Ludwigshafen Musik und Tanz gegen Rassismus

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Was wäre, wenn nur noch eine Farbe erlaubt wäre – nämlich Braun? Das ist eine der Fragen, denen Jugendliche aus Ludwigshafen, Mannheim und Paris zusammen nachgegangen sind. Im Hack-Garten auf dem Hans-Klüber-Platz stellten die jungen Leute Ausschnitte aus ihrem internationalen Kunstprojekt vor. „Hotel Europa 2 – Unisson nous“ heißt die Performance.

„Sie sind nicht braun, sie gehören nicht hierher“, schreit eine aufgeregte Frau, die offenbar die Ordnungsmacht vertritt. Sie zieht am T-Shirt eines dunkelhäutigen Jungen und geht auch auf seinen weißen Freund los. Beide werden abgeführt. Eine weitere Frau bekommt anscheinend Angst. „Ich will auch braun sein, das hier ist nur ein Versehen“, sagt sie, als die Ordnungsmacht ihr nicht-braunes Kleid moniert. Die Szene ist ein Ausschnitt aus dem Theaterstück, das die Jugendlichen gemeinsam erarbeitet haben. Den roten Faden für das Stück und das Projekt liefert „Le Matin brun“ (Der braune Morgen), ein in Frankreich populärer Text von Franck Pavloff. Es geht um die Entstehung von Rassismus und darum, wie man dem entgegensteuern kann. Eine Woche lang haben die Jugendlichen das Thema mit Musik, Tanz und Schauspiel bearbeitet. Ein großer Teil der jungen Leute war schon im vergangenen Jahr mit dabei, als das Projekt Hotel Europa vom deutsch-französischen Jugendwerk und der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung gestartet wurde. Auch vom Kultursommer Ludwigshafen gibt es Unterstützung. Höhepunkt wird die Projektpräsentation in Straßburg beim Europäischen Parlament, das sich im Oktober mit Jugend-Themen befassen wird. Los ging es in Ludwigshafen erst mal mit Musik. Eine Big Band aus französischen Musikschülern und Studenten spielte „The Chicken“ eine fetzige Funk-Nummer von Jaco Pastorius. Alle weiteren Musikstücke sind von den Jugendlichen mit ihren Betreuern selbst geschrieben oder entstehen live aus dem Moment mit dem sogenannten Soundpainting. Dazu kommen Tanz und Spielszenen. „Soundpainting, zu Deutsch: Klangmalen, ist eine in Deutschland noch wenig bekannte Methode des spontanen Komponierens unter der Anleitung eines Klangmalers“, erklärt der Musiker Uli Krug, einer der betreuenden Künstler. Die Methode habe Walter Thompson entwickelt, der auch als Dozent bei diesem Projekt mitwirkte. Wie das Soundpainting funktioniert, war im Hack-Garten unmittelbar einleuchtend: Gary Brunton postierte sich zwischen Bühne und Publikum und begann mithilfe der Instrumentalisten und Sänger und dann auch mit dem Publikum zu „malen“. Was musikalisch passieren soll, zeigt er mit anschaulichen Gesten. Hohe oder tiefe, laute und leise, kurze und lange Töne kann man aus seinen Bewegungen sofort erkennen. Es gibt noch einige weitere Zeichen, deren Bedeutung die Jugendlichen kennen. Spontan kann damit der Soundpainter Klänge „malen“ – denn so wirkt es, wenn er seine Gesten in die Luft macht. Dadurch entsteht erstaunliche Musik. Sänger finden von selbst Akkorde, es gibt viel Dynamik. Die teilnehmenden französischen Jugendlichen kommen aus Jugend- und Kulturzentren der Pariser Vororte Palaiseau, Igny und Juvisy. Die deutschen Teilnehmer kommen über das Mannheimer Forum der Jugend, das Kinderheim St. Josef, die Jugendförderung Ludwigshafen und das Hack-Museum dazu. „Eine Woche lang haben sich alle in Gernsheim einquartiert, um die Performance zu erarbeiten“, berichtet der musikalische Leiter Uli Krug. Das sei wegen der Entfernung zu Ludwigshafen etwas unpraktisch gewesen. Für den Gesang war Barbara Lahr zuständig, die mit den Jugendlichen auch Stücke geschrieben hat. Eines ist „Wenn ich Kanzlerin wär′“, das Träume von einer besseren Welt darstellt. Die Schauspieler arbeiteten mit Gerburg Maria Müller, die auch die Präsentation moderierte. Die eindrucksvollen Tänze im Hip-Hop- und Breakdance-Stil hat der Choreograph „Mr. Quick“ alias David Kwiek einstudiert. Bei der Vorbereitung haben viele weitere Künstler und Lehrer aus der Region mitgewirkt.

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