Neustadt Großer Wumms und zarte Szenen

So sieht man sich wieder: Chris Pratt kehrt in „Jurassic World 2“ auf die Saurier-Insel zurück, um die Tiere vor einem Vulkanaus
So sieht man sich wieder: Chris Pratt kehrt in »Jurassic World 2« auf die Saurier-Insel zurück, um die Tiere vor einem Vulkanausbruch zu retten.

«Neustadt». Auf ein gutes Kinojahr 2018 hofft Michael Kaltenegger, Chef des Neustadter Roxy-Kinos, nach den Eindrücken, die er bei der „Münchner Filmwoche“, dem wichtigsten deutschen Branchentreff zu Beginn des Jahres, gewonnen hat. Alle Genres seien mit vielversprechenden Angeboten vertreten. „Hollywood ist stark, aber auch viele deutsche Produktionen machen einen sehr guten Eindruck“, so seine Einschätzung. Insgesamt wurden in München etwa 200 der rund 500 für 2018 angekündigten Neustarts zumeist in Kurzbeiträgen vorgestellt.

Dabei zeichnet sich auf der eine Seite eine wahre Blockbuster-Orgie mit vielen Fortsetzungen, Ablegern und Remakes erfolgreicher Formate vor allem aus dem Science-Fiction-, Fantasy- und Comicbereich ab, andererseits gebe es aber auch viele interessante Produktionen für ein Publikum jenseits des Teenager-Alters. Dazu zählt für Kaltenegger zum Beispiel „Die Verlegerin“ von Steven Spielberg, die am 22. Februar in die Kinos kommen soll. Meryl Streep spielt hier die Eigentümerin der „Washington Post“, die in den 70er Jahren entscheiden muss, ob ihr Chefredakteur (Tom Hanks) brisante Informationen über Amerikas Rolle im Vietnam-Krieg veröffentlichen darf. Auch zwei hochgehandelten Oscar-Anwärtern, „Lady Bird“ von Greta Gerwig (19. April) und „The Shape of Water“ (15. Februar) von Guillermo del Toro, räumt der Kino-Chef in Neustadt Zuschauerpotential ein. Bei „Lady Bird“, wo es um eine junge Frau geht, die ihren eigenen Weg sucht, beeindruckte ihn vor allem die Hauptdarstellerin Saoirse Ronan. „The Shape of Water“ ist ein ungewöhnlicher Fantasy-Film um einen Amphibienmann, der in die Mühlen des Kalten Krieges gerät, und seine nicht minder skurrile Retterin. Ebenfalls in Februar steht der als „der finale Höhepunkt“ angekündigte dritte Teil von „Fifty Shades of Grey“ an (7. Februar), der sicher wieder vor allem das weibliche Publikum ansprechen wird. Auf Frauen- und Starpower setzt auch „Ocean’s 8“, ein Ableger der Gaunerkomödien-Reihe mit George Clooney, bei dem Sandra Bullock zusammen mit Kolleginnen wie Cate Blanchett und Rihanna beweist, dass sie sich als Meisterdiebin nicht hinter ihrem Bruder Danny Ocean verstecken muss (Start: 21. Juni). Als „schönes Unterhaltungskino“ charakterisiert Michael Kaltenegger diesen Film, eine Bemerkung, die sich auch auf die für Juli angekündigte US-Komödie „I Feel Pretty“ anwenden lässt, in der Amy Schumer eine Normalo-Frau spielt, die nach einer Kopfverletzung plötzlich glaubt, sie sehe aus wie ein Supermodel, und sicher auch auf den Musikfilm „Mamma Mia 2“ (19. Juli), in dem sich die ganze alte Mannschaft mit Meryl Streep, Amanda Seyfried, Pierce Brosnan, Colin Firth und Stellan Skarsgård zehn Jahre nach dem ersten Teil wieder zum gemeinsamen Anstimmen unsterblicher „Abba“-Hits zusammen findet. Neu mit dabei ist Sängerin Cher als Großmutter der Patchwork-Familie. „Mamma Mia 2“ hat sicher das Potential, einer der großen Publikumserfolge des Jahres 2018 zu werden, aber generell ist es ziemlich schwer einzuschätzen, welche Filme zum Kassenhit werden und welche zum Rohrkrepierer – selbst für einen Fachmann wie Kaltenegger. Man