Neustadt Formschönes für den Alltag

Neustadt-Mussbach. Viel Außergewöhnliches, Individuelles, kurz: ein bisschen Kunst für den Alltag gab es wieder bei der Messe „Design und Gestaltung“ im Mußbacher Herrenhof. Der Kunsthandwerkermarkt, der am Samstag und Sonntag nach Angaben von Organisator Bernd Röter insgesamt rund 7000 Besucher anlockte, erlebte dieses Jahr seine 14. Auflage.

Unter den kreativen Ideen seiner rund 90 durch die Handwerkskammer der Pfalz und die „Galerie Forum“ im rheinland-pfälzischen Ockenheim handverlesenen Kollegen sticht Peter Hook qualitativ nochmals heraus. Seine originellen und doch gediegenen Sitzmöbel sind aus sehr hochwertigen Harthölzern wie Nuss- oder Kirschbaum gefertigt und bestechen durch ihre klaren Linien. Der Schreinermeister aus Weinheim setzt sich, wie er sagt, seit etwa zehn Jahren „intensiv mit der Materie Stuhl auseinander“. Seine Hölzer stammen aus den USA, wo er einige Jahre in Seattle lebte, und inzwischen aus dem Odenwald, wo er nicht etwa einzelne Bretter, sondern unzersägte Stämme kaufe. „Ich arbeite gerne aus dem ganzen Baum heraus“, erklärt er. Schicht für Schicht baut Hook dann mit Hilfe von Hautleim elegant gebogene Sessellehnen zusammen. Seine Möbelstücke, darunter auch seine sogenannten „Flowerpowertische“, die er mit der Kettensäge aus einem Stamm herausarbeitet, tragen allesamt Hooks typische Handschrift. Das kommt bei den Besuchern an – schon am frühen Samstagmorgen, direkt nach der Markteröffnung, hat er zwei Hocker verkauft. Über 5000 Euro muss man teilweise schon für einen Hook hinblättern. „Dafür halten die Sachen auch ein paar hundert Jahre.“ Nicht alles auf dem Markt ist ganz großes Kino, doch dafür gibt es hier auch wesentlich erschwinglichere Angebote, die das Auge ebenfalls erfreut. Ob Ledertaschen, Glasperlenschmuck oder afrikanische Körbe: Es gibt viel zu entdecken auf dem Hofgelände und im Kelterhaus. Zum Beispiel die geradezu schamanischen Textilkreationen der Diplom-Designerin Susanne Kiener aus Stahringen am Bodensee, die Filz, Papierelemente und Treibholz zusammenkomponiert und an lange Ketten hängt. Dazu kombiniert sie genoppte einfarbige Filzüberwürfe in organischen Formen. Eine Mode, wie geschaffen für wilde Frauen, die gerne ein bisschen aus der Reihe tanzen. Aus Bremen kommt Beate Niemeyer mit ihrer Mützenmanufaktur „MyMyssy“. „Kopfkunst“ nennt die Norddeutsche ihre selbstgefertigten farbenfrohen Designer-Kopfbedeckungen, auf denen kuschlige Puschel und Fellelemente ebenso Platz finden wie glitzernde kleine Metallobjekte – außergewöhnlich und doch alltagstauglich. Niemeyer möchte die nordische Design-Tradition mit neuen und originellen Perspektiven anreichern. So kam auch der Name „MyMyssy“ zustande: in Anlehnung an den im Finnischen so wohlklingenden Ausdruck für Mütze. Für die Autodidaktin sind ihre Kreationen aus hochwertigen Materialien genau die passenden Kopfbedeckungen für Stadtnomadinnen – und so was hört natürlich jeder Frau gerne, die ein bisschen anders sein will als die anderen. „Design und Gestaltung“ gibt es in Mußbach mittlerweile seit 14 Jahren. Doch die Zeiten hätten sich geändert, stellt Organisator Bernd Röter fest. Während den Besuchern früher das Geld lockerer gesessen habe, seien sie heute nicht mehr ganz so schnell kaufentschlossen. „Sie kommen, um sich zu informieren.“ Insofern sei der Markt für die Aussteller auch ein gutes Stück weit Werbung und Imagepflege. Manfred Braun aus Dannenfels (Donnersbergkreis), der in Mußbach schon von Anfang an dabei war und auch dieses Jahr wieder seine Keramiken und Lichtobjekte präsentierte, hat im Herrenhof schon viele Stammkunden gewonnen. Diese besuchten ihn später auch in seinem Atelier in der Nordpfalz. Der Töpfermeister, seit 35 Jahren im Metier, sieht sich mittendrin im Spannungsfeld von Kunst und Handwerk. „Ich verstehe mein Handwerk und brauche keine Hilfe von jemand anderem.“ Andererseits betrachtet er sich aber ebenso als Künstler. „Ich arbeite materialbezogen“, sagt er und will seine Arbeiten von daher als „angewandte Kunst“ verstanden wissen. So sehen das viele hier, zum Beispiel auch Helga Weilacher-Stieler aus dem südpfälzischen Frankweiler. Mit ihren unzähligen farbenfrohen Schals ist der Stand der studierten Textildesignerin ein echter Hingucker. Und besonders ins Auge fallen ihre plattierten Strickschals, die sie mit der Handstrickmaschine fertigt. „Plattiert heißt, ein Faden ist vorne, einer ist hinten“, erklärt sie. Und das verleiht ihren Arbeiten eine besondere Luftigkeit und die außergewöhnliche Optik, nach der die Marktbesucher hier jedes Jahr aufs Neue Ausschau halten. (ast)

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