Neustadt Die Geschichte entsteht im Kopf

Die Hamburger Fotografin Julia Steinigeweg behandelt in ihrer inszenierten Serie „Ein verwirrendes Potenzial“ Menschen, die lebe
Die Hamburger Fotografin Julia Steinigeweg behandelt in ihrer inszenierten Serie »Ein verwirrendes Potenzial« Menschen, die lebensechte Puppen als Partner- oder Kindersatz nutzen.

«Neustadt-Haardt.» Arbeiten der beiden Fotografinnen Julia Steinigeweg und Claudia Christoffel zeigt die nächste Ausstellung des in Neustadt ansässigen Foto-Projekts „Gute Aussichten“, die am Samstag in Anwesenheit der Künstlerinnen im Haardter Schloss eröffnet wird.

Die Hamburgerin Julia Steinigeweg, „Gute Aussichten“-Preisträgerin 2016/17, thematisiert in ihrer während ihres Studiums an der „Hochschule für angewandte Wissenschaften“ in Hamburg entstandenen Serie „Ein verwirrendes Potenzial“ Menschen, die lebensechte Puppen als Partner- oder Kindersatz nutzen. Und stellt die Frage, in welche Art der Beziehung ein erwachsener Mensch zu einem leblosen Objekt treten kann und wie „wir“ auf ein solches Phänomen reagieren können. Die Bremerin Claudia Christoffel, „Gute Aussichten“-Preisträgerin von 2005/06, dagegen zeigt ihre konzeptuell angelegte Arbeit „Fun – GHB – Eat“, 28 Fotografien von alltäglichen, teilweise wiederkehrenden Gegenständen vor neutralem Hintergrund, Messer, Seil, Gürtel, eine Karotte, eine Orange, deren Bedeutung sich erst aus dem Kontext erschließt. Sie nimmt damit Bezug auf ein Künstlerbuch des Amerikaners John Baldessari, das 1976 Gegenstände versammelte, die als Tatwaffen bei Gewaltverbrechen benutzt worden waren. Christoffel nun zitiert in „Fun“ nach Recherchen zu Sextoys für den Eigenbedarf 14 Objekte, die der sexuellen (Selbst-)Befriedigung dienen (können). Die siebenteilige Reihe „GHB“ zeigt Gegenstände, die bevorzugt von Vergewaltigern verwendet werden. Der Titel bezieht sich auf die chemische Formel der sogenannten K.O.-Tropfen, die Vergewaltigungsopfern oft verabreicht werden. Die letzten sieben Tafeln der Reihe „Eat“ rücken die gezeigten Artefakte dann wieder zurück in ihren alltäglichen Kontext. Der „Gute Aussichten“-Wettbewerb, zu dem Abschlussarbeiten aus allen deutschen Hochschulen eingereicht werden können, die einen Studiengang Fotografie anbieten, wurde 2004 von der Wiesbadener Kunstwissenschaftlerin Josefine Raab und dem Frankfurter Journalisten Stefan Becht aus der Taufe gehoben und verfolgt das Ziel, noch unbekannte Foto-Talente dabei zu unterstützen, ihren Weg in den Kunstbetrieb zu finden. Die Ausstellung Das „Gute-Aussichten-Heimspiel 10“ wird am Samstag, 16. Februar um 15 Uhr im Haardter Schloss eröffnet und ist auch am Sonntag, 17. Februar, von 15–18 Uhr frei zu besichtigen. Die Vernissage bietet eine Performance zu Christoffels Arbeiten, dargeboten von dem Schweizer Künstler Werner Widmer, sowie erotische und poetische Texte und Gedichte über Liebe, Mord und Verrat. Danach läuft die Schau bis 30. Juni, ist aber nur noch nach Anmeldung unter 06321/9706799 zu sehen.

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