muss aber sicher kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass viele der mit Millionen-Budgets produzierten Hollywood-Blockbuster 2018 auch in Deutschland ordentlich Kasse machen werden. Dabei steht gleich am 1. Februar mit „Maze Runner 3“ der von den Fans schon lange erwartete mutmaßliche Abschluss der dystopischen Sci-Fi-Filmreihe an. Am 15. März gibt es 15 Jahre nach dem ersten Film mit Angelina Jolie in „Tomb Raider“ eine Wiederbegegnung mit der legendären Computerspielheldin Lara Croft, bei der Alicia Vikander die junge Lara mimt, die ihr Handwerk erst noch lernen muss. Ebenfalls ein „Prequel“, wie Filme genannt werden, die die Vorgeschichte bereits bekannter Stoffe erzählen, ist „Solo“, der am 24. Mai in die Kinos kommt, ein „Star Wars“-Ableger, der die frühen Jahre Han Solos beleuchtet. Am 7. Juni folgt „Jurassic World 2“ mit dem Nebentitel „Das gefallene Königreich“, bei dem Chris Pratt auf die Saurier-Insel zurückkehrt, um die possierlichen Tierchen vor einem Vulkanausbruch zu retten. Bereits am 5. April startet außerdem ein weiterer Film von Steven Spielberg, „Ready Player One“, mit dem der Star-Regisseur 13 Jahre nach „Krieg der Welten“ wieder zum Sci-Fi-Genre zurückkehrt. Es geht um eine Zukunft, in der sich die unterdrückte Menschheit in virtuelle Welten flüchtet. Die paar Sequenzen, die er in München sehen konnte, seien äußerst bildgewaltig gewesen, sagt Kaltenegger. Wie eine Mischung aus „Mad Max“ und Piratenfilm wirkte dagegen „Mortal Engines – Krieg der Städte“ auf ihn, der für Ende des Jahres angekündigt ist. Hier führt ein anderer großer Filmmagier Regie, Peter Jackson, und es geht um mobile Städte, die in der Zukunft nach den letzten Ressourcen der Erde suchen und sich dabei gegenseitig bekämpfen. Ansonsten sind originelle Ideen in diesem Kinosegment 2018 eher Mangelware: Angekündigt sind unter anderem „Pacific Rim 2“, „Transformers 6“, „Deadpool 2“, „Ant-Man 2“, „Phantastische Tierwesen 2“ und auch ein neuer „X-Men“-Film: „Dark Phoenix“. Unter den Comic-Verfilmungen ragt dabei vielleicht Marvels „Infinitiy War“ heraus (26. April), bei dem sich die gesamte Avengers-Mannschaft einschließlich der „Guardians of the Galaxy“ versammelt, um den Oberbösewicht Thanos zu stoppen. Aber auch klassische Actionfilme ohne Fantasy-Trara gibt es 2018 natürlich: So startet am 1. März „Red Sparrow“ mit Jennifer Lawrence als russische Geheimagentin. Für 8. März ist „Death Wish“ angekündigt mit Altstar Bruce Willis als Racheengel, der den Tod seiner Familie mit viel Blei „verarbeitet“, was so ähnlich auch Denzel Washington in „The Equalizier 2“ gut beherrscht (2. August). Tom Cruise rettet ebenfalls ab August in „Mission Impossible 6“ wie gewohnt als Agent Ethan Hunt die Welt, und Dwayne Johnson spielt in „Skyscraper“ (12. Juli) den Security Chef im höchsten Wolkenkratzer der Welt, der seine Familie bei einer Brandkatastrophe retten muss. Schon am 8. März startet das Kriegsdrama „Operation: 12 Strong“ mit Chris Hemsworth über eine berittene US-Spezialeinheit im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan. Ein eher ungewöhnlicher Abenteuerfilm, der in München einen guten Eindruck auf Kaltenegger gemacht hat, ist auch „Alpha“, der im September in die deutschen Kinos kommen soll. Der Film, der im Original „The Solutrean“ heißt, spielt im eiszeitlichen Europa und kommt garantiert ohne große Dialoge aus. Mit Spannung erwartet der Neustadter Kino-Chef auch das Remake von „Papillon“ (24. Mai), dem Gefangenendrama aus dem Jahr 1973 mit Steve McQueen und Dustin Hoffman: „Die Bilder, die ich gesehen habe, sahen toll aus.