Neustadt Abgefahren

Keine Frage: Nur Kleingeister haben gestern – beim Streikauftakt der Lokführer-Gewerkschaft GDL für den Personenverkehr – aufs Auto gesetzt. Wobei an dieser Stelle allein die Rede sein soll von Verbindungen auf den im Normalfall glänzend geschmierten Gleisen zwischen Kaiserslautern und Mannheim. Und einem kurzen Blick ins Saarland. Warum ins Saarland? Weil sich doch tatsächlich ein paar Pfälzer darüber beschwert haben, dass Verbindungen nach Homburg und Co. stärker unter dem Streik zu leiden hätten als solche in die Vorderpfalz. Was, und das muss hier in aller Deutlichkeit gesagt werden, einfach nicht stimmt. Sowohl nach Osten als auch nach Westen war der Nahverkehr im Stundentakt unterwegs. Und mal ehrlich, wer ins Saarland will, ist doch auch irgendwie selbst dran schuld .... Doch zurück zu unserem Anfang, zu jenem Bahnreisenden, der zur Arbeit muss und es nicht einsieht, doppelt zu zahlen: Jahreskarte Bahn und Sprit fürs Auto. Nur weil eine Gewerkschaft das Augenmaß verloren hat und nicht erkennt, dass sie dringend die Notbremse ziehen sollte. Dieser wagemutige Bahnreisende wird zumindest gestern Morgen belohnt: zwei Nahverkehrszüge, die kurz hintereinander von Kaiserslautern nach Neustadt rollen, entspannte Platzverhältnisse und, man höre und staune, DB-Personal, das Kunden direkt auf dem Bahnsteig für Fragen zur Verfügung steht. Ach, wäre doch jeden Tag Streik! In Neustadt angekommen, verstärkt sich dieser Wunsch. Auch dort patrouilliert Bahnpersonal. Vermutlich mit weniger Auslastung, aber das ist ja völlig egal, und vielleicht trügt der Schein ja auch: Doch gegen Mittag schlendert der freundliche Bahner über fast menschenleere Bahnsteige. Andererseits scheint es mit dem Notfahrplan ohnehin zu klappen. Die S-Bahn nach Mannheim hat zwar leichte Verspätung, aber Hauptsache, sie fährt. Gute Stimmung also unter den wenigen auf dem Bahnsteig? Die Lager sind gespalten. Beispielsweise blicken zwei Reisende hoffnungsfroh der verspäteten S-Bahn entgegen, der GDL derweil aber wutentbrannt ins Gesicht, stinksauer ob des erneuten Streiks. Der Kontrast ein paar Meter weiter: eine frohe Südpfälzerin auf dem Heimweg nach Landau. Bislang ist sie noch nie an Ausständen gescheitert, am Morgen war der Regionalexpress nach Neustadt sogar überpünktlich. Spätestens jetzt würden wir alle gern der GDL eine lange Nase drehen. Wie die Situation gestern Abend auf dem Heimweg war? Schwer zu sagen. Ein Kollege hatte kleingeistig aufs Auto gesetzt und sich als Taxi angeboten. Da will frau ja nicht unhöflich sein. Mit Kleingeistigkeit hat das natürlich nichts zu tun ...

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