Neustadt Im Kinosessel nach New York

Neustadt. Große Oper live? Wer das in Neustadt will, sah sich bisher auf die seltenen Gastspiele des Pfalztheaters im Saalbau beschränkt. Doch damit ist jetzt Schluss, denn im Oktober startet das Roxy-Kino mit Live-Übertragungen aktueller Opern-Inszenierungen aus der Metropolitan Opera in New York. Zehn Aufführungen sind bis Mai jeweils samstagabends geplant. Los geht’s am 8. Oktober gleich mit einem Schwergewicht, Wagners „Tristan und Isolde“ unter der Leitung von Sir Simon Rattle.

Der entscheidende Impuls, in Zukunft verstärkt das Klassik-Publikum anzusprechen, war für Kino-Betreiber Michael Kaltenegger der überraschende Erfolg des Konzertfilms mit Jonas Kaufmann, der im Frühjahr wegen der großen Nachfrage mehrfach wiederholt werden musste und es auch noch ins sommerliche Open-Air-Kino schaffte. „Da haben wir gemerkt, dass da ein großes Interesse besteht“, sagt Kaltenegger. Deshalb hat er nun im Sommer in seinem Kino technisch ein wenig aufgerüstet, einen speziellen Server angeschafft und Breitbandkabel zu den Projektoren verlegen lassen. Die Technik sei die gleiche wie bei Live-Schaltungen etwa für Olympia im Fernsehen, so der Kino-Chef. Die Bilder kämen über Internet und Glasfaser ins Haus. Die Übertragung erfolge in HD-Qualität mit 5.1-Ton und deutschen Untertiteln. Insgesamt umfasst das Angebot zehn Termine mit aktuellen Opern-Inszenierungen der Metropolitan Opera, die – das muss man Klassik-Fans natürlich nicht sagen – zu den allerersten Adressen der Opern-Welt gehört. Entsprechend klangvoll sind auch die Namen, denen man hier begegnet: Plácido Domingo ist in Verdis „Nabucco“ in der Titelrolle zu erleben, Rolando Villazón singt in Mozarts „Don Giovanni“ den Don Ottavio, während Simon Keenlyside in die Rolle des verhängnisvollen Verführers schlüpft. Und Anna Netrebko will an der Seite von Dmitri Hvorostovsky in Tschaikowskys „Eugen Onegin“ einen ihrer größten Triumphe der vergangenen Jahre wiederholen. Nicht minder prominent ist die Liste der Dirigenten und Regisseure. Damit die Übertragungen in Europa zu einer opernüblichen Zeit gezeigt werden können, beginnen die Aufführungen in New York um die Mittagszeit. Wie genau das abläuft, ob die Aufführungen zum Beispiel mit oder ohne Publikum stattfinden, weiß Kaltenegger selbst noch nicht so genau. Garantiert sei aber auf jeden Fall, dass immer die Originalbesetzungen und nicht etwa irgendeine B-Mannschaft zum Einsatz komme. Das hat seinen Grund: Die Übertragungen sind für die „Met“ ein gutes Geschäft. Auf über 2000 Leinwänden in 70 Ländern werden die New Yorker Inszenierungen mittlerweile ausgestrahlt. In Deutschland sind es knapp 200. Dieser Erfolg erklärt auch den Preis. Wesentlich teurer als jeder Hollywood-Film seien die Kosten für die Kinos, erklärt Kaltenegger und wirbt um Verständnis, dass er das ans Publikum weitergeben müsse. Das bekommt dafür in den Pausen, von denen es bei langen Opern sogar zwei gibt, auch ein besondere Palette an Getränken und Häppchen angeboten. Mit Mozart, Wagner, Verdi, Tschaikowsky, Gounod, Dvorák und Strauss bekommt das Neustadter Publikum in dieser ersten Saison dabei gleichsam das Who is who der Opern-Welt frei Haus geliefert. Allerdings gibt es mit der Oper „L`Amour de Loin“ der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, die 2000 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde, doch zumindest auch ein neueres Werk. Das Stück handelt von der verzehrenden Sehnsucht des Troubadours Jaufré Rudel de Blaye nach einer Frau, die er nie gesehen hat. Die Kritik hob dabei besonders die Musik mit ihren „reichen, weiten Klangflächen voll dunkler Melancholie, aber auch voll glitzernder Zauberklänge“ hervor. Eröffnet wird die Saison am 8. Oktober allerdings mit einem „Klassiker“, Wagners „Tristan und Isolde“ in der Neu-Inszenierung des Polen Mariusz Trelinski, die am 26. September in New York Premiere feiert. Die schwedische Sopranistin Nina Stemme singt dabei die Isolde, Stuart Skelton den Tristan, Ekaterina Gubanova die Brangäne und René Pape den König Marke. Noch Fragen? Die Übertragungen finden jeweils samstagabends im größten Saal des Roxy-Kinos in Neustadt statt. Beginn ist – je nach Länge der Produktion – um 18 Uhr oder 19 Uhr. Die Preise richten sich nach der Sitzreihe und liegen bei 22 Euro für die erste Reihe, 28 Euro für den Rest der vorderen Hälfte und 22 Euro für die hinteren Reihen. Abos für alle zehn Aufführungen kosten vorne 240 Euro, hinten 280 Euro. Karten an der Kinokasse (06321/2659) oder unter www.roxy.de. |hpö

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