Ludwigshafen Sehnsuchtsräume und feierliches Blau

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Zwei Mannheimer Galerien, zwei aktuelle Ausstellungen, die nicht unterschiedlicher sein könnten: Hier zwei Größen des Informel, dort die verspielten Bilder eines Meisters aus der zweiten Reihe. In der Galerie Zimmermann haben Gerhard Hoehme und Georges Noel einen sparsam dosierten Auftritt, bei Grandel sorgen Moritz Baumgartl und Hildegard Moritz für Verwirrung und Aha-Effekte.

Er malte tachistisch, liebte die Farbe und misstraute der Fläche. Nicht einen Raum wollte er, nein: „Meine Sehnsucht war der weitere Raum, der dritte, vierte, fünfte – nach oben zur Seite, nach vorn, ja sogar nach hinten, aber ohne illusionistische Tiefe“, schrieb Gerhard Hoehme (1920 bis 2010) in einem programmatisch zu lesenden Katalogtext. Eingefärbte Plastikschnüre, die mal hart aus den Bildern stachen, mal weich sich in den Raum ringelten, wurden zu einer Art Markenzeichen. „Wenn man nichts sieht, schaut man länger hin“, ein echter Hoehme-Satz könnte auch für die in der Galerie Peter Zimmermann ausgestellten Arbeiten gelten. Der Franzose Georges Noel (1924 bis 2010) vertritt so etwas wie die französische Variante des Tachismus: Kühl, subjektiv und gleichwohl im Geheimen geordnet sind die in Mannheim ausgestellten Bilder, in denen feierliches Blau und Schwarz dominieren. Man kann diese schrundig aufgerissene Malerei betreten, in ihr bleiben und sie wieder verlassen, wo und wann man es will. Georges Noels Bilder verlangen nichts, sie vermitteln keine Botschaft. Der Maler vertraut auf die komplexe Stofflichkeit seiner Arbeiten und darauf, dass diese sich unmittelbar mitteilen könne. Damit hat er sich einen festen Platz in der jüngeren Kunstgeschichte erobert. Moritz Baumgartl, der zusammen mit seiner Frau Hildegard Moritz in der Galerie Grandel ausstellt, ist von solchen Konzepten meilenweit entfernt. Er malt wiedererkennbare Bilder, die eigentlich Bühnen sind, nur dass wir die Geschichten, die auf ihnen spielen, nur selten ganz entschlüsseln können. Die Räume sind in horizontaler und vertikaler Weise geordnet, die Farben stark, Mensch und Dinge wie erstarrt. Licht fällt auf die Szenen, und wir wissen nicht, woher es kommt. Von was erzählt uns der 82-jährige Maler, erzählt er überhaupt etwas, hält er den Betrachter zum Narren? Stühle spielen eine Rolle, Soldaten sind da, Architekturen beängstigen, man blickt auf Landschaften, die jäh ins Bodenlose abstürzen und strandet an Wänden, die Fenster sein könnten oder das Ende der Welt. Moritz Baumgartl stellt Rätsel und bleibt die Antworten schuldig. Seltsam hermetisch ist diese auf Kleinformaten exponierte Kulissenwelt, von der wir ahnen, dass sie auf eine ziemlich komplizierte Art verdammt nah an der realen Welt haust. Bei Hildegard Moritz’ Arbeiten – es handelt sich um Zeichnungen und Pastelle – liegen die Dinge weit einfacher. Stimmung umfängt Mensch und Landschaft wie ein schützender Mantel, die Darstellung changiert zwischen Zeichnung und Malerei. Was sie zu sagen haben, sagen sie leise. Das überzeugt. Termine —Galerie Peter Zimmermann in Mannheim, Leibnizstraße 20, bis 14. Mai, geöffnet Dienstag bis Freitag 12.30 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 14 Uhr. —Galerie Grandel in Mannheim, S4, 23, bis 28. Mai, geöffnet Dienstag bis Freitag 14 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 16 Uhr.

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