Ludwigshafen Buch immer noch beliebtes Weihnachtsgeschenk

Das Weihnachtsgeschäft ist angelaufen. Seit der Frankfurter Buchmesse Mitte Oktober, der Vorbereitung der Branche auf den Höhepunkt des Jahres, ist ein vielfältiges Angebot auf dem Markt. Im November ist daher auch kein eindeutiger Spitzenreiter im Buchhandel der Rhein-Neckar-Region auszumachen. Der Ansturm auf den neuen „Harry Potter“ hat hier inzwischen aber etwas nachgelassen.

Deutschlandweit ist dagegen auch drei Monate nach dem Erscheinen die Nachfrage nach „Harry Potter und das verwunschene Kind“ immer noch enorm. Der theatralische Nachdreher zu Joanne K. Rowlings Megabestseller-Serie um den Zauberlehrling scheint einen größeren Umsatzrückgang der Branche verhindert zu haben. Schon 2015 war der Umsatz im deutschen Buchgeschäft nämlich auf einem Niveau wie vor zehn Jahren angelangt. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels als Interessenvertretung sah darin allerdings keinen Grund zur Beunruhigung. „Der beispiellose Medienwandel“ sei gut überstanden, meinte der Börsenverein über den Trend zur Digitalisierung und stellte fest: „Das Buch ist in unserer Gesellschaft fest verankert.“ Etwa ein Viertel seines Jahresumsatzes macht der Buchhandel vor Weihnachten. Unter den beliebtesten Geschenkartikeln nimmt das Buch eben immer noch einen Platz ganz vorne ein. Mit einem leichten Umsatzzuwachs von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr sei der Handel in das Weihnachtsgeschäft gestartet, berichtete nun das „Börsenblatt“, das Organ der deutschen Buchbranche. Dabei war das gefragteste Buch in der Sparte Belletristik Elena Ferrantes „Meine geniale Freundin“. Die neapolitanische Saga belegt auch gute Plätze auf den Bestsellerlisten der hiesigen Buchgeschäfte. Bodo Kirchhoffs „Widerfahrnis“, auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Deutschen Buchpreis und damit als bester Roman des Jahres ausgezeichnet, erscheint mittlerweile auch auf der regionalen Bestsellerliste. Am Dienstag, 13. Dezember, 19 Uhr, kommt Bodo Kirchhoff mit seiner Novelle ins Ludwigshafener Ernst-Bloch-Zentrum. Mit „Totenfang“ setzt außerdem Simon Beckett nach einer Pause von fünf Jahren seine David-Hunter-Thriller fort. Der neue Fall des für seine Blutrünstigkeit bekannten Autors spielt aan der Küste in Südengland, wo Leichen und Leichenteile angespült werden. Mit „Ein ganzes Leben“ hat Robert Seethaler ein ähnliches Phänomen geschaffen wie Wolfgang Herrndorf mit „Tschick“. Seit Jahr und Tag hält sich sein Buch auf der Bestsellerliste. Seethalers sehr stiller und unaufgeregter, dadurch aber auch sehr bewegender Roman über das harte Leben eines Knechts in einem abgeschiedenen Alpendorf, dessen Erlebnisse im Krieg und in russischer Gefangenschaft nimmt auch einen vorderen Platz auf der Liste der erfolgreichsten Bücher des zu Ende gehenden Jahres ein. Unter den Sachbüchern zeichnen sich durch ein ähnlich anhaltendes Leserinteresse „Das geheime Leben der Bäume“ von Peter Wohlleben und Giulia Enders im November ausnahmsweise einmal nicht auf der Liste vertretener Longseller „Darm mit Charme“ aus. Eine ausgefallene Sicht auf die Welt nimmt Ian McEwan in seinem Roman „Nussschale“ ein. Der britische Romancier, der als einer der bedeutendsten der Gegenwart gilt, lässt einen Embryo als Ich-Erzähler auftreten und nicht nur einen Familienmord aufklären, sondern auch noch das Weltgeschehen kommentieren. Der Autor selbst hat sich in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ sehr besorgt über die Weltlage geäußert. Man könne nur spekulieren, „ob wir ohne einen nuklearen Schlagabtausch durch dieses Jahrhundert kommen“, sagte er. Er verurteilte die russischen Weltmachtbestrebungen und einen zunehmend fremdenfeindlichen Nationalismus in Europa. Außerdem befürchtet er den Zusammenbruch der EU. Dass der 1922 gestorbene Marcel Proust noch auf einer Bestsellerliste erscheinen würde, hätte wohl kaum jemand vermutet. Mit „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ hat er, zusammen mit James Joyces „Ulysses“, den bedeutendsten Roman des 20. Jahrhunderts geschrieben. Jetzt hat eine im Suhrkamp Verlag erschienene, sehr sorgfältig edierte Briefausgabe den französischen Autor noch einmal unter die Bestseller versetzt. Prousts Thema ist die Zeit, und auch Christoph Ransmayr widmet sich diesem rätselhaften Phänomen in seinem neuen Roman. „Cox oder Der Lauf der Zeit“ wird von Sabine Reinecke von Bücher Bender in Mannheim empfohlen und steht bei Oelbermann in Limburgerhof auf der Bestsellerliste. Alister Cox, einem Uhrmacher im England des 18. Jahrhunderts, eilt der Ruf voraus, der Meister seines Faches zu sein. Vom Kaiser von China eingeladen, erteilt ihm der Herrscher verschiedene Aufträge: eine Uhr zu bauen, die die Zeit misst, wie sie ein Kind, wie sie ein Sterbender oder ein zum Tode Verurteilter erlebt. Schließlich soll er eine zeitlose Uhr bauen, die imstande ist, die Ewigkeit zu messen. Als „eine Parabel auf die Vergänglichkeit“ liest Sabine Reinecke den märchenhaften Roman. Sie ist hingerissen von Ransmayrs eleganter Sprache, seinen starken Bildern, seinem präzisen Stil und auch von der Dramatik und Spannung, die er mit seiner Erzählung zu schaffen versteht.

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