Neustadt „Glaube ist, was der Mensch daraus macht“

Steffen Wiedemann aus Geinsheim hat einen außergewöhnlichen protestantischen Lebenslauf: Mit 50 hat er sich konfirmieren lassen. Er hat, soweit es seine Zeit erlaubte, auch das Konfiprogramm, inklusive der Freizeit, mitgemacht.

Und er hat Humor: Bei den Konfirmanden bedankte er sich dafür, dass sie die Anwesenheit eines „Playstation- und Gameboy-freien älteren Herren“ in ihren Reihen tolerierten. Jetzt will der Tiermediziner, der mit dem von seiner Frau Michaela gegründeten Förderverein „Lachspender“ die Stiftung „Humor hilft heilen“ des Fernsehdoktors Eckart von Hirschhausen unterstützt, für das Presbyterium der Kirchengemeinde Gommersheim-Freisbach kandidieren. Steffen Wiedemann, geboren 1963 in Speyer und aufgewachsen in Baden-Württemberg in einem Elternhaus, wo freies Denken und freie Entfaltung unterstützt wurden, hat als junger Mann erlebt, „dass der Glaube das ist, was der Mensch daraus macht“. Auf Umwegen und nach 14 Umzügen kam Wiedemann 1998 wieder in die Pfalz. Die Familie, zu der zwei Kinder, ein Hund und ein Zwergkaninchen gehören, lebt in Geinsheim. Es sollte indes noch einige Zeit dauern, bis Wiedemann zum ersten Mal den Gottesdienst in seinem Heimatort besuchte. Und nachhaltige Eindrücke mit nach Hause nahm. Seit einem „Offenbarungserlebnis“ in einem Berghotel namens „Paradies“ im Jahr 1999 habe er um das Vereintsein des Weiblichen und Männlichen in Gott gewusst, schildert Wiedemann. „Insofern waren die seit der Veröffentlichung des Romanes „Der Da Vinci Code“ populär gewordenen Ansichten, Einsichten und Auffassungen über die Rolle des Weiblichen in der Religion für mich sowohl spannend als auch ermunternd und bestätigend.“ 2013, ein Jahr nach der Konfirmation seines Sohnes Sven, sei es in dem von dem damaligen Konfirmationsjahrgang gestalteten Gottesdienst um genau diese Wesenheit Gottes gegangen. „Auf dem Heimweg spürte ich, wie sich eine Art innere Wärme in mir ausbreitete und mit ihr die Gewissheit, mich konfirmieren lassen zu wollen.“ Das sei nicht zuletzt auch ein Verdienst von Gemeindepfarrerin Martina Horak-Werz. Das Bild, das sie von einem Gott zeichne, der das Weibliche nicht ausschließe, der beides sei, Mann und Frau, habe ihn überzeugt. Inzwischen hat Wiedemann in der protestantischen Kirchengemeinde Gommersheim-Freisbach, zu der Geinsheim gehört, fest Fuß gefasst. So war er in einem kabarettistischen Gottesdienst zu erleben, der unter dem Titel „Isch kandidiere ...“ auf die Presbyteriumswahlen einstimmen sollte. Mitgespielt hat Wiedemann auf Initiative seiner Frau Michaela. Sie hatte ihre Erfahrungen aus Lebensberatung und Kabarettspielen in das Organisationsteam rund um Pfarrerin Horak-Werz eingebracht. Dieser „andere“ Gottesdienst hat seiner Ansicht nach zwei wesentliche Ziele erreicht: ein volles Gotteshaus und „das Bewusstsein, dass Kirche so ist, wie sie von ihren Mitgliedern gelebt wird“. Engagement für die Kirche sei für ihn Engagement für die Gemeinde und insbesondere für jene, die ihrer besonderen Zuwendung bedürften. Etwas zu bewegen bedeute daher, die Bedürfnisse der Gemeinde zu hören und im Dienste einer Bewegung von unten Ideen zu verwirklichen: „Mit meinem Glauben als wesentliche Grundlage – da ist für mich die Schnittstelle zwischen Glauben und Institution.“ (lk)

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