Ludwigshafen Versunken, nicht vergessen

Vorhang auf: Museumsleiterin Regina Heilmann, „Centurio“ Bernd Neumann, Landesarchäologe Ulrich Himmelmann und Ortsvorsteher Wil
Vorhang auf: Museumsleiterin Regina Heilmann, »Centurio« Bernd Neumann, Landesarchäologe Ulrich Himmelmann und Ortsvorsteher Wilhelm Wißmann bei der Enthüllung einer Informationstafel.

«Rheingönheim.» Bei Rheingönheim sind am Samstag zwei Informationstafeln enthüllt worden – und zwar am Rande eines Feldes. Heute ist dort nicht mehr viel zu sehen, vor rund 2000 Jahren beherbergte der Ort jedoch nacheinander zwei römische Kastelle. 68 Neugierige waren bei der Inbetriebnahme der Tafeln dabei und stellten den Fachleuten vor Ort Fragen zur Geschichte der unscheinbaren Grünfläche.

Schon 30 Zentimeter unter der Grasnabe beginnt an manchen Stellen in unserer Region die Römerzeit. Das gilt etwa für einen Acker neben der Straße zwischen Altrip und Rheingönheim. Äußerlich ist dort erst mal nichts zu sehen, jedenfalls nicht von Frühling bis Herbst, wenn Pflanzen die Sicht verstellen. Luftaufnahmen, die im Winter gemacht wurden, zeigen jedoch durch Verfärbungen des Bodens an: Hier stand einst ein römisches Kastell in seiner typischen internationalen Bauweise. Egal ob am Rhein, der Donau oder in Judäa, römische Kastelle hatten prinzipiell den gleichen Bauplan. In Rheingönheim gab es nicht nur eins, sondern nacheinander zwei. Hinzu kamen eine Siedlung von Einheimischen und ein Gräberfeld. Ulrich Himmelmann, Leiter der Außenstelle Speyer der Generaldirektion Kulturelles Erbe, berichtete von Ausgrabungen in den Jahren 2008 und 2010. Ausgelöst wurden sie durch Bauarbeiten am Rheinhauptdeich, der in unmittelbarer Nähe vorbei führt. Es handelte sich aber eher um stichprobenartige Grabungen, nach denen das Gelände sorgfältig aufgefüllt wurde, sodass weitere antike Fundstücke unter dem Erdreich verschwanden. Was bei der archäologischen Auswertung der Rheingönheimer Funde sichtbar wurde, war erstaunlich genug: Die heutige Pfalz geriet spätestens nach den Feldzügen unter Kaiser Augustus (63 vor Christus bis 14 nach Christus) unter römischen Einfluss. Damals wurde der Rhein die Grenze des römischen Weltreichs. Das Gebiet stand zunächst für Jahrzehnte unter römischer Militärverwaltung, währenddessen wurden Fernstraßen gebaut und die Grenzen gesichert. Das erste Kastell Rheingönheim wurde um das Jahr 30 nach Christus erbaut und war etwa so groß wie das von Mainz. Es ist allerdings so gut wie nichts darüber bekannt, nicht einmal, ob es je in Dienst genommen wurde. Ein zweites, kleineres Kastell entstand einige Jahre später und war mit Sicherheit in Betrieb – mit einer zivilen Siedlung vor den Toren und einem Friedhof. Es hatte die Aufgabe, die gegenüberliegende Flussmündung des Neckars zu überwachen und zu schützen. Bis etwa 68 nach Christus bestand es und wurde dann mitsamt Zivilsiedlung gewaltsam zerstört. Das Kastell wurde später nicht wieder aufgebaut, denn inzwischen hatte sich die Grenze nach Osten verschoben und der Limes schützte sie. Bei Grabungen in Rheingönheim wurden Brandspuren und gewaltsam getötete Menschen entdeckt. Auch einen kleinen Hortfund von Schmuck und Münzen gab es – unter einem flachen Teller im Keller eines Hauses in der Siedlung. Früher war es häufig so, dass die Menschen ihre Schätze vergruben, ehe sie flohen. Dahinter steckte die Absicht, zurückzukehren, wenn wieder Frieden herrscht. Dass der Hort nach 2000 Jahren unberührt von den Archäologen aufgefunden wurde, lässt für den ehemaligen Besitzer Schlimmes vermuten. Solche Funde, die oft Geld enthalten, erleichtern die Datierung, denn die geprägten Münzen trugen stets Bild und Namen des regierenden Kaisers. Informationen über die Geschichte der beiden Lage, und die Funstücke können ab sofort auch den am Samstag feierlich in Dienst gestellten Tafeln entnommen werden. Bei der Enthüllung gab es zudem viel Wissenswertes über das Militärleben im Kastell zu hören: Centurio Lucius Julius Rheno barbatus alias Bernd Neumann, Vorsitzender des Fördervereins für einen Archäologiepark Rheingönheim, erschien in römischer Gala-Uniform und beantwortete Fragen über Karrierechancen in der römischen Armee, Alters- und Lebensmittelversorgung, Kampfweisen und Marschgepäck. Ein römischer Beamter im Rekrutierungsbüro hätte es ganz sicher auch nicht besser machen können. Noch Fragen? Die Funde und viele Bilder von den Ausgrabungen sind noch bis 28. Juli in der Ausstellung „Die Römer in LU“ im Stadtmuseum Ludwigshafen zu sehen.

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