Neustadt Abkühlen zum Schutz vor Hirnschäden

Stefan Kewitz, Notarzt aus Maikammer, setzt auf eine neuartige Medizintechnik: Sofortige Kühlung bei Herzstillstand erhöht die Überlebenschancen und senkt die Gefahr von Hirnschädigungen. Der Förderverein Kindernotarzt Weinstraße hat ihm dazu jetzt ein Kühlsystem im Wert von 12000 Euro übergeben.

„Bei entsprechenden Einsätzen führt unser Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) mit dem Standort Maikammer ab sofort ein Gerät mit zur so genannten transnasalen Kühlung, also über die Nase. Denn es gilt mittlerweile als gesichert, dass die schnelle, frühzeitige Absenkung der Körpertemperatur – und insbesondere der Hirntemperatur – die Überlebenschancen bei Herzstillstand erhöht und zugleich die Wahrscheinlichkeit von Hirnschädigungen deutlich verringert“, sagt Stefan Kewitz. Der Hintergrund: Je schneller Menschen nach einem Herzstillstand von Notärzten versorgt werden, desto größer sind die Chancen auf eine erfolgreiche Wiederbelebung. Dank der hohen Standards von Notfallambulanzen und Rettungsdiensten gelingt das heute in einer zunehmenden Anzahl der Fälle. Allerdings überleben trotzdem nicht alle Patienten, und viele der Überlebenden leiden in der Folge unter teils schwerwiegenden Hirnschädigungen. Gefahren, die verringert werden können, wenn die Körpertemperatur und speziell die Hirntemperatur der Patienten möglichst frühzeitig gezielt gesenkt wird. Als einer der ersten Rettungsmediziner in Deutschland setze Kewitz diese Erkenntnis systematisch in die Praxis um, berichtet Gaby Bonn, Zweite Vorsitzende des Fördervereins. Durch den Einsatz einer neuen Kühltechnik könne er die Patienten nun schon am Einsatzort schnell und effektiv behandeln und so die Chancen auf ein gesundes Überleben deutlich erhöhen. Für den Erfolg sprächen auch die praktischen Erfahrungen mehrerer Universitätskliniken, deren Notfallambulanzen seit einigen Jahren die frühzeitige, schnelle und kontinuierliche Kühlung mit dem „RhinoChill“-System, auf den Markt gebracht von einem US-amerikanischen Unternehmen, bei ihren Patienten einsetzten. Hierbei werde ein Nasenkatheter genutzt, durch den ein für den Organismus bedenkenloses Kühlmittel in den Nasen-Rachenraum gesprüht werde. Über den Nasen-Rachenraum verteile sich die Kälte augenblicklich auf das Gehirn. Je früher gekühlt wird, desto besser. Das Prinzip dahinter: Kälte verlangsamt physikalische und auch biochemische Prozesse. So sinkt der Sauerstoffbedarf des Gehirns mit Abnahme der Temperatur rapide. Deshalb liest man immer wieder von Unfallopfern, die ohne Folgeschäden wiederbelebt werden konnten, obwohl sie erst nach vielen Minuten ohne Sauerstoffversorgung aus eiskaltem Wasser oder unter Lawinen geborgen werden konnten. Stefan Kewitz: „Neu ist, dass wir mit dieser einfach anzuwendenden Kühltechnik nun auch Patienten helfen können, die außerhalb des Krankenhauses einen Herzstillstand erleiden. Denn ein möglichst frühzeitiger Beginn der Kühlung, insbesondere des Gehirns, ist derzeit die einzige Methode, die Wahrscheinlichkeit von Hirnschäden nach einem Herzstillstand zu verringern.“ Direkt nach Herz- und damit Kreislaufstillstand beginnen die Gehirnzellen abzusterben. Die Folge: Auch wenn die Wiederbelebung gelingt, leiden die Patienten anschließend häufig unter Schäden. Das Spektrum reicht dabei von leichten Konzentrations- und Merkschwächen bis hin zum Wachkoma und lebenslanger Pflegebedürftigkeit. Es gilt daher: Je früher das Gehirn gekühlt wird, desto besser – allerdings nur, wenn die Kühlung auch nach der Einlieferung ins Krankenhaus für 24 Stunden ohne Unterbrechung fortgesetzt wird. Dies gehört jedoch im Krankenhaus Hetzelstift in Neustadt längst zur Standardtherapie. Der betroffene Patient wird sofort nach Eintreffen und Übergabe vom Notarzt an ein stationäres Kühlsystem angeschlossen, um diese lebensrettende Therapie weiter fortzuführen. Mit Professor Dierk Vagts, Chefarzt unter anderem für Notfallmedizin, und Hubertus von Korn, Chefarzt der Kardiologie, sind dort zwei Mediziner tätig, die seit Jahren die therapeutische Kühlung bei Patienten nach Herz-Kreislauf-Stillstand anwenden. Stefan Kewitz, Mitglied der leitenden Notarztgruppe Neustadt, niedergelassener Notfallmediziner und Allgemeinarzt aus Maikammer, kämpft seit Jahren für eine schnelle notärztliche Versorgung. Kewitz ist ein sogenannter Hintergrund-Notarzt und Maikammer kein anerkannter Notarzt-Standort. Kewitz ist aber als Notarzt für Maikammer, Kirrweiler und St. Martin zuständig. Für Venningen und Edenkoben steht er an zweiter Stelle der Ausrückordnung, in weiteren Gemeinden an dritter Stelle. Der Bereich von Neustadt bis Landau wird ansonsten von den Notarzt-Standorten in Neustadt und Landau aus versorgt. Wegen seiner weit überdurchschnittlichen Ausrüstung für Kindernotfälle wird das Notarzteinsatzfahrzeug vom Förderverein Kindernotarzt Weinstraße gefördert. Dessen Vorsitzender Werner Weishaupt, Ortsbürgermeister Erich Litty, Altdorf, Gemeinderatsmitglied Thomas Herrmann, Maikammer, und die Zweite Vorsitzende Gaby Bonn haben das Kühlsystem übergeben. (ff)

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