Neustadt „Kita-Personal ist heute schon an der Grenze“

Das neue Kita-Gesetz soll nach dem Willen der Bildungsministerin Hubig die Betreuungssituation verbessern. Erzieherinnen sind sk
Das neue Kita-Gesetz soll nach dem Willen der Bildungsministerin Hubig die Betreuungssituation verbessern. Erzieherinnen sind skeptisch.

Rund 100 Erziehungskräfte und Eltern haben an einer Info- und Diskussionsveranstaltung zum Entwurf des Kita-Gesetzes im K 4 teilgenommen. Dazu hatten Hans Beckmann, Staatssekretär für Bildung, und die SPD-Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß eingeladen.

Der Entwurf sieht den kostenfreien Besuch der Kita für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr, längere Betreuungszeiten am Stück und täglich ein warmes Mittagessen vor. Das soll die Betreuungssituation verbessern. Träger, Erzieher und Eltern haben Bedenken: Befürchtet werden Qualitätsverlust und Verschlechterung der pädagogischen Arbeit, zu wenig Personal und Zeit für die Kinder und weniger Möglichkeiten, den Bildungsauftrag umzusetzen. Erforderlich seien zur Umsetzung auch Investitionen in den Gebäudebestand. Besonders kritisch wird die Reform der Berechnung des Personalbedarfs und die Verteilung der Personalkostenzuschüsse gesehen, Personalabbau wird befürchtet. Kazungu-Haß betonte, kostenfreie Kitas und ein kostenfreier Zugang zur Bildung sei keine Luxus- sondern eine Existenzfrage. Der Gesetzentwurf sei Grundlage der Diskussionen vor Ort und im Parlament, bis zum Gesetz sei es noch „eine lange Arbeit“. Im Juni hatte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) ihren Gesetzesentwurf vorgestellt, das 2021 in Kraft treten soll. Das Land will jährlich 62 Millionen Euro zusätzlich ausgeben, um die Kitas fit für die Zukunft zu machen. Das Gesetz sieht Neuregelungen vor. Es soll einen Anspruch auf eine Betreuungszeit von sieben Stunden am Stück geben. Künftig sind alle Kinder ab zwei Jahre von Beiträgen befreit. Jede Kita soll ein Mittagessen anbieten. Die Berechnung des Personalbedarfs und der Verteilung der Personalkostenzuschüsse soll auf neue Grundlagen gestellt werden. Staatssekretär Beckmann, der gemeinsam mit Regina Käseberg, Leiterin der Abteilung Frühkindliche Bildung im Familienministerium gekommen war, sagte, eine Verabschiedung sei frühestens in der zweiten Hälfte 2019 zu erwarten. Die Novellierung des Gesetzes sei notwendig, um einen „Systemwandel“ auf den Weg zu bringen. Wichtig seien Planungssicherheit für die Eltern und längere Betreuungszeiten, gerade im ländlichen Raum. Ein Steigerung von derzeit 50 Prozent Ganztagsplätzen auf 80 Prozent sei nicht unrealistisch. Die gute Qualität müsse „in die Fläche getragen werden“. Die Stärkung des Mitbestimmungsrechts der Eltern auf Kita-, Kreis- und Landesebene und den Kita-Beirat „halten wir für innovativ“. Auch sollen Führungskräfte mehr Zeit für Leitungsfunktionen bekommen. Neben den 62 Millionen Euro, die zusätzlich zu den bereits 630 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt werden sollen, seien 46 Millionen Euro für ein „Sozialraumbudget“ geplant, das den Trägern die Reaktion auf örtliche Verhältnisse erlauben soll, außerdem 27 Millionen Euro für ein „Entwicklungsbudget“, das sicherstellen soll, das bisher besser gestellte Kitas auf ihrem hohen Level bleiben. „Die Kritik an dem Gesetzesentwurf nehmen wir sehr ernst“, betonte Beckmann. Kein Abbau, sondern mehr Ressourcen seien nötig. Kritik und Bedenken kamen von den Anwesenden. Der Kreisbeigeordnete Claus Potje (SPD) skizzierte die Folgen für den Kreis Bad Dürkheim. Rund 20 Millionen stünden für 87 Kitas, davon 13 ein- und 24 zweigruppige, bereit. Mit dem neuen Gesetz fielen Förderprogramme wie Sprachförderung oder interkulturelle Fachkräfte weg, ebenso der Trägeranteil, der sich zwischen 15 und 25 Prozent bewege. Personalkosten müssten neu verhandelt werden. Die Neuberechnung der Personalkosten, wenn mehr als acht Prozent der Kita-Plätze nicht belegt seien, sei fragwürdig. Der Bad Dürkheimer Bürgermeister Christoph Glogger (SPD) bewertete den Gesetzesentwurf als „richtigen Weg“, Vieles sei aber noch unklar, unter anderem die räumliche Ausstattung. Die Erzieherinnen und Erzieher hatten ebenfalls Bedenken: Das Personal sei häufig heute schon an der Grenze, Erzieherkräfte fehlten, auch die laut Statistik ausgewiesene sogenannte Erzieher-Kind-Relation, die die Zeiten der mittelbaren pädagogischen Arbeit einbeziehen soll, sei nicht realistisch. Der Betreuungsaufwand für Zweijährige sei hoch. Förderprogramme oder interkulturelle Fachkräfte seien notwendig. Die räumlichen Erfordernisse (Ruheräume, Küche) seien häufig nicht gegeben. Betreuung, Essen und Ruhezeiten nehmen nach Ansicht der Fachkräfte viel Zeit in Anspruch. Für kleinere Kitas forderten sie Sonderregelungen.

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