“ Geradezu euphorisch ist Kaltenegger auch, was die deutschen Produktionen anbelangt. „Das könnte ein sehr gutes Jahr im Sinne von Marktanteilen für den deutschen Film werden“, sagt er und nennt gleich eine ganze Reihe von Streifen unterschiedlicher Genres, die ihn beeindruckt haben. An erster Stelle steht für ihn hier „Der Junge muss an die frische Luft“, Caroline Links Verfilmung der ergreifenden Jugendgeschichte von Hape Kerkeling, die im Herbst in die Kinos kommen soll. Der Film besteche vor allem durch einen „fantastischen“, jungen Hauptdarsteller, der dem Komiker und Moderator auch wirklich ähnlich sehe, so der Roxy-Chef. Auch dem neuesten Film von Til Schweiger traut Kaltenegger viel zu: „Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken“ (20. September) verbinde Humor mit Tiefgang in der Tradition von „Honig im Kopf“ und „Keinohrhasen“. Bereits am 8. März startet das Roadmovie „Vielmachglas“, in dem Jella Haase, bekannt geworden als Chantal in „Fack Ju Göhte“, von ihrem Bruder Matthias Schweighöfer ein Glas geschenkt bekommt, in dem sie ihre Erinnerungen an aufregende Erlebnisse sammeln soll. „Sehr lustig“ verspreche auch Bülent Ceylans Culture-Clash-Komödie „Verpiss dich, Schneewittchen!“ zu werden, der ab 29. März zu sehen ist. Der Mannheimer Comedian, der wegen seiner langen, schwarzen Haare den Spitznamen Schneewittchen trägt, spielt darin einen Musiker, der dringend eine Band braucht, um bei einem Wettbewerb auftreten zu können. Eher für Dramatik und Spannung sorgt dagegen ein anderer deutscher Comedian mit seiner neuesten Produktion: Michael „Bully“ Herbig erzählt in „Der Ballon“ von der unglaublichen Flucht zweier Familien mit einem selbst gebauten Heißluftballon aus der DDR. „Das wird sicherlich wesentlich erfolgreicher sein als die Disney-Verfilmung des gleichen Stoffes aus dem Jahr 1982“, erwartet Kaltenegger (Start im Herbst). Was gibt es sonst noch? „Abgeschnitten“ mit Moritz Bleibtreu ist ein Thriller um einen Serienmörder nach einem Roman von Sebastian Fitzek, „Der Vorname“ von Sönke Wortmann die Filmversion eines französischen Theaterstücks, das auch schon im Saalbau zu sehen war, in der sich eine Familie – darunter Christoph Maria Herbst und Florian David Fitz – darüber in die Haare gerät, ob man sein Kind heute noch Adolf nennen darf, und „Trautmann“ eine ergreifende Fußballer-Biografie von Marcus H. Rosenmüller über einen deutschen Kriegsgefangenen, der in England als Torwart die Herzen der Fans erobert. Besonders gefallen hat Michael Kaltenegger in München aber auch der neue Film von Wim Wenders: In der Dokumentation „Pope Francis. A Man of his Word“, die auf Initiative des Vatikans zustande kam, spreche Papst Franziskus über Themen wie ökologische Verantwortung, Migration, Konsumverhalten und soziale Gerechtigkeit und wende sich dabei ganz direkt an die Zuschauer Traditionell sorgen auch die großen Filmländer Frankreich und Großbritannien immer wieder für Kassenerfolge in Deutschland: Die „Ziemlich beste Freunde“-Regisseure bringen mit „Das Leben ist ein Fest“ am 1. Februar eine Komödie um eine total verunglückte Hochzeitsfeier, „Madame Aurora und der Duft von Frühling“ (26. April) ist eine französische Liebeskomödie für das reifere Publikum, und „Willkommen bei den Sch’tis“-Macher