Ludwigshafen Genusskultur für Bibliophile

Es gibt nur sehr wenige Verlage in Deutschland, die ihren Schwerpunkt auf Illustrationen legen. Einer, der an seine Bücher zugleich hohe Qualitätsansprüche anlegt, ist der kleine und noch junge Kunstanstifter Verlag in Mannheim. Er versammelt namhafte Illustratoren und solche, die sich erst noch einen Namen machen wollen. Etliche Auszeichnungen für seine liebevoll gestalteten Bücher hat der Verlag aber bereits vorzuweisen.

Kunstanstifter: Der Name klingt verschwörerisch und subversiv. Das Ehepaar Susanne und Niklas Thierfelder hat ihn von seinem früheren Arbeitgeber, einem renommierten Heidelberger Fachbuchverlag, mitgenommen. Dort haben die beiden einmal, als sie noch nicht verheiratet waren, zusammen eine Ausstellung organisiert und sie auf eben diesen Namen getauft. 2006 beschlossen die in dem Ludwigshafener Stadtteil Oppau geborene Juristin und ihr aus einer Stuttgarter Verlegerfamilie stammender Mann, einen eigenen Verlag zu gründen. Eine Ausrichtung auf Kunst stand für beide fest. Zunächst sah es danach jedoch noch nicht aus. Das erste in ihrem Verlag erschienene Buch hatte ein emanzipatorisch-soziales Thema und stammte aus der Feder einer früheren Arbeitskollegin. Es beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, trägt den sperrigen Titel: „Die Hälfte der Familie für die Männer, die Hälfte der Berufswelt für die Frauen“ und ist von Claudia Luz geschrieben. Das nächste ging schon eher in die Zielrichtung Kunst. 2007 folgte „72 Stunden“ mit Schwarzweiß-Aufnahmen aus Prag, New York, Mannheim, Istanbul, Schanghai und Teheran von dem bekannten Mannheimer Fotografen Luigi Toscano. Und 2008 kam das erste illustrierte Buch im Kunstanstifter Verlag heraus. Seitdem sind Jahr für Jahr fünf bis sechs weitere hinzugekommen. „Die Illustratoren sind einfach zu uns gekommen“, erzählt Susanne Thierfelder, für das Verlagsprogramm zuständig, während ihr Mann Niklas sich um die kaufmännischen Angelegenheiten kümmert. „Wir hatten uns herumgesprochen.“ Illustratoren auch aus dem Ausland, etwa aus Italien oder Frankreich, wenden sich inzwischen an den Verlag. „Wir legen großen Wert darauf, dass die Chemie stimmt“, sagt Susanne Thierfelder. Der Name oder das Renommee sei bei der Auswahl nicht entscheidend. Die Illustration werde in Deutschland „ziemlich stiefmütterlich behandelt“, weiß die Verlegerin. In Belgien und Frankreich dagegen würden Illustratoren auch und gerade als Künstler geschätzt. Sie würden den Buchautoren gleichrangig an die Seite gestellt und manche sogar wie Stars behandelt. Apropos Frankreich: Zeichnungen von den Lieblingsorten der Chinesin Yimeng Wu in Paris hat der Verlag erst in diesem Frühjahr herausgebracht. Den Illustrationen sind französische Chansontexte an die Seite gestellt. Yimeng Wu war mit ihren Büchern bereits für den Young Illustrators Award nominiert und wurde von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Bücher aus dem Kunstanstifter Verlag sprechen aber nicht nur das Auge, sondern durch das ausgesuchte Papier auch den Tastsinn an. Regelmäßig bekommen sie gute bis begeisterte Rezensionen in überregionalen Zeitungen. Etliche sind auch schon mit begehrten Auszeichnungen wie dem German Design Award bedacht worden. Adelbert von Chamissos Geschichte des „Peter Schlemihl“, illustriert von Franziska Walther, etwa hat den Joseph Binder Award in Gold, einen in Österreich vergebenen internationalen Designpreis, erhalten. Bei einer Spezialisierung auf bebilderte Geschichten liegen Kinderbücher nahe. Erwähnenswert ist hier Marta Slawinskas erst in diesem Frühjahr erschienenes Kinderbuch-Debüt „Der kleine Nasenbohrer“. Es erzählt die Geschichte des kleinen Christian, der ständig popelt, weil alle es tun, wie die großen Bilder mit wenig Text schon Kindern im Kindergartenalter zeigen. Ein anderes stammt von der renommierten Illustratorin Ann Cathrin Raab, deren schwarzweiße Geschichte „Fünf Mäuse und eine Katz“ ganz kleine und auch große Bibliophile anspricht. Eines der bekanntesten Bücher aus dem Kunstanstifter Verlag dürfte „Das rockige Waschbuch“ von Hans-Jürgen Topf sein. Der Autor wäscht darin die schmutzige Wäsche von Stars wie den Rolling Stones oder Genesis auf ihren Tourneen. Eines der gefragtesten ist jedenfalls auch eines der ältesten, das Kochbuch „Marly. Cuisine d’auteur“. Darin erzählt Chefkoch Gregor Ruppenthal die Geschichte seines Mannheimer Restaurants. Die Fotos zu den Rezepten stammen wieder von Luigi Toscano. Ein weiteres Kochbuch, „Genusskultur. Kitchen Music II“, verbindet Kochen mit Jazz. Die Verlegerin und der Jazzmusiker Thomas Siffling haben es zusammengestellt und eine CD beigelegt, Martin Burkhardt hat es illustriert. Was für dieses Buch gilt, gilt für die gesamte Einstellung des Verlags zum Buch und zum Leben überhaupt: Genusskultur.

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