Neustadt Neustadt: Ende der Ära "Novalis"

Seit 20 Jahren führt Dieter Ehresmann mit seiner Tochter Anja Ehresmann das „Novalis“
Seit 20 Jahren führt Dieter Ehresmann mit seiner Tochter Anja Ehresmann das »Novalis«

Kneipe steht samt Wohnhaus zum Verkauf - Betreiber Dieter Ehresmann will aufhören und sich zur Ruhe setzen

Wer im Internet nach Häusern in Neustadt sucht, die zum Verkauf stehen, stößt unter anderem auf ein Objekt in der Hintergasse. Auch wenn das Namensschild der dortigen Gaststätte in der Anzeige unkenntlich gemacht ist, lässt das Foto keinen Zweifel: Es handelt sich um das Haus mit dem „Novalis“ im Erdgeschoss. „Ich gehe in Ruhestand“, bestätigt Inhaber Dieter Ehresmann auf Nachfrage der RHEINPFALZ. Von einem im Jahr 1700 erbauten Haus mit zwei großen, renovierten Wohnungen und Geschäftsräumen in Toplage ist in der Objektbeschreibung auf „Immobilienscout 24“ die Rede. Der Preis: 595.000 Euro. Es gebe einige Interessenten, fix sei aber noch nichts, berichtet Ehresmann. Ihm eilt es zwar nicht mit dem Verkauf: „Aber nächstes Jahr werde ich 65, und irgendwann geht einem mal die Luft aus.“ Er wolle seine Zeit noch etwas genießen und nicht an einem Herzinfarkt sterben. Leicht fällt ihm diese Entscheidung allerdings nicht, das hört man aus mindestens jedem zweiten Satz heraus. Vor 20 Jahren hat Dieter Ehresmann zusammen mit seiner Tochter Anja Ehresmann das „Novalis“ in der Hintergasse übernommen. Davor hatte er das „Aqua“ und das „Madison“ geleitet. Er ist in Neustadt der Wirt mit den meisten Dienstjahren auf dem Buckel: „Ich mache das seit 47 Jahren.“ Er sei ein Gastronom vom alten Schlag und habe diesen Beruf stets mit ganz viel Herzblut ausgeübt: „Ich lebe das.“ Entsprechend emotional wird Ehresmann, wenn er von früheren Zeiten berichtet. Von Zeiten, in denen in Neustadt noch der Bär steppte. Zum Beispiel im „Aqua“ in den 1970er-Jahren, als die Kultkneipe regelmäßig aus allen Nähten geplatzt und fast schon ein Soulmusikmekka mit vielen US-amerikanischen Gästen gewesen sei. „Es war der Treffpunkt schlechthin. Wir haben damals 100 Kisten Vollgut pro Woche geliefert bekommen, das ist heute undenkbar“, so Ehresmann. Oder im „Madison“, das er 1979 mit seinen damaligen Mitstreitern der HRW-Gaststättenbetriebsgesellschaft eröffnete. „Viele haben gesagt: Das bringt nichts in Neustadt. Aber wir haben 15 Jahre lang Riesenerfolg gehabt“, freut sich Ehresmann. In den besten Zeiten habe sich die Schlange für den Einlass bis zum Parkplatz am Bachgängel gezogen. Der Nebel sei zunächst noch mit Trockeneis erzeugt worden, und um es zu beschaffen, sei er einmal in der Woche in die BASF nach Ludwigshafen gefahren, erinnert sich der 63-Jährige mit viel Wehmut in der Stimme. Vor 20 Jahren übernahm Dieter Ehresmann dann das „Novalis“. Zunächst mit sehr ausgedehnten Öffnungszeiten und unter anderem mit Mittagstisch sowie einem fast schon legendären Sonntagsbrunch. In den vergangenen Jahren wurden die Zeiten dann etwas verkürzt, unter der Woche ist inzwischen noch von 17 bis 23 Uhr und samstags ab 12 Uhr geöffnet. „Es war immer eine schöne Zeit“, betont Ehresmann. Er habe viele Stammgäste, beherberge mehrere Stammtische, die er und seiner Tochter gerne pflegten. Auch Touristen kämen immer wieder ins „Novalis“, wenn sie in der Gegend seien. Ehresmann ist bewusst, dass mit seinem Abschied eine Ära zu Ende gehen wird: „Aber irgendwann muss man einen Cut machen.“ Für die Gaststätte und das Haus, in dem er und seine Tochter derzeit auch noch wohnen, wünscht er sich einen guten Nachfolger und will diesem für die Anfangszeit Unterstützung anbieten: „Ich könnte in den ersten Monaten mithelfen.“ Möglicherweise wird es also einen Abschied auf Raten geben. Das könnte Dieter und Anja Ehresmann und vielleicht auch vielen Stammgästen den Schritt in eine neue Zeitrechnung etwas erleichtern. Denn wie gesagt: Leicht fällt dem Dauerbrennerwirt das Aufhören nicht.

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