig ist.

Immer am ersten Dienstag im Monat steht eine hoch motivierte Crew Ehrenamtlicher bereit, um Elektrogeräte vor der Müllkippe zu bewahren. Hilft das System den richtigen Kunden? Und könnte die aktuelle Teuerungswelle alles verändern?

Das Küchenmixgerät hat mehr als 30 Jahre auf dem Buckel und liegt auseinandergeschraubt im Regal des Reparatur-Cafés in der Spitalbachstraße 32. Das Innere ist völlig verrottet und erinnert an den alten Witz: Kommt ein Mann mit einem halben Grillhähnchen zum Tierarzt und fragt: „Ist da noch was zu machen?“ Ist es nicht. Nix zu machen war auch an der Kaffeemaschine von Frau Schmidt, die wirklich so heißt. Frau Schmidt hatte moniert, die Maschine laufe nicht mehr. „Sie läuft einwandfrei“, hört sie von den Experten des Reparatur-Cafés, „wir haben keinen Fehler gefunden.“ Frau Schmidt lächelt zufrieden und hinterlässt sowohl eine Geld- als auch eine Schokoladenspende.

Und dann ist da noch das Paar in den besten Jahren, das eine wertvolle Kaffeemaschine des Opas vorbeigebracht hat und erfährt, dass sie nur deshalb nicht ging, weil die Enkelgeneration noch nichts vom Entkalken gehört hatte. „Das sind so ein paar Eckpfeiler aus unseren Lieblingsfälle,“ sagt Michael Bub schmunzelnd. Er ist neben Peter Pfab Sprecher des Reparatur-Cafés.

Das leidige Stromkabel

Und zwischendrin sind dann so die normalen Sachen. Wie Stromkabel, die unter den Rasenmäher gekommen sind, Bohr- und Nähmaschinen, Staubsauger, Mikrowellen, Unterhaltungselektronik jeder Art, soweit sie von den Hilfesuchenden vorbeigebracht werden kann.

Für Handys und Fahrräder gelten Sonderregelungen. Die hängen mit der Motivation zusammen, mit der das Reparatur-Café 2015 als städtisches Projekt auf Initiative einer Mitarbeiterin der Bürgerecke Branchweiler ins Leben gerufen wurde. Michael Bub erläutert: „Wir wollen, dass nichts weggeworfen wird, was sinnvoll zu reparieren ist, Blickrichtung Ressourcenschonung und Umweltweltschutz.“ Genau dieser Aspekt, erläutert Ute Poh an diesem Dienstag, habe sie bewogen, ihren 30 Jahre alten Staubsauger „Vorwerk Kobold“ instandsetzen zu lassen.

Keine Konkurrenz

Zweiter Kerngedanke: das Soziale. Womöglich gibt es nicht wenige Mitbürger, die mit Blick auf ihr Portemonnaie froh sind, wenn ihre Reparatur nicht zu handelsüblichen Preisen, sondern nur gegen Bezahlung von Ersatzteilen plus einer freiwilligen Spende ausgeführt wird – und zwar von qualifizierten Fachkräften, die ehrenamtlich tätig sind und für die sicherheitstechnische Prüfung am Ende der Reparatur garantieren.

„Wir wollen dem Fachhandel nicht als unlautere Konkurrenz im Nacken sitzen“, betont Bub. Also wägen er und seine 14-köpfige Crew, überwiegend in Pension und früher in verantwortungsvollen Positionen tätig, bei Handys und Fahrrädern ab. „Wenn jemand mit einem 3000-Euro-Fahrrad kommt, schicke ich ihn in aller Regel zum Fachhandel“ sagt Bub. „Eine Softwarehilfe beim Handy kann man aber schon mal machen“, ergänzt Bubs Mitstreiter Werner Schork.

3000-Euro-Fahrrad?

An diesem ersten Dienstag im November steht ein älterer Mann vor der Tür, dessen Fahrrad nicht in den 3000-Euro-Verdacht gerät, ganz im Gegenteil. Immer am ersten Dienstag eines Monats ist Reparaturcafé-Tag, wobei das mit dem „Café“ eine Idee der Vor-Corona-Zeit war: Die Hilfesuchenden kamen in die Räumlichkeiten, in denen an allen Tischen stets heftig gedacht, geschraubt und gewerkelt wird, und konnten sich auch umsehen und plaudern.

Das Virus erzwang ab Ende 2020 einen Lockdown und danach neue Regeln, die sich als effizient herausstellten: Wer etwas zur Reparatur bringen möchte, spricht auf einen Anrufbeantworter, wird dann zurückgerufen. Bei diesem ersten Live-Gespräch kann möglicherweise schon geklärt werden, ob ein Reparaturversuch sinnvoll ist oder nicht. Wenn ja, gibt es eine Terminvergabe, der Hilfesuchende gibt seinen Sorgenfall vor der Tür ab, geht, wird später angerufen, holt das reparierte oder vielleicht doch als hoffnungslos klassifizierte Teil am selben Tag vor der Tür wieder ab. Etwaige Ersatzteile bezahlt er dann und wirft etwas in die Spendenkasse, aus der zum kleinen Teil interne Kosten bestritten, zum größten Teil Zuwendungen an die Bürgerecke getätigt werden.

Auch noch gut gelaunt

Der Eindruck: Es läuft, und zwar sehr gut, professionell, geschäftig und zugleich gut gelaunt. „Wir haben für jedes Problem mindestens einen Bastler“, erzählt Michael Bub. „Wir könnten mehr machen, wenn wir andere Räume mit der Chance auf Zusatztermine hätten.“ Fachkräftemangel ist bei dieser Crew offenbar ein Fremdwort. Wieso? „Wir haben Spaß dran, uns so zu engagieren“, unterstreicht Bub. Und wenn ein Spaßverderber kommt, der zum Beispiel einen völlig verdreckten Staubsauger – O-Ton Bub: „Knaschderbergwerk“ – abgibt, wird ihm freundlich, aber deutlich erklärt, wo der Hammer hängt.

Auch Materialknappheit scheint die Crew nicht zu fürchten, weiß offenbar, wo und wie die wichtigen Dinge zu bekommen sind. Zwei Drittel aller Reparatur-Aufträge würden erfolgreich abgeschlossen, sagt Bub. Kommt das auch den Richtigen auf der Abnehmerseite zugute, im Sinne des Sozialgedankens, oder gibt es auch „Mitnahmeeffekte“ vonseiten Gutbetuchter, die nur eine sehr kostengünstige Reparatur abstauben wollen? „Es kommt zum weit überwiegenden Teil den Richtigen zugute“, lautet Bubs Urteil.

Künftig mehr Kundschaft?

Werden wegen Inflation und Teuerung künftig noch mehr Bürger die Dienste des Reparatur-Cafés suchen? Bernadette Defaux, an diesem Tag einzige Frau im Team, ist Spezialistin fürs Nähen und für Nähmaschinen. „Eine gute Nähmaschine hält ewig“, sagt sie, „wenn man sie gut behandelt.“ Einen verschärften Kundenansturm auf das Reparatur-Café sieht sie – noch – nicht. „Heizlüfter“, sagt Michael Bub dagegen leicht sarkastisch, „sind meistens nicht gegen Erschütterung gesichert, viele werden kaputt gehen.“ Sein Ton lässt vermuten, dass sich das Reparatur-Café keinesfalls erschüttern lässt.

Info

Nächster Termin im Reparatur-Café in der Spitalbachstraße 32 ist am Dienstag, 6. Dezember, die Telefonnummer lautet 06321 9159829, die E-Mail-Adresse RepCafe-NW@gmx.de

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