Neustadt „Hart auf hart“ von T. C. Boyle

Neustadt. T. C. Boyles Anfang Februar in deutscher Übersetzung erschienener Roman „Hart auf hart“ (Hanser, 400 Seiten, 22,99 Euro) hat Hermann Speckert von der Neustadter Bücherstube so sehr beeindruckt, dass er ihn als sein Buch des Monats empfiehlt: „T. C. Boyle, 1948 in Peekskill/New York geboren, ist einer der bekanntesten Schriftsteller der USA. In 14 bislang publizierten Romanen entwirft er ein breites Panorama der amerikanischen Gesellschaft mit Themen wie Umwelt, Sexualität, Gesundheitswahn, Einwanderung oder Geschichte. Anders als andere Autoren, zum Beispiel Roth oder Updike, erzählt Boyle nicht aus der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft, sondern nimmt die Position des Außenseiters, Freaks oder scheinbar Verrückten ein. So ist es auch in seinem neuen Roman. Hier geht es um Freiheit in einer immer enger werdenden Welt, um das Aufbäumen gegen die Zwänge des Kollektivs und die damit verbundene Gewalt und die Angst vor dem Fremden. Im großartigen Auftaktkapitel lernen wir Sten Stensen und seine Frau Carolee kennen, die in Kalifornien leben. Er ist ehemaliger Schuldirektor und hochdekorierter Vietnam-Veteran. Bei einem Landausflug in Costa Rica im Rahmen einer Karibik-Kreuzfahrt werden sie von drei bewaffneten Männern überfallen. Deren Unerfahrenheit macht sich Sten zunutze und tötet einen von ihnen mit bloßen Händen. Die Polizei lässt ihn nach einigen zögerlichen Verhören laufen. Seine Tat macht ihn in Medien und Öffentlichkeit zum Helden. Sein Sohn Adam hat sich schon lange in eine Art Parallelwelt zurückgezogen. Er lebt im Haus seiner verstorbenen Großmutter, das er mit einer torlosen Mauer umgeben hat, um sich vor Fremden und „Aliens“ zu schützen. Will er sich in den Wäldern um seine verborgene Schlafmohnplantage kümmern, klettert er mit Nachtsichtgerät und Gewehr ausgerüstet über die Mauer. Sara, die dritte Hauptperson des Romans, lebt allein und schlägt sich mit Jobs als Hufschmiedin oder Aushilfslehrerin durch. Adam und Sara eint der Hass auf den Staat und seine Repräsentanten, die, wie vor allem die Polizei, die Ideale der amerikanischen Verfassung verraten haben. Argwöhnisch von Adams Eltern beobachtet, werden die beiden ein Paar. Adams großes Vorbild ist John Colter, ein draufgängerischer Trapper aus der Pionierzeit des Westens. Je weiter er sich aus der Realität zurückzieht, desto stärker identifiziert er sich mit Colter und begibt sich in eine paranoide Wahnwelt. Nur in den Tiefen der alten Redwood-Wälder findet er kurze Momente des Friedens. Als auch Adam einen Mann tötet, nimmt das Schicksal seinen Lauf. T.C. Boyle ist hier ein äußerst spannend und sehr flüssig und klar geschriebener großer Wurf gelungen. Ihm glückt eine beklemmende, realistische Darstellung der Gegensätze in der amerikanischen Gesellschaft, mit Bezügen auf ihre Geschichte und manchen karikaturhaften und ironischen Elementen. Mit seiner Direktheit, Konsequenz und Kompromisslosigkeit zielt Boyles vielleicht bester Roman direkt ins widersprüchliche Herz Amerikas.“ (wss/Archivfoto: lm)

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