Neustadt Ein Herz für Straßenhunde

Einfach zusammengenagelte Holzbretter dienen als Zwinger. Hunde drängen sich darin. Sie sind abgemagert und mit Narben übersät. Einige starren apathisch in die Luft. Ihr Fell ist stellenweise mit Kot verschmiert. Teilweise gibt es nur ein oder zwei Pfleger für über 100 Tiere. Für eine liebevolle Ansprache der Vierbeiner bleibt keine Zeit. So sieht der Alltag in vielen südeuropäischen Tierheimen aus. Die Neustadterin Gabi Grünebaum möchte den Hunden eine Perspektive geben. Dafür sucht sie hierzulande Pflegestellen. Grünebaum ist seit einem knappen halben Jahr zweite Vorsitzende des Vereins „Hoffnungsvolle Tierblicke“ mit Sitz im hessischen Beerfelden. Der Verein vermittelt Hunde aus Spanien, Kroatien, Bosnien und neuerdings auch aus Rumänien. Um die Tiere schnell nach Deutschland zu holen, sucht der Verein Pflegestellen. Dort kommen die Vierbeiner vorübergehend unter, bis sie ein „Herrchen“ gefunden haben. „Pflegestellen sind nicht leicht zu finden“, sagt Grünebaum. Obwohl sie in der Region viele Aushänge mache, melde sich kaum jemand. Die meisten Menschen würden sich eher dauerhaft für ein Tier entscheiden. Häufig sei sie mit dem Argument konfrontiert, dass man sich von einem Vierbeiner nicht mehr trennen könne. Das Ehrenamt verlangt Grünebaum einiges an Ausdauer ab. Je nachdem, wie viele Pflegestellen der Verein an der Hand hat, können mehr oder weniger Hunde nach Deutschland geholt werden. Grünebaum schaut sich die Pflegestellen vorher genau an. Wie sind die Menschen? Haben sie genug Platz für ein Tier? Wie würden sie reagieren, wenn der Hund erkranken würde? „Oft spielt mein Bauchgefühl eine Rolle“, erzählt die Tierschützerin. Bisher habe sie immer die richtige Entscheidung getroffen. Der Hund kommt zunächst für eine Woche zur Pflegefamilie. Danach treffen Verein und Pflegefamilie gemeinsam eine endgültige Entscheidung. Der ein oder andere Hund habe so auch schon eine neue Heimat gefunden. Grünebaum ist seit vier Jahren im Tierschutz aktiv. Ihr Hund Paco stammt ursprünglich aus Spanien. Sie hat ihn aus einem Tierheim geholt. „Das Elend der Straßenhunde hat mir keine Ruhe mehr gelassen“, sagt sie. Heute nimmt Grünebaum Hunde in Pflege. „Anstelle eines zweiten Hundes wollte ich mehreren Hunden Starthilfe geben.“ Gerade hat sie den zweijährigen Pichu zu sich genommen. Er streunte durch ein spanisches Dorf in der Nähe von Madrid. Abgemagert und mit Blessuren übersät wurde er in einem Tierheim abgegeben. In den ersten Tagen bei den Grünebaums war Pichu sehr ängstlich und verstört. „Wer einen Straßenhund aufnehmen möchte, muss viel Zeit investieren“, erklärt Grünebaum. Vertrauen aufzubauen und Regeln zu setzen, erfordere viel Geduld. Die Belohnung dafür sei aber unbezahlbar. „Als Pichu das erste Mal von allein auf mich zugelaufen ist, ging mir das Herz auf“, erzählt die Tierschützerin. Dass Pichu von der Straße ins Tierheim gebracht wurde, zeige, dass Spanien auf einem guten Weg sei, was den Tierschutz angeht. Inzwischen gebe es Ehrenamtliche, die mit Hunden aus Tierheimen Gassi gehen. Auch die Hundeausbildung sei inzwischen ein Thema in Spanien, so die Tierschützerin. In osteuropäischen Ländern wie Rumänien habe der Hund nach wie vor keinen hohen Stellenwert. Straßenhunde kommen oftmals direkt in die nächste Tötungsstation. „Tierschutz hängt eben auch mit den finanziellen Mitteln einer Gesellschaft zusammen“, sagt Gabi Grünebaum. Für Pichu haben sich schon einige potentielle „Herrchen“ gemeldet. Allerdings sei der passende Kandidat noch nicht dabei gewesen. Der Pintschermix könne stundenweise gut alleine bleiben, nicht aber den ganzen Tag. Grünebaum hofft weiter, bald ein geeignetes Zuhause für ihn zu finden. Bis dahin fetzt Pichu mit Paco durch Grünebaums Garten. Mit anderen Hunden kommt er gut klar.

x