Dany Boon spielt in „Die Sch’tis in Paris“ (22. März) einen wohlsituierten Hauptstädter, der nach einem Unfall in den Dialekt und das Verhalten seiner Jugendzeit in der Provinz zurückfällt. Auch die Komödie „Die Pariserin“ (19. April) um eine junge Frau aus der Metropole, die ein Geschäft im Baskenland übernimmt und mit den lokalen Gepflogenheiten zurechtkommen muss, hat Kaltenegger gut gefallen, ebenso wie eine ganz ähnlich angelegte Geschichte aus England: „Der Buchladen der Florence Green“ (10. Mai). Außerdem ist auch Rowan Atkinson zurück als debilster Agent ihrer Majestät: „Johnny English 3“ ist für Ende des Jahres angekündigt. Bleibt noch das Segment der Kinder- und Familienfilme: Kalteneggers Geheimfavorit ist hier „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“, die Realverfilmung der von der „Augsburger Puppenkiste“ her bekannten Geschichte von Michael Ende, die am 29. März startet und und ihn in der Machart an „Die unendliche Geschichte“ erinnert. „Hotel Transsilvanien 3“ (19. Juli) mit Dracula & Co. und „Die Unglaublichen 2“ (27. September) um die nicht ganz alltäglichen Probleme einer Superheldenfamilie sind sicher auch in Neustadt Quotengaranten, ebenso wie die Disney-Produktion „Der Nussknacker und die vier Reiche“ (22. November), nach Kalteneggers Eindruck ein Animationsfilm im typischen Disney-Zuckerstil à la „Die Schöne und das Biest“. Gefallen hat ihm auch, was er in München von „Peter Hase“ sehen konnte, ebenfalls ein Trickfilm aus den USA: super süß, lustig und in der Art von „Ein Schweinchen namens Babe“, so sein Urteil. Für Ende des Jahres seien außerdem noch Remakes des Musicalklassikers „Mary Poppins“ und der Monsterkomödie „Der Grinch“ annonciert. In der Praxis komme es angesichts der Fülle nun darauf an, dass die Verleiher die Neustarts vernünftig terminierten, so Kaltenegger, damit keine Schwemme zu bestimmten Zeiten entstehe. Denn viele der auch in diesem Artikel genannten Daten – vor allem in der zweiten Jahreshälfte – sind noch nicht endgültig. Generell geht der Roxy-Chef davon aus, dass er auch nach der für Ostern angekündigten Eröffnung des Konkurrenzkinos in der Louis-Escande-Straße weiter so mit Filmen beliefert wird, wie das bisher der Fall war. Durch die Digitalisierung sei hier alles viel einfacher geworden. „Ich gehe aber davon aus, dass wir viele Überschneidungen bekommen“, so seine Einschätzung, wie es auch weiter Filme geben werde, die von den Verleihern von vorneherein nur in Groß- und Universitätsstätten gestartet würden. Insgesamt zeigte das Roxy-Kino im vergangenen Jahr 270 verschiedene Filme, darunter 150 im regulären Programm, etwa 50 in der Kunstfilmreihe „Arthouse“, 30 als Spezialangebote etwa in der Opernreihe und 40 einmalig in der „Sneak-Preview“. Die Top 3 waren „Fack Ju Göhte 3“, „Star Wars – Die letzten Jedi“ und „Ich - einfach unverbesserlich 3“.

Jennifer Lawrence spielt in „Red Sparrow“ eine russische Geheimagentin.
Jennifer Lawrence spielt in »Red Sparrow« eine russische Geheimagentin.
Der Mannheimer Comedian Bülent Ceylan ist ab März in der Culture-Clash-Komödie „Verpiss dich, Schneewittchen!“ zu sehen.
Der Mannheimer Comedian Bülent Ceylan ist ab März in der Culture-Clash-Komödie »Verpiss dich, Schneewittchen!« zu sehen.
Bei „Fifty Shades of Grey“ kommt es im Februar zum „finalen Höhepunkt“.
Bei »Fifty Shades of Grey« kommt es im Februar zum »finalen Höhepunkt«.
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