Ludwigshafen Gekämpft bis zum Schluss

Jubel über olympisches Silber: Markus Scherer 1984 in Los Angeles.
Jubel über olympisches Silber: Markus Scherer 1984 in Los Angeles.

«Schifferstadt.» Der Top-Sprung vor dem Kampf war einst sein Markenzeichen. Top sein, an der Spitze, das war der Ort, an dem der Ringer und Ringertrainer Markus Scherer sein wollte. Mit dem VfK 07 Schifferstadt hat er das in der Deutschen Ringerliga einmal mehr geschafft. Mit seinem Freistil-Kollegen Erol Bayram führte er die mit internationalen Spitzenringern gespickte Mannschaft zum Titel, zu seinem vierten als Trainer. Aufhören, wenn`s am schönsten ist, dieses Recht nahm sich der 56-Jährige, der sich dem Stress und den organisatorischen Belastungen nicht mehr aussetzen will. Stress und Belastungen waren seine ständigen Begleiter schon als Aktiver. Nicht rasten, nicht ruhen durfte der jüngste von drei ringenden Brüdern, der als kleiner Junge zuerst zum Turnen ging, was ihm aber nicht gefiel. So landete er dann doch wieder bei seinen Brüdern Bernd und Freddy, die körperlich stärker waren und ihn im Training und Wettkampf zunächst dominierten. Das Gefühl der Niederlage zu schmecken, das ist eine bittere Erfahrung. Mancher zerbricht daran, gibt auf. Andere wachsen, arbeiten, trainieren bis zum Umfallen, holen alles aus ihrem Körper heraus, um zum Gewinner zu werden. Gerade im Ringersport wirken die Anstrengungen oft übermenschlich, weil das harte Training mit den Qualen des Abtrainierens in die optimale Gewichtsklasse verbunden ist. Markus Scherer, der vor seiner Zeit beim VfK Schifferstadt beim KSV Oggersheim bei den Trainern Walter Gehring und Fritz Kuhn den Ringersport erlernte, musste als Aktiver noch in der Klasse bis 48 Kilogramm antreten – eine Kategorie, die der Weltringerverband aus gesundheitlichen Gründen schon lange gestrichen hat. Im 48-Kilo-Limit, dem Papiergewicht, feierte der Griechisch-römisch-Spezialist 1981 mit dem zweiten Platz bei der deutschen Männermeisterschaft seinen ersten Medaillengewinn bei den Aktiven. 1983 war er erstmals deutscher Meister – der erste von zehn nationalen Einzeltiteln. International sorgte er 1982 als Junioren-Europameister erstmals für Furore. Markus Scherer, den der damalige Bundestrainer Heinz Ostermann als „unwahrscheinlich bewegungsgeschickt“ bezeichnete, war 1983 Zweiter der Männer-Weltmeisterschaft in Kiew, ein Jahr später feierte er seinen größten Erfolg, als er bei den Olympischen Spielen in Los Angeles die Silbermedaille gewann. Öfter kämpfte er jetzt national, aber auch international in der Klasse bis 52 Kilogramm, dem Fliegengewicht, um seinen Körper zu schonen. Aber bei den Top-Veranstaltungen galt es wieder, leicht zu sein wie ein Blatt Papier. 1988 bei den Spielen in Seoul belegte der Schifferstadter Platz sechs. Das war eine herbe Enttäuschung. Aber Markus Scherer machte seinem Ruf als Stehaufmännchen alle Ehre. Ein Jahr später war er noch einmal ganz oben, als er im finnischen Oulu Europameister wurde. Mit der Staffel des VfK Schifferstadt war er als Ringer 1989 und 1991 deutscher Mannschaftsmeister, als Trainer gelang ihm das 2003, 2004 und 2005. Seine Trainerrolle lebte er mit derselben Energie und Leidenschaft wie seine Aktivenkarriere. Energie und Leidenschaft waren besonders gefragt, als der Rekordmeister VfK Schifferstadt in die Insolvenz ging und erlosch und ein Nachfolgeverein gegründet wurde. Markus Scherer war mit seinem Ringerkumpel Claudio Passarelli eine der Triebfedern der Neugründung des VfK 07 Schifferstadt, dessen erste Mannschaft er von der Oberliga innerhalb von drei Jahren in die Zweite Bundesliga führte. Nach dem Zweitligatitel 2013 war der VfK 07 Schifferstadt wieder erstklassig. Da hätte Scherer schon aufhören können und keiner hätte es ihm übel genommen. Aber mit Erol Bayram an seiner Seite trainierte er die erste Mannschaft des VfK auch in der neugegründeten DRL. Der jetzt errungene Titel ist ein schönes Geschenk an „seinen“ VfK, dem er treu bleibt und in anderer Funktion dienen wird.

Bei der Abschiedsgala von Markus Scherer (rotes Trikot) bestreitet er seinen letzten Kampf gegen Bruder Freddy.
Bei der Abschiedsgala von Markus Scherer (rotes Trikot) bestreitet er seinen letzten Kampf gegen Bruder Freddy.
Meister 2003: Markus Scherer gönnt sich einen Schluck.
Meister 2003: Markus Scherer gönnt sich einen Schluck.
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