Neustadt „Bright Eyes“ im Saalbau

Neustadt. Mit stehenden Ovationen, nicht enden wollendem Beifall und mehreren Zugaben endete am Freitag der Auftritt des Duos „Graceland“ im gut besuchten Neustadter Saalbau. Damit belohnte das völlig verzückte Publikum den Mut, das Können und das sympathische Auftreten, das die Sänger und Gitarristen Thorsten Gary und Thomas Wacker zuvor an den Tag gelegt hatten.

Die Musiker aus dem badischen Bretten hatten das Konzert, eine Hommage an Simon & Garfunkel, die berühmtesten amerikanischen Singer/Songwriter der 60er und 70er Jahre, komplett in Eigenregie auf die Beine gestellt und damit auch das gesamte Risiko getragen. Sie mussten dafür nicht nur den Veranstaltungsort auf eigene Kosten anmieten, sondern auch alle Arbeiten, die zur Organisation eines solchen Events gehören, angefangen vom Plakate kleben über den Kartenverkauf bis hin zur Einlasskontrolle, selber ausführen. Die beiden, die als Tributeband von „Simon & Garfunkel“ entweder alleine oder mit großem Streichorchester bereits in fast ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland zu hören und sehen waren, hatten es bisher noch nie geschafft, irgendwo in der Pfalz einen Gig zu ergattern. Deshalb ergriffen sie nach dem Motto „Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet eben zum Berg gehen“ selbst die Initiative und suchten sich Neustadt für ihre Premiere in der Region aus. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte, denn trotz besten Biergartenwetters hatten sich einige hundert gespannte „Simon & Garfunkel“-Fans auf den Weg in Neustadts gute Stube aufgemacht, nicht sicher wissend, was sie dort erwarten würde. Spätestens aber, als Gary, der Art Garfunkel seine Stimme lieh, und Wacker, der Paul Simon gab, den letzten Ton ihres Eröffnungsstückes „America“ gespielt und gesungen hatten, konnten sie glücklich lächelnd in die vor Erstaunen offen stehenden Münder ihrer Zuhörer schauen. So etwas hatten die meisten Anwesenden live noch nie gehört. Mit schier unglaublicher Perfektion meisterten „Graceland“ die schwer zu singenden Harmoniegesänge des US-Duos und zeigten sich dabei gleichzeitig auf ihren Gitarren äußerst virtuos. Ihre Fingerfertigkeit erlaubte es ihnen sogar, manche Titel, so beispielsweise „Sound Of Silence“, mit einem gekonnten Gitarrenintro zu verzieren, das stellenweise sogar ein wenig an „Hotel California“ von den „Eagles“ erinnerte. Ansonsten spielten die zwei immer möglichst nahe am Original, was ihnen auch tatsächlich in jeder Sekunde gelang. Dazu fanden sie noch Zeit, zwischen den einzelnen Songs Geschichten zu den Liedern, oder von ihren meist lustigen Erfahrungen auf der Straße, zu Gehör zu bringen. Ohne überflüssigen Klamauk auf der Bühne, nur mit ihren Gitarren und Stimmen ausgerüstet, spulten sie so ein Programm ab, das zwei Stunden andauerte und an keiner Stelle langweilig wurde. Mit ein Grund dafür war, dass Gary und Wacker nicht nur die Mega-Hits von „Simon & Garfunkel“ auf ihre Spielliste aufgenommen hatten – die waren aber unter anderem mit „Cecilia“, „I Am A Rock“, „El Condor Pasa“, „Mrs. Robinson“ und dem unvermeidlichen „Bridge Over Troubled Water“ natürlich ebenfalls ausreichend vertreten –, sondern auch weniger oft gespielte „S&G“-Hymnen wie „The Only Living Boy In New York“ und Hits aus den ebenfalls sehr erfolgreichen Solokarrieren ihrer amerikanischen Heroen wie „Bright Eyes“ oder „Me and Julio Down By The Schoolyard“ eins zu eins kopierten. Zu „American Tune“, Paul Simons Version des deutschen Kirchenliedes „O Haupt voll Blut und Wunden“, rezitierte Thorsten Gary, zur leisen Gitarrenbegleitung durch seinen Freund Thomas Wacker die Original-Lyrics von Simon ins Deutsche übertragen, bevor die beiden den Song gemeinsam gesungen präsentierten. Hier, wie auch zu vielen anderen Zeitpunkten des Abends, verwunderte das Duo immer wieder aufs Neue mit der außerordentlichen Präzision seiner Vokalarbeit. Wacker ist ein guter Sänger, Gary vielleicht sogar noch einen kleinen Tick besser, aber zusammen sind die beiden einfach unschlagbar. Und genau diese Abgestimmtheit macht die Faszination aus, derer es bedarf, um sich an die Interpretation von „Simon & Garfunkel“-Stücken wagen zu können. Wie sehr das Publikum von der „Graceland“-Leistung überzeugt war, zeigte sich nicht nur in vielen positiven Pausenkommentaren, sondern auch im Song „The Boxer“, bei dem alle im Saal beinahe unaufgefordert lautstark den Refrain mitsangen. Gary und Wacker waren nach dem Gig jedenfalls ebenso glücklich wie ihre neuen Neustadter Fans und versprachen, alles daran zu setzen, um im nächsten Jahr für einen weiteren Konzertabend, dann begleitet von der „Philharmonie Leipzig“, wieder nach Neustadt zurückzukommen.

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