Ludwigshafen Neues Zentrum für Autismus

Dieser Film machte 1988 weltweit auf Autismus aufmerksam: Dustin Hoffman (links) spielte in „Rainman“ den Autisten Raymond. Sein
Dieser Film machte 1988 weltweit auf Autismus aufmerksam: Dustin Hoffman (links) spielte in »Rainman« den Autisten Raymond. Sein jüngerer Bruder Charlie (Tom Cruise) kümmerte sich um ihn.

In Oggersheim wird ein neues Therapie- und Beratungszentrum für Autismus eingerichtet. Dafür gebe es einen steigenden Bedarf, der bisher nicht bedient werden konnte. Das betonen Fachleute wie auch die Geschäftsführung des Kinderzentrums mit Frühförderung und der Mosaikschule für körper- und sinnesbehinderte Kinder. Nach ihren Angaben beträgt die Wartezeit für eine Autismus-Diagnose aktuell ein halbes Jahr. Eine Therapie war hier bisher gar nicht möglich.

„Wir wollen künftig auch für das Spektrum der Autismus-Erkrankungen ein Angebot machen, für die Diagnose wie auch für die nachfolgende Therapie“, sagte Karin Koch als Leiterin des „Sozialpädiatrischen Zentrums mit Frühförderung“ (SPZ) in der jüngsten Sitzung der Trägerverbände fürs „Kinderzentrum mit Frühförderung“ und „Schule mit Schwerpunkt motorische Entwicklung“. In ihrem anschließenden Vortrag gab Heike Hemmer, Diplom-Psychologin beim SPZ, den Vertretern der Mitgliedskommunen der Trägerverbände einen Einblick in das Thema „Autismus“ und die bestehende Situation vor Ort in Oggersheim. Autismus bezeichne eine tiefgreifende Entwicklungsstörung der Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung, die sich stark auf das Sozialverhalten auswirke, erläuterte Hemmer. „Schon ein Neugeborenes schaut nicht so ins Gesicht seiner Mutter wie andere Babys“, sagte sie. Es entwickle sich eine gestörte Kommunikation zwischen Mutter und Kind. Autistische Kinder zeigen allgemein wenig emotionale Reaktion, dafür verschiedene Verhaltensauffälligkeiten und Probleme sowie stereotypes Verhalten. „Oft lernen autistische Kinder nicht sprechen und können nicht in Austausch mit anderen treten“, berichtet Hemmer. Trotzdem seien „Inselbegabungen“ mit hohen intellektuellen Leistungen möglich. Wie sie weiter erläuterte, haben Forschungen seit einigen Jahren herausgefunden, dass die Erkrankung mit neuronalen Veränderungen im Gehirn zusammenhängt und angeboren ist, also genetisch bedingt und unheilbar. Die Ursachen sind unklar, Umwelteinflüsse werden vermutet. Nach älteren Zahlen aus den USA lag die Häufigkeit bei knapp einem Prozent aller Kinder. Nach jüngeren Zahlen waren 2,2 Prozent betroffen. „Es scheint in den letzten Jahrzehnten einen starken Anstieg zu geben“, sagte Hemmer. Allerdings würden andere Störungen ähnliche Symptome zeigen, es könne zu Verwechslungen kommen. „Eine zuverlässige Diagnose ist deshalb ganz wichtig.“ Es gibt bereits Wartelisten Diese Diagnose soll künftig im neuen Zentrum in Oggersheim angeboten werden. Dort gebe es bereits Wartelisten wegen des großen Bedarfs. „Es dauert aktuell ein halbes Jahr, bis ein Kind eine Diagnose bekommt“, nennt sie die Lage. Eine Behandlung werde in der Region bisher nur bei der Arbeiterwohlfahrt in Mannheim angeboten, Wartezeit ein Jahr, berichtet Hemmer. Daher soll es eine Therapie künftig auch in Oggersheim geben. „Eine frühe Therapie bei Kindern wirkt wie ein roter Faden, der sich durchs ganze Leben zieht. Wir müssen das anbieten“, meinte Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD) und sieht die Trägerverbände hier in der Pflicht. Die Planungen für die nötigen Räume, Personal und die entstehenden Kosten laufen. Genaueres soll in der nächsten Sitzung im Sommer bekannt sein, meinte Brigitte Edwards, Geschäftsführerin der Zweckverbände. Über die Kostenverteilung werde mit dem Land und den Krankenkassen verhandelt, kündigte sie an. Ohne eine finanzielle Beteiligung der Kommunen werde es jedoch nicht gehen, so Steeg. Mitglieder der Zweckverbände sind Ludwigshafen, Frankenthal, Speyer und Worms sowie der Kreis Bad Dürkheim und der Rhein-Pfalz-Kreis. Ihre Vertreter stimmten der Einrichtung des neuen Autismus-Zentrums ohne Gegenstimme zu.

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