Ludwigshafen Elan und Spielwitz

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International ist er eine Jazzgröße, hierzulande noch weitgehend unbekannt. Der Kontrabassist und Komponist Phil Donkin war mit seinem Quartett erstmals auf Tournee durch die Bundesrepublik und stellte sein Debüt-Album „The Gate“ vor. Bei der IG Jazz in der Mannheimer Klapsmühl war ein großartiger Konzertabend zu erleben.

Der gebürtige Brite spielte zunächst in Rockbands, bevor er 1998 nach London zog und sich mit Jazz beschäftigte. Von 1999 bis 2003 studierte Donkin klassischen Kontrabass, etablierte sich in der jungen Londoner Jazzszene, bevor er nach New York ging und sich dort einen Namen machte. Seit einiger Zeit lebt Donkin in Berlin, ist ein gefragter Sideman bei bekannten Jazzmusikern wie John Abercrombie, Evan Parker oder Kurt Rosenwinkel. In Nils Wograms Ensemble Root 70 spielte er ebenso wie im Rainer Böhm Quartett. Daneben ist Donkin Mitglied in Marius Nesets Birds-Quartett und unterhält ein eigenes Trio mit Hayden Chisholm und Jochen Rückert. Eine exzellente junge Mannschaft aus New York hat er in seinem Quartett vereint, mit dem er sich nun in Mannheim vorstellte. Einen fabelhaften Saxophonisten konnte man dabei kennenlernen, den Grammy-nominierten Ben Wendel, der schon auf mehreren CD-Produktionen des Pianisten Tigran Hamasyan mitwirkte und auch in Donkins Quartett einen ganz eigenen Sound und Stil entwickelte. Er tut dies in einer modernen Coltrane-Nachfolge mit hymnischem Ton und weit ausholenden Improvisationsbögen, denen er viel expressive Kraft verleiht. Dann wieder ließ er die labyrinthisch verschlungenen Melodiebögen warm und weich strömen, erfüllte sie mit großer Subtilität. Wenn Wendel zu seinen kraftvollen Soli durchstartete, war er nicht mehr zu halten. Er lieferte inbrünstige Expression, hohe Saxophonschreie und atemlose Notenfolgen. Das CD-Titelstück „The Gate“ ist eine ruhige Komposition, welcher der Bassist ein warm-sonores Solo vorausschickte. Großen Atem entfaltete das Quartett bei wunderbar ineinander gepassten Verläufen. Für quirligen Neobop hat Donkin gleichfalls Gespür. Sein „Macon Groove“ war eine solche Nummer, zugleich hochexpressiv und federleicht. Erregende, verwinkelte Läufe entwickelte Glenn Zaleski am Klavier, überhaupt war es faszinierend, wie viele Ideen und harmonische Extravaganzen dieser entwickelte. Wunderschön leuchtende Harmonien sorgten in den Balladen für nächtliche Stimmungen. Ebenso lustvoll wie erregend waren die Improvisations-Battles, welche sich der Tenorsaxophonist und der Pianist lieferten. Fabelhafte Begleitarbeit lieferte der Schlagzeuger Jochen Rückert mit elastisch pulsierenden, facettenreichen Rhythmen, fein aufgefächert und ebenso groovend wie der Bandchef. Alles in allem servierten die Vier einen Modern Jazz, der nicht abgehoben, sondern fest in der großen amerikanischen Tradition verwurzelt ist, der weder steril noch akademisch wirkt, dafür vor Elan und Spielwitz sprüht.

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