Neustadt Erfahrung und sechs Sprachen

Jamie Green bescherte Francesco Nenci 2017 auf dem Lausitzring eine Sektdusche.
Jamie Green bescherte Francesco Nenci 2017 auf dem Lausitzring eine Sektdusche.

«Neustadt.» Wenn es um Erfahrung im Motorsport geht, dann hat Francesco Nenci beim Team Rosberg die Pole-Position inne. „Er verfügt auch über Formel-1-Erfahrung“, sagte Teamchef Arno Zensen stolz im September 2015, als der Italiener beim Neustadter DTM-Team als Technischer Direktor angeheuert hatte.

Neun Jahre war Nenci bei Toyota in Köln tätig, danach fünf Jahre beim Sauber-Team in Hinwil bei Zürich. Dem folgte ein Kurz-Gastspiel beim britischen Marussia-Team. Dort war er für das Fahrzeug von Jules Bianchi zuständig, als dieser 2014 in Suzuka so schwer verunglückte, dass er seinen schweren Verletzungen zehn Monate später erlag. Neuland betrat er zum Start der Formel E, als er als Renningenieur mit seinem Landsmann Jarno Trulli arbeitete. „Ich arbeite im Motorsport, seit ich mit dem Studium begonnen habe“, sagt der 49 Jahre alte Ingenieur aus Perugia. Studiert hat er Luft- und Raumfahrttechnik, speziell für Autos. „Audi war in der Vergangenheit aufgrund seiner Aerodynamik sehr wettbewerbsfähig“, sagt Nenci. Deshalb schmerzt ihn die momentane Situation besonders. Der RS5 wurde aerodynamisch zurechtgestutzt, um mehr Chancengleichheit im Kampf mit BMW und Mercedes herzustellen. Doch seitdem fuhren Audi und das Team Rosberg meist hinterher. „Wir müssen das versuchen auszugleichen“, fordert er sich und seine Kollegen. In Zandvoort hat dies mit dem ersten Saisonsieg eines Audi von Champion René Rast geklappt. Als Nenci beim Team Rosberg angefangen hatte, hatte er sich alle Abläufe angeschaut und weiter optimiert. Immer mit dem Ziel, noch besser zu werden. Dies betrifft die DTM, aber auch das GT-Projekt mit den Lamborghini Huracan. „Wir versuchen, die Autos im Rahmen der engen Möglichkeiten weiterzuentwickeln“, sagt er. Seine Erkenntnisse schickt er auch Audi-Motorsportchef Dieter Gass. Grundsätzlich einmal ist der Italiener froh, dass er in der DTM arbeiten kann. Er zieht sogar einen Vergleich zur Formel 1. „Die DTM ist die Serie mit dem höchsten Niveau für Fahrzeuge mit Dach“, schwärmt er, „die Formel 1 ist dies für Fahrzeuge mit freistehenden Rädern.“ In beiden Serien würde gleich professionell gearbeitet. Obwohl Nenci schon viel in der Welt rumgekommen ist, fühlt sich der Italiener, der sechs Sprachen spricht, zusammen mit seiner brasilianischen Frau und seiner Tochter in Neustadt sehr wohl: „Ich mag dieses kleine Weinstädtchen.“ Vor allem aber mag er, „dass ich in einer schönen Landschaft Rad fahren kann, ohne überfahren zu werden“. Wie lange das noch sein wird, weiß der Weltenbummler nicht. Aber die Weinstraße könnte noch längere Zeit sein Zuhause bleiben. „Deutschland ist das beste Land, in dem man leben kann“, sagt er überschwänglich. Und Nenci hat ja Erfahrung.

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