Neustadt Alltagshilfe aus der Moschee

Enger Zusammenhalt zwischen Verwandten gehört untrennbar zu Religion und Kultur des Islam. Die Familienabteilung der türkisch-islamischen Gemeinde unterstützt ihre Mitglieder in dieser Tradition. Vorsitzender Irfan Mercik würde sich gerne – zusammen mit anderen Einrichtungen – für alle Speyerer einsetzen.

„Soziale Probleme sehen, darüber reden, Unterstützung anbieten und die Lage der Betroffenen positiv beeinflussen“, zählt Irfan Mercik eine Hauptaufgabe der Familienabteilung der türkisch-islamischen Gemeinde auf. Einmal monatlich und bei Bedarf treffe er sich mit den vier Familienabteilungs-Mitgliedern zu Austausch und Ideenfindung. „Wir fangen akute Probleme auf, kümmern uns um alle Angelegenheiten des Alltags in Deutschland und sind jederzeit ansprechbar“, beschreibt Mercik das Angebot, das seit zwei Jahren in der Moschee besteht. Erst vor wenigen Wochen habe sich eine deutsche Muslima, verheiratet mit einem Christen, mit einem sehr persönlichen Anliegen an die Familienabteilung gewandt, erzählt Mercik. Die unheilbar Kranke wollte nach muslimischem Brauch beerdigt werden. Inzwischen sei sie gestorben, habe die rituelle Waschung und eine Trauerfeier nach ihren Wünschen bekommen. „Dafür haben wir gesorgt.“ Spontan geholfen habe die Familienabteilung nach der Gasexplosion in Harthausen, als Gemeindemitglieder Schlafplätze für die kurzfristig Obdachlosen in der Moschee geschaffen hätten. „Wir unterstützen auch die Speyerer Asylbewerber, so gut wir können“, sagt Mercik. Im Fastenmonat Ramadan habe er an vielen Tagen das Abendessen für die Gemeindemitglieder gekocht. „Jeder bringt sich da ein, wo er kann.“ Dazu gehöre auch die Vorbereitung von Festen. „Wir helfen auch beim Papierkram“, zählt Mercik Info- oder Bildungsveranstaltungen zu bestimmten Themen und Erfahrungsaustausch der Gemeindemitglieder über die Erziehung ihrer Kinder und Jugendlichen sei eine wichtige Angelegenheit. Häufig wendeten sich Mütter und Väter mit Erziehungsfragen an Vertreter der Familienabteilung, sagt der Vorsitzende. „Es geht um Pubertät, Respekt, schulische Belange oder Ernährung – also ganz normale Probleme.“ Bisher berieten die Familienabteilungs-Mitglieder die Ratsuchenden aus ihrer eigenen Erfahrung, weist der zweifache Familienvater auf bisher erfolglose Bemühungen um kompetente Unterstützung in dem Bereich hin. Als besonderes Angebot gelte der Besuchsdienst, sagt der Vorsitzende. Demnach besuchen die Mitglieder der Familienabteilung Kranke im Krankenhaus oder zu Hause. „Nationalität und Religion spielen keine Rolle“, betont er. „Jeder ist ein Mensch. “ Die Unterstützung muslimischer Eltern bei der religiösen Erziehung ihrer Kinder sei ein Schwerpunkt der Familienabteilung. Mercik weist auf das bestehende Problem hin: „Viele Kinder der dritten Generation der in Speyer lebenden Türken sprechen nicht genug Türkisch, um die Worte des Korans zu verstehen.“ In diesen Fällen biete die Familienabteilung den Eltern Türkischkurse für ihre Kinder an. Eine syrische Arzthelferin aus Harthausen habe angeboten, die Familienabteilung zu unterstützen. Die Deutschkenntnisse vieler Speyerer Türken reichten nicht aus, ihre Interessen beim Arzt, in der Schule oder bei Behörden zu vertreten, weist Mercik auf Auswirkungen der Sprachprobleme auf den Alltag hin. Gerne würde sich die Familienabteilung für andere Familienhilfe-Einrichtungen in der Stadt einbringen, berichtet er von Plänen zur Kontaktaufnahme mit Speyerer Sport- und Kulturvereinen und auch mit den christlichen Kirchen. „Zusammen können wir viel bewegen“, ist Mercik überzeugt. „ Niemand sollte sich für seinen Glauben oder seine soziale Stellung schämen, mahnt er. „Wir alle sind eine Familie.“

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