Neustadt dorfgeflüster:

Sengende Hitze, flirrende Luft, tropische Nächte: Dank Hoch „Annelie“, das die Sonne vom Himmel brennen lässt, und Tief „Quintus“, das heiße Sahara-Luft heranschaufelt, erleben wir mal wieder einen richtigen Sommer. So wie er früher einmal war, wie schon Rudi Carrell einst gesungen hat. Und deshalb wollen wir auch nicht in den Chor der ewigen Meckerfritzen einstimmen, die sich nach ein paar Hitzetagen schon wieder den Herbst herbeiwünschen. Nein: Freuen wir uns, dass unsere heutigen Temperaturen Rom und Rio de Janeiro ganz locker in den Schatten stellen und drehen allen eine lange Nase, die in kühlen Sommern gerne fragen: „Und wo bitte bleibt der Klimawandel?“ Freilich gibt es genügend Menschen, die unter Affenhitze und Hundstagen leiden müssen: alle, die arbeiten müssen, vor allem wenn das Tagwerk drinnen in nicht klimatisierten Räumen zu erledigen ist. Zu jenem bedauernswerten Personenkreis gehören beispielsweise Schüler (jaja, natürlich auch Lehrer), denen angesichts der fast geknackten 40-Grad-Marke der Kopf nicht nur wegen des anstrengenden Unterrichts raucht. Aber da Kultusminister im Allgemeinen ja keine Unmenschen sind, gestatten sie den Schulen, bei außerordentlichen Temperaturen ihre Pennäler auch schon mal früher heimzuschicken. Früher – genauer: bis 1990 – hieß das mal „hitzefrei“. Das bedeutete, dass nach der vierten Stunde der Unterricht aus war, wenn um 10 Uhr das Schulthermometer 27 Grad Celsius überstieg. Wenn die Erinnerung an die eigene Schulzeit nicht trügt, dann gab es allerdings höchst selten hitzefrei. Das hing möglicherweise damit zusammen, dass sich der alles entscheidende Temperaturmesser gut beschattet im Zimmer des Rektors befand. Und das lag – wo sonst? – auf der kühlen Nordseite des Schulgebäudes. Wir Schüler haben es nie beweisen können, aber immer gemutmaßt, dass der Rektor das Thermometer an heißen Sommertagen zur Sicherheit in einen Eiskübel steckte. Heute ist das Schnee von gestern. Der Schulleiter entscheidet, „ob die klimatische Situation in der Schule, in Klassen- und Fachräumen die Erteilung von Unterricht gestattet“. Das ist nicht der Fall, wenn es im 2. OG des Hannah-Arendt-Gymnasiums „deutlich über 30 Grad geht“, erläutert Schulleiter Eduard Seger. Allerdings funktioniert das „Hitzefrei“ heute anders: Die Unterrichtsstunden sind – wie am Mittwoch und Donnerstag geschehen – ausnahmsweise keine 45, sondern nur 30 Minuten lang. Schulstunden, die wie im Flug vorbeigehen: Da ist man als Schüler doch sicher gerne Kurzarbeiter ...

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