Mannheim Das Theater Felina-Areal präsentiert einen Tanzabend zur Musik von Komponistinnen

Auf der Suche nach der modernen Frau: Catherine Guerin
Auf der Suche nach der modernen Frau: Catherine Guerin

Zu den Tanzreihen der freien regionalen Szene, die Theaterleiter Sascha Koal ins Leben gerufen hat, zählt „Tanzstücke zu Musik von Komponistinnen“ (Free Dance over Female Tunes) . Mit dem ersten von drei Teilen ist sie im Mannheimer Theater Felina-Areal gestartet.

Sechs Stücke von jeweils rund zehn Minuten Länge zu Musik aus dem Mittelalter, dem 18., 19., 20., 21. Jahrhundert von stilistischer und emotionaler Vielfalt. Eine bunte Non-Stop-Palette, und jedes Stück so spannend, dass es nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Kurze Stücke sind in der Tanzgeschichte eher dünn gesät, obwohl sie höchste kreative Anreize bieten: verdichtetes Vokabular, stringente Struktur, expressiver Ausdruck der Individualität. Nicht von ungefähr gehören zwei Kurzstücke zu den Ikonen des Bühnentanzes: „Der sterbende Schwan“ von Michel Fokine zu Camille Saint-Saens „Karneval der Tiere“ mit Anna Pawlowa und „Der Nachmittag eines Fauns“ zu Musik Claude Debussy von Vaslav Nijinski.

Woher kommt die moderne Frau?

Als Duo haben sich Veronika Kornova-Cardizzaro und Miriam Markl in die Vergangenheit begeben, um aufzuspüren, woher die moderne Frau kommt (Femmes – Frauen). Hinter vorgehaltenen schwarzen Tüchern ist sie noch verborgen oder schon erahnbar zu den Klängen Hildegards von Bingen, des mittelalterlichen Universalgenies. Im Licht stehen sich dann die beiden Tänzerinnen gegenüber In ihr Tuch wie in einen Rock gewickelt, proben sie befreiende Schritte. Weg mit dem Rock, wenn die Musik wieder einsetzt, diesmal im verspielten Rokoko. In ihren zeitgenössischen Kniebundhosen tanzen die beiden ein lebhaft bewegtes, schwingendes Duo in einer Mischung aus rokokohafter Grazie und gegenwärtiger Lebensfreude.

Im Solo kann die klassische Besetzung Choreograf – Tänzerin durchaus unkonventionell sein, ganz besonders in der Verbindung junger Choreograf – ältere Tänzerin: Kirill Berezovski und Catherine Guerin. In „Nothing... I can recall“ zu zeitgenössischer Musik geht es um das Erinnern. Am Bühnenrand liegt ein umgestürzter Stuhl auf einem Teppich. Die Musik hat einen Sog ins Düstere. Im vielleicht intensivsten Moment steht Catherin Guerin einfach da, fährt sich mit den Händen über das Gesicht und lauscht mit angstvoll geweiteten Augen in eine Stille, aus der eine anfangs fast unhörbare, zunehmend anschwellende Musik erklingt. Sie streckt sich auf dem Teppich neben dem Stuhl aus. Man weiß: es ist das Ende.

Die Sprache des Körpers

In „No Story Short“ von Cedric Bauer tanzt Hanna Sand ein Solo, das ebenso gut ein Mann tanzen könnte. Hervorstechend ist ein ausdrucksvolles Schnipsen und Figurenbilden mit den Händen. Eine Art getanztes Gestikulieren, das nach etwas sucht, das der Körper viel besser kann und mit Lässigkeit zur Schau stellt.

Ein Trio präsentiert einen überraschenden, akribisch akademischen Pas de deux zu zeitgenössischer Musik, der Titel „don't make me believe“. Was will man nicht glauben? Dass so etwas nicht geht? Dass es mit hier und jetzt nichts zu tun hat? Dass es Satire ist – oder nicht? Im klassischen Ballett ist die Tänzerin bewunderte Diva, der Tänzer nur Steigbügel haltender Prinz. Und hier ist er nichts als das, weil seines Solos mit den hohen Sprüngen beraubt. Frauenpower auf altmodisch.

Miriam Markl und Catherine Guerin haben sich zu „The Instructions“ zusammen getan. Zur Seite vorn steht ein Tisch. Miriam Markl legt darauf Zettel aus. Im Wechsel ziehen beide jeweils einen für ein kurzes Tanzsolo. Catherine liest zusätzlich ausdrucksvolle Lyrik, Miriam tanzt. Sehr schön ist der Passus, wenn sie einander die Musik gleichsam zuhauchen. Nicht so schön ist, wie sie die Zettel verschlingen. Es ist wohl ein Bild für das Ende eines Lebensabschnitts.

Wie klingt eigentlich weibliche Musik?

Einer Musik hört man ja nicht an, ob sie von einem Mann oder einer Frau komponiert wurde, und für ein Genderbewusstsein ist sie schon gar nicht bestimmt. Vladimir Staicu lässt Kirill Berezovski und Tobias Mulcahy eine Männlichkeit ausagieren, wie sie jungenhaft heftiger und augenzwinkernd komischer kaum sein könnte (Filtre / Looking glass). Sie rangeln, sie drängeln sich angeberisch vor, sie stoßen einander zur Seite – und Juana Molina schmettert dazu „un dia“ – ein Tag.

Termine

Weitere Vorstellung am Sonntag, 23. März, 19 Uhr. Die beiden weiteren Teile gibt es am Donnerstag 4. April, 19 Uhr, Sonntag, 7. April, 18 Uhr, sowie am Donnerstag 18. April, 19 Uhr, Sonntag, 21. April, 18 Uhr. Karten: 0621/3364886 oder karten@theater-felina-areal.de

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