Neustadt Gigantische Aufholjagd des DTM-Titelverteidigers René Rast

Mechaniker Armin Joerß rollt einen Reifen für das Auto von René Rast herbei: Ein kalter Reifen muss neuerdings einen Druck von 1
Mechaniker Armin Joerß rollt einen Reifen für das Auto von René Rast herbei: Ein kalter Reifen muss neuerdings einen Druck von 1,3 Bar aufweisen.

«Neustadt.» Und plötzlich wird René Rast wieder als Kandidat für den Titel im Deutschen Tourenwagen-Masters (DTM) gehandelt. Bis auf Platz drei hat sich der amtierende Champion, der für das Neustadter Team Rosberg fährt, nach vorn gearbeitet. Vor ihm liegen nur noch die beiden Mercedes-Piloten Gary Paffett und Paul di Resta. Die haben aber 57 beziehungsweise 55 Punkte Vorsprung. Trotzdem warnt Paffett: „Bei René Rast andererseits ... wer weiß? Er ist in Topform und hat seit Zandvoort unglaublich viele Punkte gesammelt. Damit hat er richtig viele Zähler auf uns gutgemacht.“

Diese Aufholjagd ist gigantisch. Nach vier Rennwochenenden war Rast mit 23 Punkten gerade einmal auf Platz 14 zu finden. Dann kam Zandvoort und sein überraschender Sieg. Es folgten Podien in Brands Hatch und Misano. Mit dem historischen Triumph am Nürburgring mit zwei Pole-Positions und zwei Siegen macht das 126 Punkte aus den vergangenen acht Rennen. „Wenn René so weitermacht wie am letzten Wochenende, dann hat er definitiv noch eine Chance“, sagt der Tabellenführer. „Wir müssen ihn im Auge behalten.“

 Verschiedene Autos gewohnt

 Bei der Ursachenforschung nach Rasts Stärke muss man sich ein wenig mit seiner Laufbahn beschäftigen. Erst mit 29 Jahren hat der gebürtige Mindener sein erstes DTM-Rennen bestritten. Davor war er in mehreren Serien unterwegs, vor allem in Markenpokalen. „Er ist seit Beginn seiner Karriere gewohnt, mit den verschiedenen Autos zu fahren“, sagt Audi-Motorsportchef Dieter Gass. Und dann erklärt er: „Im Markenpokal hat man nicht die Gelegenheit, das Auto auf sich abzustimmen, sondern man muss sich dem Auto anpassen und versuchen, mit dem, was man hat, das Maximum zu erreichen. Ich glaube, das kommt ihm momentan ein bisschen entgegen.“ Das bestätigt auch Rast: „Ich kann die unterschiedlichen Fahrstile von unterschiedlichen Autos immer sehr schnell adaptieren.“ Bei den Rennen am Nürburgring musste sich der Pilot wieder neuen Rahmenbedingungen anpassen. Reifenlieferant Hankook hatte zum ersten Mal einen verbindlichen Reifenluftdruck ausgegeben. Die kalten Reifen mussten einen Druck von 1,3 Bar aufweisen. Zuvor gab’s lediglich eine Empfehlung von 1,1 Bar, die jedoch meist unterschritten wurde. „Wir mussten aus Sicherheitsgründen handeln“, sagte Manfred Sandbichler, Hankooks Motorsport-Direktor für Europa. „Wir hatten Reifenschäden“, gab Gass zu, „allerdings waren die alle auf externe Einwirkungen zurückzuführen.“ Fakt ist auch, dass einige Fahrzeuge nach den Rennen im Parc fermé auf platten Reifen dastanden. 

Schneller mit weniger Luftdruck

Die ersten, die die Wettbewerbsfähigkeit ihres Rennwagens mit Reduzierung des Luftdrucks erhöht haben, waren Jamie Green und Erich Baumgärtner. Das Rosberg-Duo, bestehend aus Fahrer und Ingenieur, veränderte schon beim dritten Rennen in der Lausitz das Setup des Rennwagens mit dieser Maßnahme. Green kam nach der ersten Runde an die Box, wechselte die Reifen und fuhr so von Startplatz 16 auf Position sechs. Ähnlich agierten auch Rast und sein Ingenieur Florian Rinkes in Zandvoort. Ohne dass der Rennfahrer ein Auto auf der Strecke überholen musste, siegte er. Für DTM-Chef Gerhard Berger war diese Art Rennen zu fahren jedoch ein Ärgernis. Möglich, dass er deshalb mit dem Reifenlieferanten den Doppelpass spielte. Möglich auch, dass BMW Druck gemacht hat, weil diese plötzlich ins Hintertreffen gelangten. „Wir von BMW sind immer sehr anständig“, sagte Motorsportchef Jens Marquardt am Nürburgring auf die Frage, ob auch seine Ingenieure mit dem Luftdruck experimentiert hätten.

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