Neustadt Reifenpoker beim Regenrennen

Jamie Green fuhr mit seinem Audi auf die Plätze sechs und sieben.
Jamie Green fuhr mit seinem Audi auf die Plätze sechs und sieben.

«Nürburg.» Es war zunächst nur auf dem Monitor zu sehen, auf dem die Rundenzeiten angezeigt werden. In der vorletzten Runde des gestrigen Rennens auf dem Nürburgring haben Mattias Ekström und sein Markenkollege Jamie Green die Plätze getauscht. Der Schwede fuhr danach als Sechster über die Ziellinie, der Brite kam auf Platz sieben.

Es waren einerseits wichtige Punkte für Ekström, der seine Führung in der DTM-Zwischenwertung ausbauen konnte. Für Green war es das deutliche Zeichen, dass Audi im Schlussspurt auf den zweifachen Meister setzt. Dabei hatte der Pilot aus dem Rosberg-Team seinen Kollegen drei Runden zuvor leicht überholen können, weil er die frischeren Reifen hatte. „Das ist Teamwork“, sagte der Brite hinterher, „Mattias ist der Spitzenreiter in der Gesamtwertung.“ Dabei hatte er sich in den wenigen Runden, in denen er vor Ekström gefahren ist, deutlich absetzen können. Mit diesem freiwilligen Platztausch konnte Ekström seine Führung sogar noch ausbauen, weil Samstag-Sieger Lucas Auer nach einem selbst verschuldeten Dreher ohne Punkte blieb. Und auch sonst hat Audi in der Eifel deutlich besser abgeschnitten, als vor dem Wochenende befürchtet. Schon in der Vorankündigung thematisierte Sportchef Dieter Gass, dass jeder Pilot des RS5 25 Kilogramm mehr Ballast als die BMW mit sich herumschleppen muss. Auf eine Runde auf der 3,629 Kilometer langen Piste bedeutet dies einen Zeitverlust von etwa 0,5 Sekunden. Dies war genau der Rückstand, den Jamie Green gestern im Qualifying als Elfter auf den Pole-Mann Marco Wittmann im BMW hatte. Im Rennen kämpfte sich Green Position um Position nach vorne. Bis er in der 29. von 40 Runden sich sogar einige Führungskilometer gutschreiben lassen konnte. Allerdings musste er kurz darauf an die Box, um seine Reifen zu wechseln. Mit dem frischen Gummi konnte er wieder angreifen. Gerne hätte der 33-jährige Brite wieder solche Bedingungen gehabt wie am Samstag. Da regnete es, typisch für die Eifel, bis auf eine kurze Trockenphase, während des gesamten Rennens. Schon mehrfach hat Green bewiesen, dass er auf nasser Piste zu den Besten im DTM-Feld gehört. Und bei Regen hat das Gewicht keinen so entscheidenden Einfluss. Insofern war er mit Platz sechs mehr als zufrieden. Zumal er wieder einmal von seiner immensen Erfahrung profitieren konnte: „Es war meine Entscheidung so lange draußen zu bleiben.“ Erst in der 30. von 33 Runden wechselte er die profilierten Reifen. Was Teambesitzer Keke Rosberg nicht sofort verstand. „Es wird doch schon trocken, warum wechselt Jamie nicht auf Slicks“, hatte der Ex-Formel-1-Weltmeister voller Verzweiflung gesagt. „Bei diesen Bedingungen war es schwierig, das Rennen zu lesen und den Überblick zu behalten“, erklärte Green, „aber ich mag diese Bedingungen, denn es gibt mir die Möglichkeit, meinen Kopf zu nutzen und eigene Entscheidungen zu treffen.“ Direkt vor ihm war sein Teamkollege René Rast als Fünfter ins Ziel gefahren. Auch der 30-jährige DTM-Rookie profitierte von seiner Erfahrung, die er bei den vielen Langstreckenrennen sammeln konnte. „Als ich die Entscheidung getroffen habe, auf Slicks zu gehen, hat es wieder angefangen zu regnen“, erzählte er. Deshalb habe zu sich gesagt: „Dann bleibe ich lieber draußen.“ Das war die genau richtige Entscheidung. Allerdings hatte auch sein Team die Nerven behalten. In der kurzen Phase, als es nicht regnete und die Piste zumindest auf der Ideallinie abtrocknete, unterließ es seine Boxencrew, ihn reinzuholen. Während Teamchef Arno Zensen und der Technische Leiter Francesco Nenci schon für einen Reifenwechsel plädierten, sagte Teammanager Kimmo Limatainen: „Draußen lassen. Die genau richtige Entscheidung.“ Dafür kam`s am Sonntag zur Panne. Rast stand 15 Sekunden aufgebockt vor der Garage, weil die Radmutter hinten rechts verloren gegangen war. Und das, wo Rast sowieso schon gehandicapt war. Denn am Samstag hatte er seine dritte Verwarnung für einen Rempler mit Maro Engel erhalten hatte („Ich hatte Untersteuern, bin dann nach außen gerutscht“), was eine Strafe von fünf Startplätzen nach hinten bedeutete. Statt von Position 13 musste er als Letzter losfahren. „Zum Glück kam heute alles Pech zusammen“, sagte Teamchef Zensen, „ein guter Boxenstopp hätte auch nichts geändert.“ Das sah sein Pilot anders: „Ohne das Malheur wäre Platz fünf drin gewesen.“ Auch wenn die richtig guten Ergebnisse ausgeblieben sind, der Ausflug in die Eifel endete mit einem blauen Auge. Und er brachte ein klein wenig Erleichterung. Die Differenz zu BMW beträgt nur noch 20 Kilogramm. Aber das ist immer noch ein großes Handicap beim nächsten Rennen in zwei Wochen auf dem Red-Bull-Ring. In Spielberg geht es mit einer maximalen Steigung von zwölf Prozent steil bergauf. Deshalb hat man bei Audi den Fahrertitel schon abgeschrieben. Aber um die Wertung des besten Teams will die Rosberg-Truppe kämpfen. Auf das beste BMW-Team haben sie 61 Punkte Vorsprung.

René Rast kassierte seine dritte Verwarnung.
René Rast kassierte seine dritte Verwarnung.
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