Ludwigshafen Ehrlicher Rock mit poetischen Momenten

Jan Josef Liefers und seine Band Radio Doria (früher Oblivion) haben das BASF-Feierabendhaus gerockt. Seine alte Band, die lediglich einen neuen Namen hat, war in bester Spiellaune. Das Haus, das eigentlich nicht als Rockpalast bekannt ist, war ausverkauft, die Stimmung so, dass es am Ende die Leute nicht mehr auf den Sitzen hielt.

Professor Boerne würde so ein Konzert ganz sicher nicht besuchen, nicht in einer jubelnden Menge stehen, „ohoho“ singen und mitklatschen. Aber hier geht es nicht um den schnöseligen Gerichtsmediziner aus dem Münster-„Tatort“, sondern um den Schauspieler Jan Josef Liefers, der ihn darstellt – und der offensichtlich noch weitere Talente hat. Nur mit einer Gitarre kommt Jan Josef Liefers zuerst allein auf die Bühne. Im Hintergrund läuft ein Video aus der Perspektive eines Straßenmusikers, das nahtlos in Liefers’ Live-Musik übergeht. Klingt nicht schlecht, was er so als Singer/Songwriter von sich gibt. Aber das ist nur der Auftakt. Tatsächlich machen Liefers und Radio Doria ganz fetzigen Rock-Pop. Und im Verlauf des Konzerts drehen der Frontmann und seine Jungs auch immer mehr auf. Liefers ist keiner der erst seit gestern Musik macht und damit seine Bekanntheit als Schauspiel-Star weiter vermarktet. Tatsächlich ist er mit seiner Band schon 15 Jahre ganz gut im Geschäft. Ursprünglich hieß die Formation Oblivion – ein englisches Wort, das zu deutsch „Das Vergessen“ bedeutet. So nannte Jan Josef Liefers auch sein erstes Album mit der Band, das 2002 erschien. Es gab in der Vergangenheit schon andere Bands dieses Namens, aber eine amerikanische Deathmetal -Formation hat sich vor einigen Jahren auch die Rechte als Markenname gesichert. Jetzt heißt Jan Josef Liefers′ Band also Radio Doria und wir Wessis denken natürlich sofort an Udo Lindenberg und seine „Andrea Doria.“ Allerdings gibt es da keinerlei Verbindung. Schon eher gibt es einen Zusammenhang zu Liefers’ bisheriger Musik. Mit „Soundtrack meiner Kindheit“ hat er zwei Alben veröffentlicht, die sich auf Musik beziehen, die ihn geprägt hat, als er Radio gehört hat. Das aktuelle Album „Radio Doria – die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ ist ebenfalls von Jugenderinnerungen inspiriert. Da hat Liefers nachts unter der Bettdecke Radio gehört. Beim Konzert dreht er auch zwischen den Stücken immer wieder an der Einstellung einer Senderskala, die im Hintergrund zu sehen ist. Musik und Texte haben viele poetische Momente. Es gibt außerdem auch eine Tänzerin, die Spanierin Africa Brau, die sich sehr anmutig zu träumerischen Bildern bewegt. Jan Josef Liefers schreibt die Texte, die Musik schreibt er mit der Band zusammen. Da hat er auch hervorragende Musiker um sich. Johann Weiß ist ein toller Leadgitarrist. Mit der zweiten Gitarre von Jens Nickel bekommt die Musik das für Rock nötige „Brett“. Besonders schön sind ein paar zweistimmige Lead-Passagen, bei denen beide spielen. Gunter Papperitz an den Tasten bringt harmonische Fülle und bei ruhigeren Stücken ein paar markante Klavierklänge. Timon Fenner am Schlagzeug langt auch ordentlich hin. Bei seinem Schlagzeug-Solo steigt der Rest der Band auf verschiedenen Perkussionsinstrumenten mit ein. Da war schon ordentlich Stimmung in der Bude. Bassist Christian Adameit macht nicht nur Druck und Groove – er bekommt ein Solo, bei dem er „Moon over Bourbon Street“ singt und sich auf seinem Bass begleitet. Und Adameit hat eine enorme Stimme mit Charisma. Jan Josef Liefers hat das nicht immer. Es gibt ein paar Stellen, wo ihn die exzellente Band etwas überstrahlt. Wenn es aber ans geradlinige Rocken geht, ist Liefers ganz auf Augenhöhe. Er hat auch den Draht zum Publikum. Seine Plaudereien und sein Humor kommen bestens an. Die Musik ist intelligent gemacht , dazu gelungen arrangiert und umgesetzt. Man muss wahrlich kein Professor Boerne-Fan sein, um an dem Abend viel Spaß zu haben.

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