Neustadt „Die Menschen vor Ort brauchen Hilfe“

Johannes Klein, der im siebten Semester Wirtschaftsingenieurwesen studiert, gehört zu den Studenten der Universität Karlsruhe, die sich in Projekten des Vereins „Engineers without borders“ (EWB, Ingenieure ohne Grenzen) des Karlsruher Instituts für Technologie engagieren. Im Dezember 2014 begann ein Projekt, in Beaumont im Süden Haitis eine Schule und ein Waisenhaus zu bauen. Klein und sein Arbeitsteam waren seit acht Wochen vor Ort. Früher als geplant sind die jungen Leute wegen der schwierigen Lage am vergangenen Wochenende nach Deutschland zurückgekehrt. „Der Hurrikan hat Beaumont voll getroffen“, berichtet Klein im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Über 90 Prozent aller Hütten, die fast ausschließlich aus Wellblech bestehen, wurden abgedeckt, berichtet er. „Die Bäume sind abgeknickt, es ist alles kahl und grau. Avocado- und Orangenbäume, Nahrungsgrundlage für die Menschen dort, sind zerstört.“ Zwar habe es Warnungen vor dem Hurrikan gegeben, auch noch am Abend davor per Lautsprecher, aber keiner habe die Intensität abschätzen können. „Unsere Gruppe hatte sich gut vorbereitet“, schildert der 23-Jährige. Die Studenten hätten alle Fenstergitter – es gibt keine Glasfenster – mit Brettern gesichert. Bei den neuen Gebäuden habe es geringere Schäden gegeben, bei den alten Häusern in der Nähe der Nationalstraße sei es schlimmer gewesen. Schlaf- und Schulräume seien abgedeckt worden. Die Waisenkinder seien derzeit in einem Hotel untergebracht. „Wir selbst haben uns in unserem Betonhaus relativ sicher gefühlt“, als der Sturm zwischen dem frühen Morgen und der Mittagszeit tobte, sagt Johannes Klein. In und um Beaumont habe es Tote gegeben, viele in den umliegenden Bergdörfern, wo die Menschen in einfachen Hütten leben. Kontakt nach außen oder Informationen nach dem Hurrikan habe es zunächst nicht gegeben, aber die Gruppe habe noch ausreichend Vorräte besessen. Zwar seien UN-Vertreter vor Ort gewesen, um sich ein Bild der Lage zu machen, allerdings seien keine Hilfslieferungen für die Menschen eingetroffen. Einheimische hätten berichtet, dass politische Parteien die Notsituation ausgenutzt hätten, da – inzwischen verschobene – Präsidentenwahlen für den 9. Oktober geplant gewesen seien: Hilfstransporte sollen abgefangen worden sein, um sie selbst zu verteilen. Nach einer Woche seien Vertreter der deutschen Botschaft auf Initiative des Auswärtigen Amtes vor Ort gewesen und hätten angeboten, die elfköpfige Gruppe in die Hauptstadt Port-au-Prince mitzunehmen, erzählt Klein. In den ersten Tagen nach dem Hurrikan hatte das Studententeam gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort Dächer repariert und Schäden beseitigt: „Aber Betonarbeiten für ein weiteres Vorschulhaus waren nicht möglich, da das Wasser knapp ist.“ Nach mehreren Krisensitzungen habe sich das Team schließlich entschieden, nach Port-au-Prince zu reisen, da die derzeitige Lage zu ungewiss sei und sie dafür weder ausgebildet noch ausgerüstet seien. Auch Medikamente hätten gefehlt, und erste Krankheitsfälle seien bereits aufgetreten. „Die Menschen vor Ort brauchen jetzt dringend Hilfe“, betont Johannes Klein. Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und mit Nahrungsmitteln müsse sichergestellt werden, Hygieneartikel und Medikamente seien dringend notwendig. Matratzen, Kleidung und Schulbücher müssten gekauft werden. Zerstörte Häuser müssten wieder aufgebaut werden. Der Verein EWB hat angekündigt, dafür einige zehntausend Euro bereitzustellen.

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