Neustadt Der Mann aller Facetten

In den Wiener Jahren „alles aufgesogen“, erinnert sich der Herrenhof-Förderer.
In den Wiener Jahren »alles aufgesogen«, erinnert sich der Herrenhof-Förderer.

Gustav-Adolf Bähr feiert heute seinen 80. Geburtstag

80 Jahre wird Gustav-Adolf Bähr heute, 60 Jahre davon hat er in Mußbach verbracht. Fragt man ihn, warum er, der unter anderem Oper, Theaterwissenschaft und Gesang studiert und am Wiener Burgtheater arbeitete, der als Hauptabteilungsleiter Kultur beim Südwestfunk mit bekannten Künstlern und Politikern Verbindung hatte, nie von hier weggegangen ist, lautet die Antwort: „Das ist meine Art zu leben.“ Eine Antwort, die viel aussagt über Gustav-Adolf Bähr. Er hat eine ganz eigene Art, und er lebt diese Art. Wenn man in einem Pfarrhaus mit neun Geschwistern aufwächst, das zudem jedem offenstand, dann muss man wohl eine starke Persönlichkeit entwickeln. Bähr hat nicht nur eine starke, sondern auch eine facettenreiche Persönlichkeit. Er kann charmant und zugewendet sein, kann aber auch herrisch und fast schon arrogant wirken. Er ist gebildet, sehr intelligent und vielseitig interessiert, kann aber auch einfache Gespräche führen. Er steht gern im Mittelpunkt, kann aber auch beobachten und andere in den Mittelpunkt stellen. Manchmal wirkt der gebürtige Mutterstadter, als wäre er mit seinen Gedanken wo anders, doch er bekommt alles mit. Vor allem aber kann Bähr andere begeistern und motivieren.

"Alles aufgesogen, was es an Kultur gab"

Sein Vater habe gewollt, dass er Pfarrer wird, erinnert sich Bähr. Stattdessen hat er in Mannheim, Heidelberg und Wien mehrere Fächer studiert. In Wien hat er Oper, Theaterwissenschaft, Regie und Dramaturgie gelernt, am Burgtheater gearbeitet, war Assistent des berühmten Regisseurs Geza von Chiffra, lernte bekannte Künstler kennen. 1960 bis 1964 war Bähr in Wien. Er habe in diesen vier Jahren „alles aufgesogen, was es an Kultur gab“. Und er lernte seine Frau Margarete kennen. Eigentlich kannte er sie schon, sie kam wie er aus Mußbach, doch erst in Wien wurden sie ein Paar, haben gemeinsam die Kultur intensiv genossen. „Das war meine schönste Zeit“, blickt Bähr zurück. 1964 heirateten sie und gingen zurück nach Mußbach. Beide hatten hier große Familien, und als sie selbst eine Familie gründen wollten, zog es sie zurück. 1965 kam Sohn Bernhard zur Welt, 1966 Sohn Florian, 1971 der dritte Sohn Ruprecht. Bähr schrieb Drehbücher für Serien des Südwestfunks. 500 Mark habe er pro Buch als Honorar bekommen, erinnert er sich.

"Zur Wirklichkeit hingezogen gefühlt"

1965 bekam er eine Stelle beim Südwestfunk, arbeitete für die Sendung „Report“, war persönlicher Referent von Günter Gauß. „Das war mein Ziehvater, er hat mich in den Journalismus gebracht, er hat gesagt, Sie müssen mal das Leben kennenlernen, verträumen Sie nicht das Leben“, erzählt Bähr. Er habe festgestellt, dass Oper und Theater nicht seine berufliche Zukunft sind, „ich habe mich zur Wirklichkeit hingezogen gefühlt“. Bähr wurde Abteilungsleiter Kultur, Abteilungsleiter Kultur und Wissenschaft und schließlich Hauptabteilungsleiter Kultur, Wissenschaft, Kirche und Zeitgeschehen. Seine Mitarbeiter hätten immer gern bei ihm gearbeitet, sagt Bähr. Bähr lernte Politiker und Künstler kennen, bekam Preise und Auszeichnungen. Seine Verbindungen nutzte er für den Herrenhof. So drehte er in den 1990er-Jahren Filme über berühmte Künstler des Konstruktivismus, wie Victor Vasarely und Max Bill, und zeigte deren Bilder in Ausstellungen im Herrenhof, der so in der Kunstszene bekannt wurde. Bähr selbst fühlt sich eher zur phantastischen Kunst hingezogen, ist seit vielen Jahren Vorsitzender der Vereinigung Pfälzer Kunstfreunde und im Beirat der Pfälzischen Sezession.

"Zufrieden über mein Leben"

Durch eine zufällige Begegnung mit Klaus Römer in Mußbach entwickelte sich das Engagement für den Herrenhof. Ein Engagement das sein Leben bereichert hat, wie Bähr sagt. Pfarrer wurde der Pfarrersohn nicht, aber Prädikant, Presbyter, 24 Jahre Vorsitzender der Bezirkssynode und 18 Jahre Präsident der Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz. Als Gustav-Adolf Bähr im vergangenen Jahr wegen einer Herzoperation im Krankenhaus war, wurden alle seine Orden und Ehrenmedaillen, darunter das Bundesverdienstkreuz, aus seinem Haus gestohlen. Seine schwere Herzerkrankung und der Tod seiner Frau vor vier Jahren, waren „ein Schock“. „Ich bin zufrieden über mein Leben“, sagt Bähr. Aber er wäre nicht der, der er ist, wenn er nicht noch etwas vorhätte: „Ein Museum der Pfälzer Kulturlandschaft im Herrenhof.“

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