Neustadt Interview: „Will in diesem Jahr noch unbedingt mein erstes Podium schaffen“

Der Schweizer Nico Müller fuhr beim DTM-Rennen in Spielberg (Österreich) auf Platz fünf. Noch weiter vorne landete er kürzlich bei zwei 24-Stunden-Rennen: Am Nürburgring siegte er, in Spa wurde er Zweiter.

Herr Müller, in Spielberg war Halbzeit in der DTM. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Die erste Saisonhälfte war nicht optimal, aber auch nicht völlig misslungen. Ich habe das optimale Wochenende noch nicht erwischt. Obwohl Audi gut war und ich mit Platz fünf im ersten Qualifying von Hockenheim einen guten Start hatte, hat es nie richtig gepasst. Ich habe trotzdem Kilos ins Auto geladen bekommen. Ihr Teamkollege Jamie Green ist Tabellenführer gewesen. Wie können Sie von ihm profitieren? Ich profitiere nicht nur von ihm, sondern von all meinen Kollegen bei Audi. Wir arbeiten alle gut zusammen, alle Daten sind für alle offen. Inwiefern lassen sich diese bei unterschiedlichen Fahrstilen vergleichen? Unsere Fahrstile sind ähnlich, aber doch nicht ganz gleich. Deshalb kann man nicht einfach mit „copy and paste“ die Abstimmungen übernehmen. Wir versuchen, vom Setup schon ähnlich zu sein, um uns vergleichen zu können. Aber wir müssen es auch individuell anpassen. Jamie Green behauptet von sich, er sei Spätbremser ... Ich bin noch extremer auf der Bremse. Vielleicht zu extrem. Daran arbeite ich noch. Wie ist das Fahren im Mittelfeld? Das ist schon ziemlich anstrengend. Und hat mit Rennen fahren nur bedingt etwas zu tun. Jeder versucht, seine Position zu verteidigen oder nach vorne zu kommen. Und wie macht sich das bemerkbar? Nehmen wir das Samstag-Rennen in Spielberg. Als ich bei Herrn Spengler ankam, hat er gedacht, dass er silberne Farbe an seinem schwarzen Auto haben müsste und ist mir fünfmal in die Kiste gefahren. Das ist nur bedingt lustig. Mehr Spaß machen Ihnen sicherlich Ihre Ausflüge zu den 24-Stunden-Rennen mit dem Sieg am Nürburgring und zuletzt Platz zwei in Spa. Werden Sie zum Langstreckenspezialisten? Das würde ich nicht so sehen. Wenn es so läuft wie in diesem Jahr, dann ist das natürlich sehr schön. Aber mein Schwerpunkt liegt eindeutig auf der DTM. Ich will in diesem Jahr noch unbedingt mein erstes Podium schaffen. Wie lange benötigen Sie für die Umstellung von einem Langstreckenrennen auf die Sprints in der DTM? Das ist gar nicht so schwierig. Durch die intensiven Engagements und die Investments der Hersteller sind die Langstreckenrennen immer kompetitiver geworden. Deshalb läuft es letztendlich darauf hinaus, dass diese Rennen beinahe wie Sprints gefahren werden. Was bedeutet das für Sie als Fahrer? Dass ein Langstreckenrennen für uns auch immer anstrengender wird, weil wir über einen langen Zeitraum ganz nah am Limit fahren müssen. Wenn man′s schafft, dann erhöht dies sicher auch den Spaßfaktor. Eindeutig, der Spaßfaktor ist größer. Aber die Anstrengungen sind auch höher. Wenn man drei Stunden in der Kiste fährt, dann ist man kaputt. Was sicher nicht nur körperlich anstrengend ist? Nein, auch mental. Schon in der DTM darf man sich eigentlich keine Fehler leisten, bei einem Langstreckenrennen noch viel weniger, weil die Konsequenzen größer sind. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring oder in Spa findet eben nur einmal im Jahr statt, in der DTM gibt es immerhin 18 Rennen. Fördern die langen Kurse am Nürburgring und in Spa die Fehlerquote? Beide Strecken sind auf ihre Art ganz speziell. Und auf beiden gibt es drei, vier Stellen, an denen man ordentlich die Arschbacken zusammenkneifen muss und der Puls in die Höhe geht. Und das jede Runde. Wenn Sie einen Drei-Stunden-Stint (Abschnitt) fahren, haben Sie danach mehrere Stunden Pause. Schaffen Sie es zu schlafen? In Spa habe ich gar nicht geschlafen, da war die Pause zu kurz. Denn nach dem Aussteigen muss ich etwas essen, bekomme dann vielleicht noch eine Massage – und eine Stunde vor dem Einsteigen muss ich schon wieder bereit sein, damit ich das Auto übernehmen kann, falls ein unvorhergesehener Boxenstopp anfällt. Wie sehr müssen Sie bei einem Langstreckenrennen Ihr Auto schonen? Fast gar nicht mehr. Die Autos sind so gut, dass sie es aushalten, 24 Stunden am Limit bewegt zu werden. Wie lange brauchen Sie, um sich von so einem Rennen zu erholen? Der Montag ist schon happig. Ab Mittwoch ist es okay. Wenn man dann, so wie nach Spa, am nächsten Wochenende ein DTM-Rennen hat, dann versucht man, seine Kräfte zu sammeln.

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